Stichwahl in der Ukraine Comeback des Nato-Gegners

Der voraussichtliche Sieger der Stichwahl in der Ukraine, der pro-russischen Viktor Janukowitsch, hat nun die schwere Aufgabe das Land aus der Krise zu führen und vor dem Staatsbankrott zu bewahren.

Mit seinem Sieg auch in der Stichwahl um das Präsidentenamt ist dem ukrainischen Oppositionsführer Viktor Janukowitsch ein Comeback gelungen. Noch 2004 schien dem robusten Zwei-Meter-Mann der Weg zum höchsten Staatsamt nach einem Skandal um gefälschte Stimmen für immer verschlossen. Nun geht der 59 Jahre alte NATO-Gegner auf eine neue schwere Aufgabe zu: Er muss das für die EU wichtigste Transitland für russische Gaslieferungen aus der Krise führen und weiter vor dem Staatsbankrott bewahren.

Allerdings traut dem Politiker kaum jemand zu, die Spaltung der Ukraine in einen national gesinnten pro-europäischen Westen und einen russischsprachigen Ost- und Südteil des Landes zu überwinden. Kritiker werfen dem hölzern wirkenden Janukowitsch zudem vor, eine Marionette ukrainischer Oligarchen zu sein.

Der Mann, der in seiner Jugend auch wegen Raubüberfalls im Gefängnis saß, zeigt sich heute gern mit Kerze in der Hand in russisch-orthodoxen Kirchen. Der 1950 in der ostukrainischen Stadt Jenakijewo geborene Janukowitsch ist wie viele seiner Landsleute noch von der kommunistischen Sowjetunion geprägt. Er stieg vom Mechaniker zum Juristen auf. Nach dem Zerfall der Sowjetunion übte er mit Unterstützung von Großindustriellen aus dem ostukrainischen Kohle- und Stahlrevier Donezk zweimal das Amt des Regierungschefs aus.

2004 sah er sich mit Rückendeckung Moskaus schon einmal als Präsident. Doch die prowestliche Orangene Revolution mit den Protagonisten Julia Timoschenko und Viktor Juschtschenko machte ihm einen Strich durch die Rechnung. In der Wiederholungswahl hatte Janukowitsch damals gegen Juschtschenko verloren.

Seitdem hat der immer wieder wegen seiner sprachlichen Patzer für Gespött sorgende Politiker zwar seine antiwestliche Rhetorik gemildert. Einen EU-Beitritt des Landes hält er aber weiter höchstens nach einer Volksabstimmung für denkbar. Eine Mitgliedschaft der Ex- Sowjetrepublik in der NATO lehnt er ganz ab und weiß dabei einen Großteil der Bevölkerung hinter sich.

Mit dem mächtigen Nachbarn Russland verbindet ihn eine enge Beziehung und auch eine persönliche Bekanntschaft mit Ex-Kremlchef Wladimir Putin. Vielen gilt Janukowitsch als "Mann Moskaus", obwohl er im Wahlkampf wiederholt seine Unabhängigkeit betonte.

Geschickt nutzte der Vater von zwei Söhnen die Enttäuschung vieler Anhänger der Orangenen Revolution, um sich als Alternative anzubieten. Der jetzige Teilerfolg basiere aber nicht auf einer festen Basis, sondern auf vielen "Leihstimmen", meinen Wahlforscher. Sollte der passionierte Tennisspieler als Präsident den Alltag der Ukrainer nicht verbessern, könnten diese Wähler schnell abwandern.

Westliche Diplomaten sehen in Janukowitsch einen zwar unbequemen, aber verlässlichen Partner, der das nach Russland zweitgrößte Flächenland Europas wieder stabilisieren könnte. Das drängende Problem Korruption werde aber auch der mit Wirtschaftsbossen befreundete Politiker kaum angehen, fürchten sie.

DPA
Wolfgang Jung, DPA