STICHWORT Die Kommunistische Partei Chinas

Die Kommunistische Partei Chinas feierte am 1. Juli ihren 80. Geburtstag. Ein Grund zu feiern? Keineswegs, denn die Partei steckt in einer schweren Krise.

Die Kommunistische Partei Chinas feierte am 1. Juli ihren 80. Geburtstag. Ein Grund zu feiern? Keineswegs, denn die Partei steckt in einer schweren Krise. Zwar preist die Propaganda die Kommunistische Partei als »großartig, glorreich und korrekt«, doch das einfache Volk wendet sich desillusioniert ab. Die Parteispitze hat die Widersprüche zwischen Kadern und Volk durchaus erkannt, doch mangelt es ihr an Antworten, ganz zu schweigen vom Mut für politische Reformen.

Predigte Mao Tsetung die »ständige Revolution« und Deng Xiaoping die »sozialistische Marktwirtschaft«, macht Jiang Zemin seine Theorie der »Drei Vertretungen« (Sange Daibiao) zur Überlebensformel. Danach soll die Partei die »fortschrittlichen Produktivkräfte«, die moderne Kultur und »die große Mehrheit des chinesischen Volkes« vertreten. Was eigentlich selbstverständlich klingt, hat tiefere Bedeutung.

So soll sich die Partei privaten Unternehmern öffnen. Sie sind heute der Motor der Wirtschaft, dürfen aber nicht mal Mitglied werden. Per Definition wird die Privatwirtschaft derart der Parteibasis zugeschlagen - neben Arbeitern, Bauern und Soldaten. Die andere Forderung, die Mehrheit des Volkes zu vertreten, klingt fast banal, hat aber im Umkehrschluss seine wahre Brisanz, die niemand so deutlich aussprechen darf. Denn Jiang Zemin stellt damit fest, dass die Partei heute keineswegs die Interessen der Massen vertritt.

Warum das so ist, erläutert eine parteiinterne Studie der Organisationsabteilung des Zentralkomitees. Ihr steht Jiang Zemins mächtiger Vertrauter Zeng Qinghong vor, dem noch weiter reichende Ambitionen nachgesagt werden. Die »Untersuchung der Widersprüche im Volk« zeichnet ein düsteres Bild der sozialen und politischen Lage, warnt vor Unruhen, neuen Spannungen und nennt die Beziehungen zwischen Kadern und Volk »angespannt, mit zunehmenden Konflikten«.

Fraktionskämpfe und Verschwörungen

Beklagt werden innerparteiliche Probleme, Fraktionskämpfe und Verschwörungen. Partei und Regierung duplizierten immer noch Funktionen und Institutionen, wie schon Deng Xiaoping 1993 kritisiert habe. Die Kluft zwischen Reich und Arm wachse immer schneller. Zu den neuen Reichen zählt die Studie auch solche, »die ihr Geld durch Macht gewonnen haben«. Genannt werden Korruption, Bestechung, Steuerbetrug, Schmuggel, Glücksspiel, Pornografie, Entführungen und Erpressung.

Auf der anderen Seite der Gesellschaft gebe es Arbeitslose, Bauern, die unter harschen Bedingungen lebten, Frühpensionierte und Entlassene aus Staatsbetrieben sowie andere, die nicht genug zum leben hätten. Auch die Kluft zwischen Stadt und Land sowie Küste und Hinterland wachse. Die Studie sagt zunehmende soziale, ethnische und religiöse Unruhen voraus, die immer konfrontativer werden.

Als »Gründe für die Widersprüche« zwischen Volk und Kadern zählt die Studie deren Arbeitsstil, Korruption und Bürokratie auf. Kader nutzten ihre Position aus und trieben willkürliche Abgaben ein. Auch seien sie mit gesellschaftlichen Aktivitäten beschäftigt. Selten gingen sie unter das Volk, sorgten sich nicht um dessen Probleme. »In normalen Zeiten kommen sie nicht aufs Land, aber im Herbst nach der Ernte, um Geld und Getreide einzukassieren«, sagten die Bauern.

»Mandat des Himmels«

Als Allheilmittel aller Widersprüche wird an erster Stelle wieder nur die Entwicklung der Wirtschaft genannt, aber dann auch Rechtsstaatlichkeit, Vermittlung zwischen Interessengruppen und nicht näher beschriebene Strukturreformen. Wenn die Partei seine Theorie der »Drei Vertretungen« verfolge, sagt Jiang Zemin, »wird sie nie versagen und immer die warmherzige Unterstützung des Volkes erhalten«. Was umgekehrt aber bedeutet, dass der Partei das aus Zeiten der chinesischen Kaiser bekannte »Mandat des Himmels« entzogen wird, wenn sie weiter nur als Selbstversorgungsbetrieb funktioniert.