Nach Pelosi-Reise Trotz Drohgebärden und Spannungen: Auch deutsche Parlamentarier wollen Ende Oktober Taiwan besuchen

Auf Fernsehschirmen in Taipeh läuft eine Sendung über Chinas Manöver rund um Taiwan
Auf Fernsehschirmen in einem Reparaturgeschäft für Unterhaltungselektronik in Taipeh läuft eine Sendung über Chinas Manöver rund um Taiwan
© Annabelle Chih / Getty Images
Der Taiwan-Besuch von US-Parlamentssprecherin Nancy Pelosi hat China massiv erzürnt. Auch deutsche Abgeordnete planen seit Längerem eine Reise dorthin und davon wolle man sich nicht von einem "Drohungen speienden Drachen" abhalten lassen.

Der Menschenrechtsausschuss des Bundestages plant für Ende Oktober eine Reise nach Taiwan. Sie soll spätestens Anfang September beim Parlamentspräsidium beantragt werden, wie die Deutsche Presse-Agentur von mehreren Abgeordneten aus dem Ausschuss erfuhr. Die Reise ist keine Reaktion auf den umstrittenen Besuch der US-Spitzenparlamentarierin Nancy Pelosi in Taiwan, sondern war schon länger geplant. Sie soll zwischen dem 22. und 30. Oktober stattfinden und neben Taiwan auch nach Japan und Hongkong gehen.

Mögliche Proteste Chinas gegen die Reise sind für den CDU-Politiker Michael Brand kein Grund, davon Abstand zu nehmen. "Die chinesische Führung muss acht geben, dass sie auf der internationalen Bühne nicht nur noch zum Drohungen speienden Drachen wird. Etwas mehr asiatische Disziplin wäre angebracht", sagte der Menschenrechtsexperte, der mit nach Taiwan reisen will. Man werde die Demokratien dieser Welt trotz aller Drohgebärden nicht im Stich lassen, im Gegenteil: "Wenn wir uns selbst ernst nehmen, dann müssen wir China endlich ernst nehmen und die Bedrohung zurückweisen."

Grünen-Abgeordneter nennt Taiwan-Reise "normal"

An der Reise des Bundestagsausschusses werden voraussichtlich Abgeordnete aller sechs Bundestagsfraktionen teilnehmen, von den beiden größten Fraktionen SPD und CDU/CSU wahrscheinlich jeweils zwei. Der Delegation würden damit insgesamt acht Parlamentarier angehören.

Aus der Ampelkoalition sollen unter anderem der FDP-Politiker Peter Heidt und der Grünen-Abgeordnete Boris Mijatovic mitreisen. Mijatovic verweist darauf, dass Taiwan auch ein wichtiger Handelspartner Deutschlands sei, gerade was Halbleitertechnologie angehe. Daher sei eine solche Parlamentarierreise "normal", sagte er.

Reisen von Bundestagsabgeordneten nach Taiwan hatte es auch in der Vergangenheit gegeben. Der Menschenrechtsausschuss plante zuletzt 2020 einen Besuch, der allerdings wegen Corona abgesagt wurde. Ersatzweise empfing der Ausschuss Taiwans Repräsentanten in Deutschland, Jhy-Wey Shieh, in den Räumen des Bundestages zu einer Diskussionsveranstaltung.

Shieh hatte sich am Donnerstag für eine Reise einer Bundestagsdelegation unter Leitung der Parlamentspräsidentin Bärbel Bas in sein Land ausgesprochen. "Die Hemmungen, nach Taiwan zu reisen, müssen fallen", sagte er dem "Tagesspiegel".

Die Bundestagsverwaltung hat allerdings bereits klargestellt, dass die SPD-Politikerin Bas keine Reisepläne habe. Nach ihren Angaben gibt es eine Vereinbarung der sieben "souveränitätsrelevanten Ämter", keinen persönlichen Umgang mit dem jeweiligen Amtskollegen in Taiwan zu pflegen. Gemeint sind der Bundespräsident und die Spitzen der vier anderen Verfassungsorgane (Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung, Bundesverfassungsgericht) sowie der Ministerien für Außen- und Verteidigung.

"Reisen von Parlamentariern dienen Frieden und Verständigung"

China betrachtet das demokratische Taiwan als Teil seines Staatsgebietes und lehnt deshalb offizielle Kontakte anderer Länder zu Taipeh strikt ab. Der Pelosi-Besuch hatte diese Woche zu einer Eskalation der Spannungen mit China geführt. Die Volksbefreiungsarmee Chinas kündigte an, bis Sonntag Manöver mit Schießübungen rund um die Insel und nahe der Küste abzuhalten und wies dafür sechs Sperrgebiete aus.

Der Pelosi-Besuch war nicht die erste Parlamentarierreise nach Taiwan, die für Aufsehen gesorgt hat. Vor zwei Jahren hatte der chinesische Außenminister Wang Yi eine Reise des tschechischen Abgeordneten Milos Vystrcil mit Drohungen quittiert. Vystrcil werde für sein "kurzsichtiges Verhalten" einen "hohen Preis" zahlen müssen, sagte er. Der chinesische Botschafter in Deutschland, Wu Ken, sagte damals in einem Interview zu der Frage, wie er auf eine Reise deutscher Parlamentarier nach Taipeh reagieren würde: "Wir lehnen jeden offiziellen Kontakt mit Taiwan ab."

Der CDU-Politiker Brand meint, man dürfe sich durch solche Drohungen nicht einschüchtern lassen. Sonst dürfte man als Abgeordneter auch keine Interviews mehr geben. "Selbst dagegen protestiert China inzwischen." Die Haltung in fast allen Ländern außerhalb Chinas sei die gleiche: "Reisen von Parlamentariern sind keine Gefährdung von irgendwem, sondern im Gegenteil sehr hilfreich, denn sie dienen dem besseren Verständnis füreinander und damit Frieden und Verständigung."

mad / Michael Fischer, DPA