Die Themen Verteidigung und Militär wurden in einigen Ländern Europas in den vergangenen Jahren verdrängt. Doch mit der russischen Invasion in der Ukraine wächst die Sorge vor weiteren Angriffen. Länder wie Deutschland oder Österreich haben möglicherweise deshalb ihre pazifistische Haltung beiseitegelegt. Mehr Finanzmittel für die Verteidigung lautet nun die Devise.
Aber auch EU-weit macht sich ein Wandel von dem einstigen Friedensprojekt zu einer Verteidigungsgemeinschaft bemerkbar. Bei einem Gipfeltreffen in Versailles bekannten sich die europäischen Staats- und Regierungschefs zur Aufrüstung. Bei dem Treffen verständigten sie sich unter anderem auf eine "substanzielle Erhöhung" der Militärausgaben. Die europäische Armee besteht aus 27 Streitkräften, doch die Rüstungsindustrie lässt an Einheit vermissen.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron betonte deshalb, dass er sich Investitionen in europäische Rüstungsgüter wünsche. Eine auf Rüstungsimporten basierende Verteidigungsgemeinschaft "würde nicht viel Sinn ergeben", sagte er. Einheitlicher scheint dagegen das Verhältnis zur Nato – das Macron einst als "hirntot" bezeichnet hatte. Aus der Abschlusserklärung des Gipfels in Versailles geht hervor, dass der Ukraine-Krieg das Verhältnis zwischen den Bündnissen verbessert hat. Darin heißt es, die sicherheitspolitische Rolle Europas sei "komplementär zur Nato, die der Grundpfeiler der kollektiven Sicherheit für ihre Mitglieder bleibt".
"Neue Dringlichkeit in unsere Sicherheit zu investieren"
Die Nato-Staaten selbst haben 2021 rund 1,06 Billionen Euro für das Militär ausgegeben. Den größten Beitrag leisteten die USA mit 729 Euro. Das war mehr als doppelt so viel als alle anderen 29 Mitglieder zusammen investierten, wie die Zahlen aus dem jüngsten Nato-Jahresbericht belegen.
Im Vergleich zu Russland und China wirkt das Budget der Nato gewaltig. Das Internationale Institut für Strategische Studien (IISS) geht davon aus, dass sich der russische Militärhaushalt auf 56 Milliarden Euro und die Ausgaben Chinas auf ungefähr 186 Milliarden Euro im vergangenen Jahr beliefen. Trotzdem warnen Experten davor, die Finanzierung der Nato deshalb wieder herunterzufahren.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg begrüßte die Rüstungsambitionen mehrere Mitglieder und EU-Staaten angesichts der russischen Invasion. Man sehe in der gesamten Allianz ein "neues Gefühl der Dringlichkeit, in unsere Sicherheit zu investieren".
Quellen: Handelsblatt, Wirtschaftswoche, Nachrichten.at, "Die Presse", NZZ