Ostasien Taiwan-Konflikt: China droht offen mit Krieg "bis zum Ende" – Spannungen mit USA nehmen zu

Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen mit einer Panzer-Aberwehrwaffe
Demonstriert Verteidigungsbereitschaft: Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen mit einer Panzerabwehrwaffe bei einem Truppenbesuch. China hat am Wochenende deutlich Kriegsbereitschaft signalisiert.
© Präsidentschaftsbüro Taiwan / AFP
Steht ein Krieg um Taiwan unmittelbar bevor? Die aggressiven Äußerungen Chinas haben am Wochenende diese Angst geschürt. "Ostasien könnte die Ukraine von morgen sein", warnte Japans Ministerpräsident zu Beginn der Sicherheitskonferenz in Singapur.

Am Ende dieses Wochenendes scheint die Welt einem weiteren großen Krieg näher gerückt zu sein. Zu konfrontativ, ja scharf, waren die Äußerungen rund um die Singapurer Shangri-La-Sicherheitskonferenz, als dass die Furcht vor einer Eskalation des seit langem schwelenden Konflikts um die Unabhängigkeit von Taiwan kleiner geworden sein könnte. Im Gegenteil: "Ostasien könnte die Ukraine von morgen sein", hatte der japanische Ministerpräsident Fumio Kishida schon am Freitag zur Eröffnung des Forums gesagt, das diesmal kaum zur Verständigung in Asien und der Pazifik-Region beitragen konnte. Vielmehr wurden böse Erinnerungen an den Februar dieses Jahres wach, als nur vier Tage nach der Münchner Sicherheitskonferenz – dem europäischen Pendant des Shangri-La-Dialogs – der Krieg in der Ukraine losbrach. Auch damals war man in bedrückter Stimmung auseinander gegangen.

Dass sich nun Ähnliches mit China und Taiwan wiederholt, ist keinesfalls ein Automatismus, wenngleich China eine äußerst aggressive und unmissverständliche Wortwahl an den Tag legte. "Wir werden um jeden Preis kämpfen und wir werden bis zum Ende kämpfen", drohte Pekings Verteidigungsminister Wei Fenghe am Sonntag auf der Sicherheitskonferenz.  "Diejenigen, die eine Unabhängigkeit Taiwans anstreben, um China zu spalten, werden definitiv kein gutes Ende nehmen", fügte der Minister in seiner Rede hinzu. "Niemand sollte jemals die Entschlossenheit der chinesischen Streitkräfte unterschätzen, um Chinas territoriale Integrität zu schützen." China betrachtet Taiwan als Bestandteil seines Territoriums, während sich der Inselstaat – offizielle Bezeichnung: Republik China – als souveränen Staat sieht, von dem sich Festlandchina 1949 durch die Gründung der Volksrepublik "abgespalten" habe.

China will um Taiwan kämpfen – "koste es, was es wolle"

Ohne Taiwan offiziell anzuerkennen, stehen die USA an der Seite der Regierung in der Hauptstadt Taipeh. US-Präsident Joe Biden empörte die Regierung in Peking, als er im Mai sogar öffentlich deutlich machte, dass die Vereinigten Staaten Taiwan bei einem chinesischen Einmarsch auch militärisch beistehen würden, was die Brisanz der chinesischen Äußerungen vom Wochenende zusätzlioch verdeutlicht. Dies umso mehr, da sich US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und sein chinesischer Amtskollege Wei am Rande der Sicherheitsdialogs erstmals persönlich trafen, die Lage aber auch im bilateralen Austausch nicht beruhigen konnten.

Schon bei diesem Gespräch soll Wei unverhohlen mit Krieg gedroht haben. "Falls es irgendjemand wagt, Taiwan von China zu trennen, wird die chinesische Armee definitiv nicht zögern – koste es, was es wolle – einen Krieg zu beginnen", zitierte ein Sprecher den Minister. Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums hatte Austin seinem chinesischen Kollegen zuvor gesagt, Peking müsse "von weiteren destabilisierenden Aktionen gegenüber Taiwan Abstand nehmen". Frieden und Stabilität in der Region seien extrem wichtig. Am Samstag wiederholte Austin dies noch einmal auf offener Bühne. Als Beispiel führte er chinesische Militärflugzeuge an, "die in den vergangenen Monaten in Rekordzahlen und fast täglich in der Nähe von Taiwan geflogen" seien – und dabei die Luftverteidigungszone des Inselstaates verletzt hätten.

Ukraine als Inspiration für Taiwan

Angesichts der martialischen Töne vom Wochenende beschwor die taiwanesische Präsidentin Tsai Ing-wen am Samstag via Twitter schon einmal die Verbundenheit mit dem Westen. Und sie schickte eine indirekte Botschaft nach Peking, was die chinesischen Streitkräfte erwarten würde, sollten sie Taiwan tatsächlich attackieren. Die Art und Weise, wie die Ukraine sich und die Demokratie gegen einen übermächtigen Gegner verteidige, inspiriere auch ihr Land, sagte Tsai und betonte: "Taiwan wird sich – wie die Ukraine – keinem Druck beugen." Man sei entschlossen, das Land und die Lebensweise zu verteidigen, und sie sei zuversichtlich, dass andere Demokratien ihrem Land aufgrund dieser Entschlossenheit beistehen würden, so wie es in der Ukraine geschehe. Damit nahm Tsai vor allem die USA indirekt in die Pflicht.

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Worte von der Seitenlinie, die ebenfalls dazu beigetragen haben dürften, dass sich die Spannungen zwischen den beiden Supermächte an diesem Wochenende weiter intensiviert haben – und damit auch die Furcht vor einem Krieg in der Region. Deeskalierende Töne blieben dagegen die Ausnahme, immerhin gab es sie. Eine "stabile" Beziehung zwischen den beiden Weltmächten USA und China sei wünschenswert, ließ sich Pekings Verteidigungsminister Wei am Sonntag noch vernehmen. Diese seien entscheidend "für den Weltfrieden". Und sein Amtskollege Austin betonte, es sei wichtig, die Kommunikation mit allen für Chinas Verteidigung zuständigen Vertretern aufrechtzuhalten. Nur so ließen sich Missverständnisse und Fehleinschätzungen vermeiden.

In diesen Punkten ernteten beide keinen Widerspruch. Doch solche Äußerungen hat es so oder so ähnlich auch vor dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs gegeben, zu dem an diesem Wochenende in Ostasien so viele Politiker eine Parallele zogen. Die Sorge, dass die Welt in den vergangenen Tagen einem weiteren Krieg näher gekommen ist, konnten sie so nicht nehmen.

Mit Material von AFP.

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