US-Präsident Donald Trump ist mit einem Vorstoß für eine mögliche Verschiebung der Präsidentschaftswahl auf breite Ablehnung gestoßen. Trump schrieb am Donnerstag im Kurzbotschaftendienst Twitter, wegen der Zunahme von Briefwahlstimmen inmitten der Coronavirus-Krise drohten die Wahlen im November die "fehlerhaftesten und betrügerischsten" in der US-Geschichte zu werden. Er fügte hinzu: "Die Wahl verschieben, bis die Menschen richtig und in Sicherheit wählen können?"
Ansonsten drohe eine "große Peinlichkeit für die USA", schrieb der Präsident, der in Umfragen teils deutlich hinter seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden liegt. Es war das erste Mal, dass der 74-Jährige offen eine Verschiebung der auf den 3. November angesetzten Präsidentschaftswahl ins Spiel brachte. In den USA kann allerdings nur der Kongress den Wahltermin verschieben.
Auch Republikaner kritisieren Vorstoß von Trump
Der Vorstoß wurde nicht nur von den oppositionellen Demokraten zurückgewiesen, sondern auch von Trumps Republikanern. "In der Geschichte des Landes, in Kriegen, Wirtschaftskrisen und dem Bürgerkrieg, haben wir noch nie eine auf Bundesebene angesetzte Wahl nicht zum geplanten Zeitpunkt abgehalten", sagte der Mehrheitsführer der Konservativen im Senat, Mitch McConnell. "Wir werden einen Weg finden, das auch am 3. November zu machen."
"Ich wünschte, er hätte das nicht gesagt", reagierte der ebenfalls konservative Senator Marco Rubio auf Trumps Tweet. "Wir werden im November eine Wahl abhalten." Auch sein Parteifreund Ted Cruz bekräftigte, am Wahltermin werde nicht gerüttelt.
Die oppositionellen Demokraten bezeichneten Trumps Äußerung als "verzweifelten Versuch, von den heutigen verheerenden Wirtschaftszahlen abzulenken". Kurz vor Trumps Tweet waren neue Konjunkturdaten veröffentlicht worden. Demnach erlitt das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal wegen der Corona-Krise einen historischen Einbruch und schrumpfte im Vergleich zum Vorjahresquartal um 9,5 Prozent.
Trump kritisiert Briefwahl schon länger
"Trump kann so viel twittern wie er will, aber die Wahrheit ist: Er kann die Wahl nicht verschieben", erklärte die Parteispitze der Demokraten. "Im November werden ihn die Wähler für sein Versagen zur Rechenschaft ziehen." Die demokratische Vorsitzendes des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, twitterte lediglich den Verfassungsartikel, der festhält, dass der US-Kongress den Wahltermin festlegt und nicht der Präsident.
Trump hatte Briefwahlen in den vergangenen Monaten wiederholt als besonders betrugsanfällig kritisiert, obwohl Experten das Risiko als sehr gering einstufen. Kritiker werfen dem Präsidenten vor, schon im Vorfeld den Wahlprozess in ein schlechtes Licht rücken zu wollen - um den Ausgang der Wahl im Falle einer Niederlage in Zweifel ziehen zu können.
Wegen der Coronavirus-Pandemie erwarten Beobachter eine massive Zunahme der Stimmabgabe per Briefwahl. Viele Menschen dürften aus Sorge vor einer Ansteckung Wahlbüros meiden.
Corona-Krise als Herausforderung für die Wahl
Biden hatte schon Ende April gewarnt, dass Trump versuchen könnte, eine Verschiebung des Wahltermins zu erreichen. "Erinnern Sie sich an meine Worte: Er wird irgendwie versuchen, die Wahl nach hinten zu verschieben, er wird irgendeine Begründung finden, warum sie nicht abgehalten werden kann", sagte der frühere Vizepräsident. Trump wies dies damals als "Propaganda" zurück.
Die Corona-Krise wird zweifellos eine gewaltige Herausforderung für die Wahl, zumal die Pandemie in den USA weiterhin außer Kontrolle ist. Inzwischen sind in dem Land mehr als 151.000 Corona-Tote und knapp 4,5 Millionen Infektionsfälle bestätigt worden. Das sind die mit großem Abstand höchsten Zahlen weltweit. Kritiker machen Trumps Krisenmanagement für die verheerende Entwicklung mitverantwortlich. Der Präsident steht auch wegen seines Umgangs mit der Pandemie in Umfragen schlecht da - zumal die Wirtschaft massiv unter der Krise leidet.