Der Sicherheitsexperte Christian Mölling sieht keine wesentlichen Hindernisse mehr für die Lieferung westlicher Kampfflugzeuge vom Typ F-16 an die Ukraine. "Das Eis ist gebrochen", sagte der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik am Freitag im stern-Podcast "Ukraine – die Lage". Mölling verwies darauf, dass die USA offenbar keine Einwände gegen die Weitergabe der Flugzeuge hätten; das Training ukrainischer Soldaten auf den Maschinen sei bereits verabredet.
Insbesondere Großbritannien und die Niederlande bemühen sich darum, Jets zu beschaffen und weitere Partner für die Lieferung zu finden. Mölling stellte aber klar, dass allein wegen der Dauer der Ausbildung die Flugzeuge bei der erwarteten Offensive der Ukrainer in den kommenden Wochen und Monaten keine Rolle spielen würden. Er teilte die Befürchtung, dass der Krieg in Zukunft mit noch mehr Menschen und Material geführt werde und noch mehr Tod und Zerstörung bringe. "Der Krieg ist ein schwarzes Loch", sagte er. Er verbrauche unentwegt Material und auch Menschen. "Ich kann verstehen, dass man das mit Sorge betrachtet."
Energisch widersprach Mölling aber Überlegungen, darauf zu setzen, dass der Konflikt durch die Erschöpfung beider Seiten ohne konkretes Ergebnis zum Erliegen komme und gleichsam eingefroren werde. "Weil die Konflikte da sind, wird der Kampf irgendwann wieder aufflammen", warnte er. "Ich sehe nicht, dass wir damit irgendwas gewinnen." Zu rechnen sei längerfristig mit gravierenden Nachteilen, da die Gegenseite nur Zeit gewinne: "Wir kommen von einer Kammer der Hölle in die nächste Kammer der Hölle."
Nato-Planungen als Signal an Moskau
Mölling begrüßte die Absicht der Nato, sich mit konkreten Planungen zu einer militärischen Auseinandersetzung mit Russland zu befassen. Er betonte, dass er einen Krieg zwischen der Nato und Russland für sehr unwahrscheinlich halte. Dieses Szenario werde "noch unwahrscheinlicher dadurch, dass die Nato für solche Eventualfälle plant". Verbunden sei mit den militärischen Überlegungen auch eine politische Aussage: "Die zweite Seite ist das Signal in Richtung Moskau: Wir trainieren das wieder. Wir werden das können." Mölling erläuterte, dass nach den Vorstellungen vorgesehen sei "Russland vor der Einnahme großer Landflächen zu stoppen". Es gehe um eine "ganz andere Form von Abwehr" als zu Zeiten des Kalten Krieges.