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Unruhen in der Ukraine Demonstranten besetzen erneut Rathaus in Kiew

Die Lage in Kiew spitzt sich zu: Bei neuen Unruhen wurden neun Menschen getötet. Die Regierung stellte den Demonstranten ein Ultimatum. Oppositionsführer Klitschko befürchtet weitere Gewalt.

Nehmen die Proteste in der Ukraine nun doch das befürchtete blutige Ende? Nach schweren Straßenschlachten in Kiew hat die Regierung den Protestteilnehmern ein Ultimatum gestellt. Die Oppositionellen hätten zwei Stunden Zeit, um ihre gewaltsamen Proteste zu beenden, hieß es aus dem Innenministerium. Ansonsten würden die Sicherheitskräfte ab 18 Uhr (17 MEZ) zu "schwerwiegenden" Maßnahmen greifen, um die Gewalt zu stoppen.

Der ukrainische Oppositionsführer Vitali Klitschko rief am Abend Kinder und Frauen auf, den Unabhängigkeitsplatz in Kiew zu verlassen. Damit sollten weitere Opfer vermieden werden, sagte Klitschko in einem Fernsehbericht. Er appellierte an den Präsidenten Viktor Janukowitsch und an die Sicherheitskräfte, keine Gewalt gegen die Demonstranten auf dem Unabhängigkeitsplatz einzusetzen. "Wir können den Einsatz von Gewalt bei einer Räumung des Maidan nicht ausschließen", erklärte Klitschko.

Inmitten der angespannten Lage besetzten Demonstranten am Abend erneut das erst am Sonntag geräumte Rathaus von Kiew. Etwa 30 Menschen befänden sich im Innern des Gebäudes und richteten dort eine notdürftige Krankenstation ein, während andere Protestierende den Eingang bewachten, berichtete ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP.

Straßenschlachten fordern neun Todesopfer

Nach knapp einem Monat trügerischer Ruhe hatte sich die Lage in Kiew am Dienstag massiv zugespitzt. Bei Straßenschlachten zwischen proeuropäischen Demonstranten und Sicherheitskräften wurden nach offiziellen Angaben mindestens sieben Zivilisten und zwei Sicherheitskräfte getötet sowie 150 Protestierende und dutzende Beamte verletzt. Mehrere Leichen sollen Schusswunden aufgewiesen haben. Etwa 20.000 Oppositionsanhänger waren am Morgen zunächst friedlich in Richtung Parlament gezogen. Die Sicherheitskräfte riegelten das Gebäude jedoch ab. Die Lage eskalierte, als vermummte Demonstranten die Absperrungen durchbrechen wollten. Sie setzten Polizeiwagen in Brand und schleuderten Pflastersteine auf Beamte. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein und feuerten Blendgranaten und Gummigeschosse auf die Protestierenden.

Nach den ersten Zusammenstößen vor dem Parlament stürmten bis zu 300 Demonstranten die Zentrale der Partei der Regionen von Staatschef Janukowitsch. Sie schleuderten Molotowcocktails auf das Gebäude, warfen Scheiben ein und verschafften sich schließlich Zugang. Sie gaben das Gebäude aber frei, als die Bereitschaftspolizei anrückte.

Am Dienstagnachmittag riegelten die Behörden sämtliche U-Bahn-Stationen in Kiew ab. Zugleich versammelten sich mit Kalaschnikows bewaffnete Polizisten in der Nähe des Unabhängigkeitsplatzes, wo die Demonstranten ihre Barrikaden verstärkten.

Viele Regierungsgegner frustiert

Die Zuspitzung der Lage knapp einen Monat nach den letzten gewaltsamen Ausschreitungen mit vier Toten kam überraschend: Nachdem die Regierungsgegner am Sonntag die Rathäuser von Kiew und Lemberg (Lwiw) geräumt hatten, trat am Montag eine Amnestie für hunderte festgenommene Demonstranten in Kraft.

Doch gerade die Aufgabe des Kiewer Rathauses, das zum Hauptquartier der Protestbewegung geworden war, frustierte viele Regierungsgegner. Sie sehen den Schritt als Zugeständnis an Janukowitsch, während dieser auch gut drei Monate nach dem Beginn der Massenproteste gegen seine Abkehr von der Europäischen Union und der Hinwendung zu Moskau Kurs hält.

Lesen Sie, was über die Unruhen getwittert wird

Tweets about "#euromaidan"

mad/nik/nck/AFP/DPA DPA

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