Vom Kap und der guten Hoffnung Der Preis des Männerglücks

Jacob Zuma, Präsident Südafrikas, ist zum fünften Mal verheiratet und zum 20. Mal Vater geworden. Viele seiner Landsleute schämen sich für ihr Staatsoberhaupt, doch Polygamie ist weitverbreitet am Kap - wie ein anderer, umstrittener Brauch.

Einerseits funktioniert die Sache mit Mann und Frau hier in Südafrika nicht anders als in Berlin oder Bargteheide: Man lernt sich kennen, auf der Arbeit oder auch übers Internet, man geht aus, kommt sich näher, noch näher, ganz nah, und irgendwann wird geheiratet. Großes Tamtam, Mann in schwarz, Frau in weiß, Kuchen, Sekt und betrunkene Verwandte.

Andererseits kann es vorkommen, dass vor dem Altar ein Mann steht - und neben ihm vier Bräute warten. So geschehen im September letzten Jahres bei der Hochzeit von Milton Mbhele in der Kleinstadt Weenen im Osten des Landes. Der 44-Jährge heiratete gleich vier Frauen auf einmal. "Es bringt doch nichts, eine Frau zu haben und 30 Freundinnen, die dich dann aussaugen, so dass du am Ende ohne Geld dastehst", sagte Milton Mbhele damals. Er liebe alle seine Frauen gleichwertig, und zwischen ihnen gebe es außerdem nun eine "gesunde Konkurrenz". "Sie konkurrieren in allem. Vom Hausputz bis zur Frage, wie sie mir ihren Respekt zeigen. Ich bin immer ein glücklicher Mann."

Es sind die liberalen südafrikanischen Gesetze, die Milton Mbheles Glück möglich machen. Denn zwar kennt das Land ähnlich wie Deutschland auch Ehen nach zivilrechtlichen Prinzipien, um allerdings den verschiedenen Kulturen des Landes Rechnung zu tragen, gibt es auch "customary marriages": Ehen nach Gewohnheitsrecht.

Die erlauben es zum Beispiel den Muslimen des Landes, bis zu vier Frauen zu heiraten. Und einem Zulu wie Milton Mbhele sind überhaupt keine Grenzen gesetzt.

Zuma zum fünften Mal verheiratet

Auch Südafrikas Präsident Jacob Zuma ist Zulu. Und, je nach Perspektive, ein Paradebeispiel für die Pflege der überlieferten Kultur – oder ein schrecklicher Macho. Unlängst heiratete Zuma seine dritte Frau. Oder die vierte, wenn man eine Geschiedene dazu rechnet. Oder die fünfte, wenn man auch eine Verstorbene mitzählt. Und: Mit einer Weiteren hat er sich schon verlobt.

Die Hochzeit war ein großes Spektakel. 2000 Gäste kamen nach Nkandla, ins kleine Heimatdorf des Präsidenten. Sie bestaunten, wie der 67-jährige Präsident und seine 38-jährige Gefährtin in Leopardenfell und schicken Turnschuhen den traditionellen Hochzeitstanz absolvierten. Anschließend sah sich das Büro des Präsidenten genötigt, klar zu stellen, wie denn drei "First Ladies" mit protokollarischen Anforderungen zu vereinbaren seien. Das pragmatische Ergebnis: Eine Nummer eins gibt es nicht, und auf Auslandsreisen kann mal die eine, mal die andere mit. Oder auch einfach alle drei.

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Traditionsbewusst oder Macho?

Zuma ist ein hartnäckiger Verteidiger der Polygamie. Andere würden sagen: ein Womanizer. Doch damit gerät er in einem westlicher werdenden Südafrika zusehends unter Druck. War schon die erneute Hochzeit in den Augen vieler Frauen ein Affront, so hat Zuma vor ein paar Tagen das Land mit einer weiteren Offenbarung beglückt: eine weitere Tochter, Kind Nummer 20. Das Pikante: Klein-Zuma entstammt einer Affäre mit der Tochter eines Freundes.

Der Präsident sei die "Schande der Nation" titelte daraufhin der "Sowetan", und es scheint, als habe der gegenüber weiblichen Reizen so empfindsame Präsident nun eine Grenze überschritten. Er sei ein katastrophales Vorbild für ein Land, in dem mehr HIV-Positive lebten als irgendwo anders auf der Welt, empört sich die Opposition.

So zeigt sich im Liebesleben jene Zerrissenheit, die für das Land im Kap so typisch ist. Was ist Tradition? Und was ist einfach nur Machotum? Unter der westlichen Oberfläche prägen die Bräuche hier nach wie vor vieles. Ein Mann und eine Frau können sich zwar beim Speed-Dating oder im Internetchat kennen lernen. Wollen sie aber aus einem Techtelmechtel eine Ehe machen, muss der Mann die Eltern der Zukünftigen mit dem Brautpreis entlohnen: der Lobola.

Viele Kühe sind eine Frau wert?

Die wird zwar heute meist in bar bezahlt, errechnet sich aber noch immer im Gegenwert von Kühen. Wissenschaftler schätzen, dass bei 90 Prozent aller Ehen von schwarzen Südafrikanern Lobola gezahlt wird. Milton Mbheles Viererbündnis kostete ihn zum Beispiel stolze 32 Rinder.

Und auch hier ist die Nation gespalten: Sehen manche im Brautpreis ein unwürdiges Geschacher, führen andere an, er sei schlicht die Entlohnung für das Geld, den Aufwand, den die Familie in die Erziehung der Tochter gesteckt habe. Einzig im Aufschrei über den liebestollen Präsidenten scheint das Land nun vereint. Manche fordern sogar radikale Maßnahmen: Zuma solle doch endlich eine Sextherapie machen. Das probiere Tiger Woods doch schließlich auch.