US-Präsident George Bush hat unmittelbar vor einer weiteren Sitzung des UNO-Sicherheitsrats zum Irak-Konflikt von den Mitgliedern des Gremiums verlangt, bei der Abstimmung über eine neue Irak-Resolution in den nächsten Tagen Farbe zu bekennen. Bundesaußenminister Joschka Fischer lehnte kurz vor den Beratungen den britischen Kompromissvorschlag mit der Begründung ab, dessen Annahme würde einen baldigen Krieg bedeuten.
"Es ist an der Zeit, die Karten auf den Tisch zu legen", sagte Bush Stunden vor dem Beginn der möglicherweise entscheidenden Sitzung des UNO-Sicherheitsrats in Washington. Russland, Frankreich, Deutschland und China lehnen eine Resolution ab, die einen Krieg legitimieren würde. Der Rat soll nach einem weiteren Bericht der UNO-Waffeninspekteure Hans Blix und Mohamed el Baradei heute über das weitere Vorgehen in der Irak-Krise beraten.
"Nicht die Tagen eines Regimes, das abrüstet"
Bush dringt indes auf eine schnelle Abstimmung im Sicherheitsrat - unabhängig von deren Ausgang. "Wir sind Tage davon entfernt, diese Frage im Sicherheitsrat zu lösen", sagte er. Zugleich betonte Bush: "Wenn es um unsere Sicherheit geht, brauchen wir wirklich keine Erlaubnis von irgendjemandem." Auch eine Zustimmung des UNO-Sicherheitsrates nicht, fügte er hinzu.
Bush warf dem Irak abermals vor, Materialien für die Herstellung von Massenvernichtungswaffen zu verstecken und die weitere Produktion von verbotenen Raketen angeordnet zu haben. "Das sind nicht die Taten eines Regimes, das abrüstet."
Fischer skeptisch über britischen Kompromissvorschlag
Außenminister Fischer sagte, der britische Vorschlag enthalte ein kurzfristiges Ultimatum an Irak und eine Umkehr des Veto-Prinzips, wonach Abrüstungsfortschritte Iraks vom UNO-Sicherheitsrat positiv bewertet werden müssten, um einen Krieg zu vermeiden. "Beide Elemente würden sehr kurzfristig zu einer militärischen Aktion führen, deswegen sehen wir das mit sehr, sehr großer Skepsis." Er gehe davon aus, dass auch Frankreich und Russland durch den britischen Vorschlag nicht ihre Position ändern würden. Er habe zwar mit den Außenministern beider Staaten noch nicht gesprochen, erwarte aber, dass sie auf der Grundlage der Beschlüsse von Paris an ihrer Haltung festhielten. Fortschritte seien aber nur dann möglich, wenn Irak für die Erfüllung von Abrüstungsauflagen konkrete Zeitvorgaben gesetzt würden. Es werde schwer werden, aber man müsse jede Chance nutzen, um zu einer friedlichen Lösung zu kommen.
Blix legt Liste mit 29 ungeklärten Fragen vor
Blix hat Irak im Zusammenhang mit der Raketen-Zerstörung eine zunehmende Kooperationsbereitschaft attestiert. Zugleich wird Blix dem Rat eine Liste mit 29 "ungeklärten Themen" vorlegen. So zweifelt er in seinem fast 170 Seiten umfassenden Bericht die Behauptung Iraks an, 21.000 Liter biologischer Kampfstoffe vor zwölf Jahren vernichtet zu haben. Der Bericht, der der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt, besagt zudem, dass Irak verbotene Raketen herstellen könnte.
Mit Spannung wird erwartet, wie die bislang unentschiedenen Ratsmitglieder auf den Bericht reagieren werden. So hat etwa Pakistan erklärt, sein Abstimmungsverhalten erst nach dem Bericht festlegen zu wollen. Auch Chile, Mexiko, Guinea und Kamerun haben bislang nicht erklärt, ob sie dem von den USA, Großbritannien und Spanien vorgelegten Resolutionsentwurf zustimmen werden. Für eine Verabschiedung werden neun Stimmen benötigt. Zudem könnten Frankreich, Russland und China die Resolution mit einem Veto zu Fall bringen.