Dritter Anlauf aufs Weiße Haus Warum Donald Trump kein Grover Cleveland ist – auch, wenn er es gern wäre

Der frühere US-Präsident Donald Trump
Der frühere US-Präsident Donald Trump
© Andrew Harnik/AP / DPA
Donald Trump will das schaffen, was bisher nur Grover Cleveland gelungen ist: Nach einem Sieg und einer Niederlage wieder als US-Präsident ins Weiße Haus zurückkehren. Kann er von seinem Amtsvorgänger lernen?

Donald Trump könnte alles noch weniger verständlich machen. Politisch sowieso, davon ist nach seiner Präsidentschaft auszugehen, die von Häme, Hass und Hetze geprägt war. Seine Wiederwahl würde den Eindruck revidieren, dass es sich bei dieser Episode nur um eine Verirrung der Geschichte gehandelt haben könnte.

Freilich würde seine zweite Amtszeit auch organisatorisch einiges durcheinander bringen. Sollte Trump tatsächlich ein weiteres Mal ins Weiße Haus einziehen, stellt sich die Frage: Der wievielte Präsident der Vereinigten Staaten wäre er dann eigentlich?

Denn wer es ganz genau nimmt, könnte argumentieren: Trump war gar nicht der 45. Präsident der Vereinigten Staaten – sondern lediglich die 44. Person, die das Amt innehatte. 

Der Grund dafür trägt einen Namen: Grover Cleveland. Er ist der einzige US-Präsident in der Geschichte, dem gelungen ist, was nun auch Trump anstrebt. Cleveland wurde zum Präsidenten gewählt, verlor seine Wiederwahl, kandidierte dann erneut und gewann – was ihn sowohl zum 22. Präsidenten (1885 bis 1889) und zum 24. Präsidenten (1893 bis 1897) der Vereinigten Staaten machte.

Und so wäre die Folge einer zweiten Trump-Amtszeit, abgesehen von den politischen Konsequenzen, auch eine weitere Zäsur in der Zählweise: Trump wäre dann zwar der 47. Präsident der Vereinigten Staaten, so sieht es die offizielle Nummerierung des Weißen Hauses vor, aber eben nur der 45. Amtsinhaber. 

Es ist nicht das einzige Bonmot, das dieser Tage durch den amerikanischen Blätterwald weht, wenn es um Trumps Ambitionen geht. Immerhin begibt er sich mit seiner Kandidatur, die er am Dienstag nach langem und wortreichem Herumdrucksen schließlich offiziell gemacht hat, möglicherweise auf historisches Terrain.

Die (wenigen) Gemeinsamkeiten von Donald Trump und Grover Cleveland 

Sollten ihn die Republikaner ein drittes Mal zu ihrem Präsidentschaftskandidaten küren, würde Trump etwa Franklin D. Roosevelt oder Richard Nixon Gesellschaft leisten, die sich mit einem Kandidaturen-Hattrick brüsten konnten. Ebenso Cleveland, der es jedoch als einziger aus der Präsidentenriege vermocht hat, nach seinem Auszug auch wieder ins Weiße Haus einzuziehen. 

Ansonsten waren Trump, ein Republikaner, und Cleveland, ein Demokrat, recht unterschiedliche Persönlichkeiten. Drei Beispiele, die der US-Sender CNN zusammengetragen hat: 

  1. Trump ist bekannt dafür, Skandale von sich zu weisen. Er bestritt Schweigegeld an Frauen gezahlt zu haben, die behaupteten, eine Affäre mit ihm gehabt zu haben. Obwohl sein früherer Anwalt Michael Cohen, der die Zahlungen veranlasste, das bestätigte. Cleveland hingegen räumte 1884 nach wiederholter Kritik der Republikaner eine Affäre ein und gab zu, möglicherweise ein uneheliches Kind gezeugt zu haben. Im Wahlkampf machte er daraus eine Tugend und rief dazu auf, ehrlich zu sein.
  2. Trump ist ein schlechter Verlierer. Bis heute behauptet er, die Präsidentschaftswahl 2020 nicht verloren zu haben, was erwiesener Unfug ist. Während Cleveland seinem überlegenen Kontrahenten Benjamin Harrison (1889 bis 1893) sogar den Regenschirm hielt, als dieser seinen Amtseid bei Regenwetter leistete. 
  3. Trump ist einer der ältesten US-Präsidenten. Als er Präsident wurde, war er 70 Jahre alt. Sollte 2025 erneut ins Weiße Haus einziehen, wäre er 78 – und damit der zweitälteste Präsident der US-Geschichte nach Amtsinhaber Joe Biden, der am Sonntag seinen 80. Geburtstag feiert. Cleveland war ein junger Präsident, kam mit 47 Jahren erstmals in Amt und gewann mit 55 seine Wiederwahl. Im Alter von 71 Jahren ist er gestorben – da befand sich Trump gerade in seiner ersten Amtshälfte.

Doch bei allen Unterschieden haben Trump und Cleveland auch einige Gemeinsamkeiten, wie auch die "New York Times" festhält, mit zum Teil verblüffenden Parallelen in ihrer Präsidentschaft.

So führte die Wahl 1888 (bei der Cleveland verlor) zu einer seltenen Abweichung zwischen dem Electoral College das Wahlleute-Gremium, das den Präsidenten wählt – und dem Popular Vote – also der Gesamtstimmen. Auch damals war die Divergenz ein Ausdruck davon, dass ein politischer Riss durch das Land ging. 

Seinerzeit vereinte Cleveland zwar mehr der Gesamtstimmen auf sich, allerdings konnte sein Kontrahent Harrison eine Mehrheit im Wahlleute-Gremium auf sich vereinen – und die ist schließlich entscheidend. Ähnlich, aber anders, war es bei Trump: Er kam bei beiden Präsidentschaftswahlen auf deutlich weniger Stimmen im Popular Vote – zunächst gegen Hilary Clinton (2016), dann gegen Joe Biden (2020) –, wurde 2016 vom Electoral College aber zum Präsidenten gewählt. 

"Während der drei Präsidentschaftswahlen, an denen Cleveland teilnahm, war das Land tief gespalten", sagte der Historiker Michael Beschloss zur "New York Times". "Betrachten Sie diese drei Wahlen als Phänomen, bei dem das Land ungefähr halb-und-halb geteilt war, sehen Sie möglicherweise dasselbe Phänomen bei Trump."

Darüber hinaus habe Cleveland in den vier Jahren zwischen seinen beiden Amtszeiten "in Bezug auf den Wahlkampf wie ein Trump seiner Zeit gehandelt", sagte Alexis Coe, ein Historiker mit Schwerpunkt auf US-Präsidenten, zu der Zeitung.

Er habe fast ein Dutzend Reden pro Jahr gehalten und sich damit gewissermaßen der Tradition widersetzt, seine Partei weiterziehen zu lassen, obwohl er verloren hatte. Wenngleich sich Cleveland bei seinen vielen Auftritten nicht darauf konzentriert habe, seinen Amtsnachfolger zu verleumden (während sich Trump in Dauererregung übt). Zumal Cleveland, darauf verweist die Politikwissenschaftlerin Martha Joint Kumar von der Towson Universität, im Gegensatz zu Trump "seine Niederlage akzeptiert" habe. 

"Er tat es aus Langeweile"

Keine weiteren Fragen, außer: Warum ist Cleveland dann eigentlich ein drittes Mal angetreten? Joshua Zeitz, Autor und Journalist bei "Politico", fasst es so zusammen: "Er tat es aus Langeweile." 

Im (vorübergehenden) Ruhestand seien Cleveland und seine Frau nach New York City gezogen, wo er mit Freunden leidenschaftlich das Kartenspiel Cribbage gespielt, Theater und Restaurants besucht habe – insbesondere Restaurants, notiert Zeitz, Cleveland habe rund 136 Kilogramm auf die Waage gebracht. Im politischen Abklingbecken wurde Cleveland auch zum ersten Mal Vater und, so soll er einem Vertrauten gesagt haben, auch zum ersten Mal das Gefühl verspürt haben, "in der echten Welt" angekommen zu sein. 

Donald Trump spricht in seinem Anwesen Mar-a-Lago. Der frühere US-Präsident will bei der Präsidentenwahl 2024 erneut für die Republikaner antreten.
Donald Trump spricht in seinem Anwesen Mar-a-Lago. Der frühere US-Präsident will bei der Präsidentenwahl 2024 erneut für die Republikaner antreten.
© Rebecca Blackwell / AP / DPA
Trump will es noch mal wissen: "Amerikas Comeback beginnt jetzt"

Doch wie viele ehemalige Politiker, die das Rampenlicht preisgaben, um es gegen Zeit mit der Familie einzutauschen, stellte er offenbar fest, dass ihn das Leben als Privatmann nicht vollends erfüllt. Irgendwann habe Cleveland, der das Geschehen in Washington stets weiterverfolgt habe, eine Gelegenheit gesehen, den zunehmend unbeliebter werdenden Präsidenten Harrison wieder aus dem Amt zu befördern. The Rest is History.

Eine weitere Gemeinsamkeit mit Trump? Naheliegender ist, dass die Motivation seiner dritten Kandidatur weniger aus Langweile rührt, als aus dem schieren Begehren nach Rache – an Präsident Biden, der ihm die Wahl angeblich gestohlen habe, und auch die Republikaner, die ihm die mauen Ergebnisse bei den Zwischenwahlen zur Last legen

Trump ist mindestens ein Trotzkopf – aber kein Grover Cleveland. 

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