Eins der Themen, dass dieser Tage viele umtreibt und von den Parteien natürlich auch für ankommende Wahlkampfzeiten genutzt wird, ist der Gesetzesentwurf zum Aus von Gas- und Ölheizungen. So betitelte Anne Will ihre Sendung dann auch mit der Frage: "Das Ende von Öl- und Gasheizungen – Höchste Zeit oder überstürzter Plan?". Die Antworten waren wenig überraschend. Sie waren vor allem ein: "Ja, aber…"
Zu Gast bei "Anne Will" waren:
- Klara Geywitz (SPD), Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen
- Ann-Kathrin Büüsker, Hauptstadtkorrespondentin u.a. für Klima- und Energiepolitik, Deutschlandfunk
- Jens Spahn (CDU), stellv. Fraktionsvorsitzender im Bundestag
- Kai H. Warnecke, Präsident Zentralverband Haus & Grund Deutschland e.V.
- Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur "Finanztip"
Der Gesetzesentwurf vom Anfang des Jahres zum Ende der Gas- und Ölheizungen wurde stark kritisiert, aber auch die aktuelle Überarbeitung des Entwurfs steht in der Kritik. "Die Menschen" seien verunsichert und würden gar nicht verstehen, woran sie sich jetzt zu halten hätten, wetterte Jens Spahn. Die "Wärmewende wird zu Chaoswende", monierte er und behauptete, die Bürger:innen würden überhaupt nicht verstehen, was ab 1.1.2024 gelten wird.
Metadiskussionen bei "Anne Will" über "die Menschen"
Das Problem an solchen Aussagen bei "Anne Will" und andere Talkrunden ist oft: Es werden nie die Menschen, über die da geredet wird, eingeladen. Diese Metadiskussionen über die Leute, statt mit ihnen, sind ein großes Problem in den Medien, auch an diesem Abend wurde das wieder deutlich. Natürlich können alle Talkshow-Teilnehmenden sich damit brüsten, ein Ohr an der Basis zu haben und in Vorbereitung auf die Sendung mit verschiedenen Menschen zu telefoniert zu haben. Tenhagen und Spahn betonten das besonders. Allein, es ist eben fraglich, welche Leute da Stichwortgebende für solch einen Auftritt sind.
Klara Geywitz erklärte ausführlich den Entwurf, wies darauf hin, dass Bauanträge, die abgesegnet wurden, auch so umgesetzt werden dürfen. Bedeutet im Klartext: Wer jetzt noch eine Gas- oder Ölheizung für dieses Jahr plant, darf die auch einbauen, eine Wärmepumpe ist aktuell noch keine Pflicht. So wie es im Moment läuft, kann es aber nicht noch jahrelange weitergehen, denn der endgültige Austausch aller Heizungen in allen Haushalten werde eben Jahrzehnte dauern. "Wir müssen aufhören" in Gas- und Ölheizungen zu investieren, aber es käme auch niemand in jeden deutschen Heizungskeller um alte Heizungen rauszureißen und zur Innovation zu drängen.
Warum nicht ein Jahr später?
Jens Spahn wollte dann wissen, warum das Gesetz denn nun "mit der Brechstange" durchgesetzt werden müsse, ob es nun am 1.1.24 oder am 1.1.25 käme, sei doch nicht entscheidend. "Das eine Jahr macht fürs Weltklima keinen großen Unterschied", vermutete er. Für die Heizungsbauenden aber schon, so Geywitz. Sie berichtete, bei der Messe in Frankfurt wäre sie gebeten worden, am Datum festzuhalten, um Sicherheiten herzustellen. Denn ohne diese, könnten deutsche Innovationen ausbleiben und Deutschland – ähnlich wie bei den E-Autos – abgehängt werden. Allerdings gehört zur Wahrheit schon auch dazu: So viel Technologieentwicklung wird in einem Jahr vermutlich auch nicht stattfinden. Aber manchmal hilft eine Deadline ja auch dabei, Neues zu befördern.
Wahlkampftaktik und unsoziale SPD
Dass sowohl die FDP als auch die Union Kritik am Gesetzesentwurf üben, sei, so die Journalistin Ann-Kathrin Büüsker, vor allem "Wahlkampftaktik". Das ist abseh- und erwartbar und doch ist diese Art der Klientelpolitik am Ende nichts, was das Klima retten wird. Klara Geywitz hatte allerdings auf die Frage, warum der Gesetzesentwurf nicht Entlastungen gestaffelt nach Einkommen vorsieht, keine zufriedenstellende Antwort. Es sei möglich, Förderung für den Austausch zu bekommen, sie erläuterte die verschiedenen Möglichkeiten und doch ist es nicht ganz nachvollziehbar, ob beispielsweise Rentner:innen, Geringverdienende oder Familien im Zweifelsfall wirklich einen Kredit von der Regierung bekommen und zu welchen Konditionen. Sozial ist das eher nicht. Kai H. Warnecke merkte an, dass die Ausführungen zu Fördermöglichkeiten im Entwurf nicht klar seien. "Bei Härtefällen wird es blumig", sagte er.

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Auch Büüsker zeigte hier Unverständnis. Die "Gießkanne ist einfach unsozial", erklärte sie und wies auch darauf hin, dass die Fördertöpfe für die geplanten Förderungen wohl nicht für alle reichen werden. Im Vorteil sind hier all diejenigen, die sich den Austausch sowieso leisten können, die Förderung aber als nette Zuzahlung oben drauf mitnehmen würden.
Weitere Themenpunkte:
- Zwang zur Wärmepumpe: Klara Geywitz erklärte, es gäbe verschiedene Möglichkeiten laut Gesetzesentwurf die Wärmeleistung zu 65 % aus Erneuerbaren Energien zu gewinnen. Es sei eine Technologieoffenheit gewährleistet. Kai H. Warnecke und Jens Spahn wiesen darauf hin, dass das nur in der Theorie der Fall sei. "Die teuerste Lösung wird zur Zwangslösung!", fasste Spahn seine Erkenntnisse zusammen.
- Noch ein Jahr warten?: Ann-Kathrin Büüsker warf Jens Spahn und seiner Partei vor, Entscheidungen gern in die Zukunft zu vertagen. Es sei "bemerkenswert", dass die CDU immer wieder auf "ein Jahr später" drängen würde.
Jens Spahn leistete an diesem Abend ganze Arbeit für die Opposition. Dass Politiker in Talkshows die immer gleichen Buzzwörter benutzen, ist keine Seltenheit. Spahn strapazierte mit seinem "Brechstange"- Vergleich die Nerven der Anwesenden sowie der Zusehenden dann aber doch erheblich. Ann-Kathrin Büüsker wies darauf recht charmant hin, als sie die Runde aufforderte, bei jedem weiteren Mal, bei dem der CDU-Politiker über die "Brechstange" sprach, einen Schnaps zu trinken. Das traute sich in der Sendung dann niemand, aber immerhin Büüsker hob amüsiert ihr Wasserglas, als Spahn auch weiterhin auf diesem Begriff herumritt.