Berlin vertraulich! Der goldene Affen-Kanzler

  • von Hans Peter Schütz
Das Immendorf-Porträt von Ex-Kanzler Schröder wird demnächst in der Ahnengalerie im Kanzleramt hängen. Auch seine Nachfolgerin wird bei der Enthüllung des Bildes da sein. Sie wird dann auch erblicken, welche Tiere sich auf den Schultern Schröders tummeln.

Ab Dienstag wird Altkanzler Gerhard Schröder in der Ahnengalerie des Bundeskanzleramtes hängen, unmittelbar neben seinem Vorgänger Helmut Kohl. Angela Merkel wird dabei sein, wenn das Bild des im Mai verstorbenen Malers, Bildhauers und engen Schröder-Freundes Jörg Immendorf seinen Platz findet. Im Stil einer Ikone ganz aus Gold blickt der Altkanzler auf den Betrachter. Der Imperator grüsst mit strengem Blick. Ein Machtmensch blickt auf seine Untergebenen. Auf seinen Schultern tummeln sich Affen. Immendorf hat sie interpretiert als Hommage an den Kanzler, der sich um die Künstler gekümmert habe. Allerdings: Affen gelten auch als die Symboltiere der Gaukler. War Immendorfs Idee so doppeldeutig beim Blick auf die Wendungen und Wirrungen der Schröder'schen Politik? Egal, Schröder selbst war beim ersten Blick auf das Werk hoch entzückt: "Das ist ja ein Ding." Wetten, dass er den Immendorf für überaus angemessen hält?

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Hans Peter Schütz

Worüber redet das politische Berlin, wenn die Kameras ausgeschaltet sind? stern-Autor Hans Peter Schütz hört hin und notiert wöchentlich den neuesten Tratsch aus der Hauptstadt - exklusiv auf stern.de lesen Sie seine Kolumne "Berlin vertraulich!"

Mag jedoch sein, dass der Hommage eine überaus irdische Anregung zu Grunde liegt. Nämlich ein Foto, das der bekannte Kanzlerfotograf Konrad Rufus Müller in den 90er Jahren von Schröder gemacht hat. Müller jedenfalls besitzt ein Aufnahme, die in jeder Linie dem goldenen Immendorf-Porträt gleicht. Bei einer Anfrage hat Immendorf den Plagiats-Verdacht weit von sich gewiesen. Seine Vergoldung passte in der Tat nicht zum Müller-Bild. Denn das entstand in München, wo Schröder noch ohne Trauschein bei seiner Doris nächtigte, in einem Fahrradschuppen für den stern. Der Termin ist selbst bei der großzügigen Spesenabteilung von Gruner&Jahr unvergessen. Orderte Schröder nach dem Fotoshooting und einem Essen beim Italiener eine Zigarre für 80 Mark.

Müller schmerzt der Verdacht, Immendorf könnte bei ihm abgekupfert haben, nicht. Hängen doch im siebten Stock des Kanzleramts Porträts aller bisherigen Amtsinhaber von ihm, darunter auch ein Schröder. "Ich marschiere jeden morgen dran vorbei", sagt die Kanzlerin fröhlich über die Männerriege vor ihrem Büro. Ihr Fotoportrait wird auch einmal dort hängen? Aber wird es der Tradition gemäß vom Kanzlerfotografen Müller sein? Der hat bisher schließlich noch nie einen weiblichen Kanzler ablichten müssen. Und arbeitet mit der Kamera jede Falte im Gesicht akkurat heraus.

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Einmal neben Schröder hängen, dürfte Angela Merkel kaum noch unangenehm sein. Lange vergessen, wie der in der unvergessenen TV-Sendung in der Wahlnacht über sie hergefallen ist. "Sie können es nicht." In der vergangenen Sommerfestwoche schenkte die Kanzlerin auf der Party der SPD-Fraktion dem neben ihr sitzenden Schröder ihr charmantestes Lächeln, und darauf versteht sie sich wirklich blendend, prostete ihm mit einem Gläschen Wein zu und verweilte Schulter an Schulter an seiner Seite auf der Bierbank, über eine Stunde, viel länger als geplant. Sie hatte nicht einmal gewusst, dass sie den Altkanzler treffen würde. Es war übrigens keineswegs die erste Begegnung zwischen den beiden seit der Bundestagswahl. Mehrfach haben sie sich bereits diskret im Kanzleramt getroffen. Vor allem außenpolitische Fragen sollen dabei erörtert worden sein. Auch über die Energiepolitik, denn Merkel kam gerade von einem Treffen mit den Bossen der Stromkonzerne, bei dem sie die Herren ordentlich zusammen gefaltet haben soll. "Schröder bietet ihr jetzt einen Job bei Gazprom an", wurde sogleich gescherzt.

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SPD-Fraktionschef Peter Struck hatte für den Abend klare Regieanweisungen ausgegeben. Laut applaudieren, wenn der Kanzler kommt! Geschah auch brav, als Struck ihn mit den Worten begrüßte, Schröder sei "ein besonderer Gast, den wir schmerzlich vermissen. Und: "Mir wär's lieber, wenn du heute noch Kanzler wärst." Weniger Erfolg hatte der SPD-Fraktionsvorsitzende mit seiner zweiten Regieanweisung auf der vorangegangenen Fraktionssitzung: "Bei Merkel müsst ihr nicht so heftig klatschen!" Die Genossen rund um Angela waren erkennbar hin und weg von der Kanzlerin.

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In der FDP wächst das Unbehagen über den Kurs von Parteichef Guido Westerwelle und seinem Generalsekretär Dirk Niebel. Das Duo zwinge die Partei auf den nationalliberalen Kurs einer Westerwelle-Partei, bei dem man Franz-Josef Strauß zum "vierten Ehrenvorsitzenden der Partei" aufrufen müsse, murren die Kritiker. "Freiheit oder Sozialismus", ein Motto, das das Führungsduo auf dem jüngsten FDP-Parteitag in Stuttgart ausgegeben habe, könne doch wohl nicht der neue Kurs der Liberalen bleiben. Was viele hinter vorgehaltener Hand murmeln, sagt nur der FDP-Fraktionsvorsitzende im schleswig-holsteinischen Landtag, Wolfgang Kubicki. Er warnt davor, die Linkspartei als Extremisten zu attackieren. Mit Westerwelle, der sich in Stuttgart als "Freiheitsstatue" bezeichnete, rechnete er jetzt rigoros ab. "Die Freiheitsstatue steht bekanntermaßen allein im Wasser auf einer Insel vor Manhattan und ist hohl im Kopf." Der FDP-Chef hält das für Unsinn. "Wir schaffen mit der Union zusammen bei der nächsten Wahl eine satte Mehrheit", verriet er vergangene Woche einem CDU-Abgeordneten.