Berlin vertraulich! FDP-General Lindner heiratet

  • von Hans Peter Schütz
An wen FDP-Generalsekretär Christian Lindner sein Herz verlor und warum Peer Steinbrück die "Eierschleifmaschine" (nicht) fürchtet.

2009, vor der Bundestagswahl, schrieb die "Zeit"-Journalistin Dagmar Rosenfeld einen Artikel unter der Überschrift Herz statt Hartz und stellte sich die Frage: Wie sieht die liberale Welt rund um Guido Westerwelle aus? Bei ihren Recherchen fand sie heraus, dass die FDP "auch erfrischend, nachdenklich und manchmal sogar ein wenig überraschend sein" könne. Und sie fügte fast seherisch an, dass der neue FDP-Generalsekretär Christian Lindner offenbar "eine Politik gestalte, die zeigt, dass soziale Kälte nicht der ständige Weggefährte des Liberalismus sein muss". In diesem Sommer tritt Dagmar Rosenfeld den sehr persönlichen Beweis für ihre Analyse an: Sie heiratet Lindner. Die Frage ist, ob die Kollegin einen Artikel ihres Ressortleiters Bernd Ulrich überprüfen will, der über den neuen FDP-Generalsekretär Lindner einen Beitrag mit dem Titel Die schöne Seite des Liberalismus geschrieben hat. Wir wünschen viel Glück bei dieser Recherche.

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Das Fußball-Sommermärchen endete am Sonnabend jäh, dabei wollten auch Politiker davon profitieren. Die Kanzlerin hatte die Fußball-Mädels besucht, um ihre Umfragequoten zu verbessern. Die Liberalen haben ein Poster gedruckt mit der Aufschrift Für Sie am Ball. Ihre FDP-Bundestagsfraktion. Darauf zeigt jeder FDP-Bundestagsabgeordnete, was er am Ball kann, mit Fuß und Hand. Manche jonglieren sogar mit drei Bällen, zeigen ihre Stopptechnik oder köpfen. Auffallend: Außenminister Guido Westerwelle macht gar nichts, steht nur untätig neben einem Ball, eine Hand in der Hosentasche. Ebenso passiv der Parlamentarische Geschäftsführer Jürgen Koppelin - er hat ebenfalls die Hand in der Hosentasche. Fraktionschef Rainer Brüderle sieht sich als "freier Mann vor der Abwehr" aufgestellt. Nicht am Ball zu sehen: Parteichef Philipp Rösler, den sie in der FDP "unseren Spielmacher" nennen, nachdem wir "unseren Ballack zur Halbzeit vom Spielfeld holen mussten". Der Grund: Rösler hat kein Bundestagsmandat, ist also nicht Mitglied der Fraktion. Und Westerwelle, der Außenminister? Vielleicht durfte er deshalb keinen Balltrick zeigen, weil er keinen kann.

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Politisch-ideologische Problemfragen gibt es, die gibt's gar nicht. So diskutierten vergangene Woche einzelne baden-württembergische CDU-Abgeordnete ernsthaft, ob sie zur baden-württembergischen Stallwächterparty in der Berliner Landesvertretung gehen oder ob sie die Einladung des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann boykottieren sollten. Das vorgeschobene Argument: Der politische Betrieb in Berlin laufe ja noch, also könne es keine Stallwächter für die Sommerpause geben, zumindest nicht in den Reihen der CDU. Landesgruppenchef Thomas Strobl ließ sich von dieser Diskussion nicht beirren und besuchte die Party am Donnerstagabend - wie 2000 andere Gäste auch. Darunter waren Bundesbildungsministerin Annette Schavan, FDP-Entwicklungsminister Dirk Niebel und sein liberaler Ministerkollege Daniel Bahr, Claudia Roth, Jürgen Trittin und Cem Özdemir von den Grünen, von der SPD kamen Frank-Walter Steinmeier und Kurt Beck. Nur Angela Merkel fehlte. Hausherr Peter Friedrich will ihr deswegen dennoch keine diplomatische Protestnote zustellen lassen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann versprach unter rauschendem Beifall: "Auch wenn sich manches unter einem grünen Ministerpräsident ändern wird, die Stallwächterparty bleibt." Immerhin gibt es die Stallwächterparty seit den sechziger Jahren, einst verschoben hochrangige Beamte ihren Sommerurlaub, um mitfeiern zu können.

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Kretschmann setzte einen tiefgrünen Akzent auf der Veranstaltung - denn die Stallwächterparty 2011 war das erste politische Sommerfest in Berlin und vermutlich auch anderswo, das klimaneutral veranstaltet wurde. Als Ausgleich für die durch die Party entstehenden rund 300 Tonnen CO2 lassen die Schwaben in Panama, Provinz Darién, brachliegendes Weideland mit einheimischen Mischwald aufforsten. Umso fröhlicher konnten die Gäste genießen: Es gab Herrgottsbscheißerle gefüllt mit Pfifferlingen (eine Art Maultaschen), Schweinebäckle an Senfsoße oder zartes Ragout vom Lamm, dazu regionalen Wein, Lemberger mit Trollinger. So macht Umweltschutz Spaß!

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

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Etwas politischer waren die Gespräche auf dem Sommerfest der SPD-Fraktion, natürlich ging es auch um eine mögliche Kanzlerkandidatur Peer Steinbrücks. Dessen Lieblingstier ist das Nashorn, über das er zu sagen pflegt: "Es kommt ganz langsam in Gang, aber wenn es einmal in Gang gekommen ist, dann ist es nicht mehr aufzuhalten." Nach demselben Muster scheint Steinbrück bei seiner Kandidatur vorzugehen. Offiziell lässt er dazu nichts verlauten, auf dem SPD-Sommerfest sagte er nur, dass es unklug wäre, sich frühzeitig zu exponieren, weil die Medien den Betreffenden sofort "in die Eierschleifmaschine stecken" würden. Bei diesem Satz sah Steinbrück allerdings aus, als könne er es gar nicht abwarten, bis die Tortur endlich beginnt.