Heute beginnt die härteste Woche der Berliner Polit-Szene. Die letzte Sitzungswoche vor der parlamentarischen Sommerpause läuft, dann ist neun Wochen Sendepause. Kein Plenum, keine Ausschüsse. Doch nie müssen die 7007-Euro-Diäten härter verdient werden als in diesen Tagen. Denn für die Volksvertreter steht gesellschaftspolitischer Dauerstress an. Lauter schwerwiegende Entscheidungen. Wann gehe ich wohin? Gehe ich am Montagabend zum Sommerfest der Niedersachsen? Oder schone ich noch einmal meine Leber und eile erst am Dienstag zum Sommerfest des CDU/CSU-Mittelstandskreises? Wie wäre es an diesem Tag mit dem "Hoffest" der SPD-Fraktion? Oder geht man besser zum Fest des Magazins "Focus"? Dann müsste man aus medialen Proporzgründen natürlich zum "Bild"-Fest am Mittwoch ebenfalls eilen. Das kollidiert leider mit der baden-württembergischen Stallwächterparty. Nur Party-Titanen schaffen alle drei Termine. Nicht besser sieht es am Donnerstag aus: Schon wieder eine schwierige Entscheidung: Geht man zum Sommerfest des SPD-Initiativkreises Wirtschaft (ja doch, den gibt es wirklich!), wo man Kurt Beck treffen kann, und später noch zum Sommerfest der Landesvertretung Saarland? Dann aber dürfte die Kondition kaum mehr fürs ZDF-Sommerfest reichen, das am gleichen Tag stattfindet.
Hans Peter Schütz
Worüber redet das politische Berlin, wenn die Kameras ausgeschaltet sind? stern-Autor Hans Peter Schütz hört hin und notiert wöchentlich den neuesten Tratsch aus der Hauptstadt - exklusiv auf stern.de lesen Sie seine Kolumne "Berlin vertraulich!"
Keine Frage, dass der wirklich wichtige Volksvertreter am Freitagabend zum Sommerfest des Bundespräsidenten eilt und nicht zum Sommerfest der SPD Brandenburgs, wo man zwar Außenminister Frank-Walter Steinmeier besichtigen könnte, denn der will 2009 in Brandenburg für den Bundestag kandidieren. Aber bei Horst Köhler gibt es nach dem Fest Gratisschirme für den Fall, dass es regnet. Die lassen sich hinterher gut über Ebay versilbern. Angeblich brachten sie vergangenes Jahr bis zu 70 Euro. Ein Grund, weshalb manche Gäste des Präsidenten, gleich ein halbes Dutzend Schirme mitnahmen? Was beweisen würde: Unsere Politiker sind tatsächlich zu schlecht bezahlt.
Puristen beklagen ohnehin einen bedenklichen Niedergang der Sommerfest-Kultur. Die Länder lassen ihre Veranstaltungen in Berlin hemmungslos sponsern, politische Unabhängigkeit hin oder her. Besonders betrüblich die Entwicklung bei der Stallwächter-Party der Baden-Württemberger. Das war einmal eine elitäre Veranstaltung, vor allem der beamteten Stallwachen in den Ministerien, vom Ministerialdirigenten an aufwärts. Lebenspartner wurden nicht eingeladen, womit die Party - fast eine reine Männer-Veranstaltung - außer der Bewirtung mit Maultaschen für Journalisten in der Regel gute Insider-Informationen brachte. Aus und vorbei, seit Ehe- und sonstige Partner ebenfalls zugelassen sind. Nur noch Party-Geplauder. Es sei denn, jemand ist Porsche-Fan. Der kann dieses Jahr auf der Party einen in der Schmuckstadt Pforzheim echt blattvergoldeten Porsche, den einzigen seiner Art weltweit, mit einem echten überdimensionierten Schwarzwälder Bollen-Hut besichtigen. Das soll für die Wirtschaft- und Kulturregion Nordschwarzwalde werben und belegen, dass die Schwaben doch mehr können als nur kein Hochdeutsch. Zum Beispiel Gold-Porsche fahren.
Wenn die Abgeordneten Anfang September zu ernsthafter politischer Arbeit ins Hohe Haus zurückkehren, erwartet sie ein ganz neuer Stress: Rauchverbot allenthalben, samt Bußgeldandrohung bis zu 1000 Euro. Jetzt schon lauert ganz Polit-Berlin: Wen erwischt es als Ersten? Laurenz Meyer, CDU-Wirtschaftssprecher und bekennender Kettenraucher, hält sich bei dieser Frage für einen klaren Favoriten. Daher hat er im Bundestag gegen das Anti-Raucher-Gesetz gestimmt, das er persönlich für eine "Gängelei" hält. Meyer hellsichtig: "Ich bin sicher, dass ich irgendwann erwischt werde beim Rauchen. Deshalb mein Nein, weil ich mir nicht nachsagen lassen will, ich sei schizophren." Sage keiner, das sei keine politische Konsequenz.

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
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Als potentieller Nachfolger von Markus Söder als CSU-Generalsekretär gilt Georg Fahrenschon, CSU-Abgeordneter aus dem Wahlkreis München-Land, führender Haushalts- und Finanzpolitiker der CSU in Berlin. Für den wahrscheinlich nächsten CSU-Vorsitzenden Erwin Huber könnte er damit in Berlin, wo er sich nach eigenen Worten "sauwohl fühlt", auch "Sherpa" sein. In München wäre er andererseits auch gerne häufiger, denn dort lebt die Familie des 39-Jährigen, der auch Mitglied der so genannten "Jungen Gruppe" der Unionsfraktion ist. Reaktionsschnell jedenfalls ist er, wie er jetzt gegenüber der PNP bewies. Im Bücherregal hinter dem Schreibtisch Fahrenschons hängt ein handsigniertes Foto von Franz-Josef Strauß. Daneben steht ein Pappmaché-Kopf von Helmut Kohl. "Ja mei", sagt Fahrenschon dazu, "dös passt scho." Frage: Weshalb gibt es keinen Stoiber? Antwort: "Der ist ja noch im Amt." Weshalb hat der Teufel seine Großmutter erschlagen? Weil sie keine Ausrede mehr wusste.