Das Parlamentarische Kontrollgremium will sich am kommenden Montag in einer Sondersitzung mit den neuen Vorwürfen gegen den Bundesnachrichtendienst im Irak-Krieg befassen. Dies teilte die Union am Dienstag in Berlin mit. Bei dem Treffen will die Regierung einen Sachstand über einen amerikanische Zeitungsbericht geben, wonach der BND einen Verteidigungsplan für Bagdad an US-Stellen weitergeleitet habe. Die Darstellung der "New York Times" war von der Bundesregierung und dem BND dementiert worden.
US-Militär ohne Belege
Das US-Verteidigungsministerium hat nach eigenen Angaben derzeit keine Belege für die Stichhaltigkeit des Berichts der "New York Times" über die Weitergabe irakischer Verteidigungspläne von deutschen BND-Agenten an US-Geheimdienste. "Wir wissen nicht, über was er (der Autor des Zeitungsbeitrags) spricht", sagte Militärsprecher Leutnant Jim Krohne in Norfolk (Virginia) der DPA. Die in der Zeitung zitierte Studie sei als geheim eingestuft. Krohne ist Sprecher des US-Militärkommandos, von dem die Studie stammen soll. Die Angaben über die Zusammenarbeit deutscher und amerikanischer Geheimdienste vor dem Irakkrieg würden derzeit von seiner Abteilung geprüft.
Die Opposition in Deutschland besteht unterdessen trotz des offiziellen Dementis der Bundesregierung darauf, die neuen Vorwürfe restlos aufzuklären. Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele sagte im Gespräch mit stern.de: "Es liegt nahe zu vermuten, dass es sich hier um eine gezielte Indiskretion handelt." Dennoch habe sich in der Vergangenheit häufig gezeigt, dass auch solche Indiskretionen einen wahren Kern haben könnten.
Bundesregierung und Bundesnachrichtendienst (BND) hatten am Montag dem Bericht der "New York Times" widersprochen, wonach deutsche Agenten vor dem Krieg Geheimpläne an die USA weitergeleitet und so die US-Kriegsführung stärker als bislang bekannt unterstützt hätten.
Mahnung zur Vorsicht
Ströbele, der Mitglied im Parlamentarischen Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste (PKG) ist, forderte von der Bundesregierung in der "Welt" Aufklärung über die Zahl der BND-Agenten in Bagdad. Wie Ströbele mahnte aber auch der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Werner Hoyer, zur Vorsicht: "Wir sind in einer Phase der Aufklärung, in der es auch zu Desinformationen und der Begleichung offener Rechnungen durch Geheimdienste kommt."
Nach dem Bericht der "New York Times" haben die USA einen Monat vor Beginn des Irak-Kriegs im März 2003 aus deutschen Quellen eine Kopie der Verteidigungspläne für Bagdad erhalten. Dem Blatt zufolge haben sich zwei BND-Mitarbeiter das Material nach einem Treffen von Saddam Hussein mit seinen Befehlshabern beschafft. Die Skizze habe dem US-Militär bei der Einschätzung geholfen, wann und wo der damalige Diktator besonders loyale Soldaten in Stellung bringen wolle, hieß es in dem Bericht. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm bezeichnete diese Behauptungen der US-Zeitung nach Rücksprache mit BND-Chef Ernst Uhrlau als falsch. Grüne, FDP und Linksfraktion hatten dennoch schon am Montag weitere Aufklärung verlangt.