Buback-Äußerung Klar soll nicht der Todesschütze gewesen sein

Nach neuen Informationen aus dem Bereich der RAF scheint der verurteilte Ex-Terrorist Christian Klar als Todesschütze des damaligen Generalbundesanwalts Siegfried Buback auszuscheiden: Er könnte nur der Fahrer gewesen sein.

Es muss etwas passiert sein in den wenigen Tagen, seit Michael Buback am 7. April in Karlsruhe der Ermordung seines Vaters durch RAF-Terroristen gedacht hat. Etwas, das den stets um einen sachlichen Ton bemühten, aber auch 30 Jahre nach dem blutigen Anschlag immer noch tief verletzten 62-Jährigen zu einer, wie er schreibt, "milderen Sicht auf Christian Klar" gebracht hat.

Bis Ostern war Buback gegen eine Begnadigung

Noch am Gedenktag am Ostersamstag hatte er sich - indirekt, wie es seine Art ist - gegen eine Begnadigung Klars gewandt. Ebenso indirekt sprach er sich an diesem Mittwoch in einem Gastbeitrag in der "Süddeutschen Zeitung" für eine Begnadigung aus - auf Grund einer Information, die eine Lücke in der RAF-Geschichte schließen könnte.

Denn auch wenn die juristische Schuld von Christian Klar, verurteilt unter anderem wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes am damaligen Generalbundesanwalt Siegfried Buback im Jahr 1977, außer Frage steht: Buback betrachtet den ehemaligen Terroristen nicht mehr als den unmittelbaren Mörder seines Vaters.

"Neue Informationen aus dem Bereich der RAF"

Er habe "Informationen aus dem Bereich der RAF erhalten", wonach Klar nicht der Mann war, der an einer Karlsruher Ampel vom Beifahrersitz eines Motorrads aus mit einem automatischen Gewehr ins Innere von Bubacks Dienstwagen feuerte und dabei den damaligen Generalbundesanwalt und seine beiden Begleiter erschoss. Damit, so deutet der Göttinger Chemie-Professor an, hätte er gegen Klars Begnadigung nichts mehr einzuwenden. Der Ex-Terorist, der seine Aussicht auf baldige Freiheit mit seinen umstrittenen Äußerungen selbst gemindert hatte, könnte damit unerwartet eine neue Chance bekommen.

Bis heute ist die Frage nach dem Schützen ungeklärt. Nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart von 1985 waren neben Klar auch Knut Folkerts und Günter Sonnenberg an dem Attentat auf Buback und seine Begleiter unmittelbar beteiligt, Klars ehemalige Karlsruher WG-Mitbewohner, die wegen ihrer Ortskenntnis als geeignete Attentäter galten. Einer wartete im Fluchtwagen, einem Alfa Romeo, der zweite fuhr das Motorrad, der dritte schoss.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Rollenverteilung immer noch offen

Wer welche Rolle hatte, ist offen. Sonnenberg hatte die Suzuki 750 GS, seinerzeit das schnellste Serienmotorrad, in Düsseldorf gemietet, an den Tagen vor dem Anschlag hatte aber auch Klar Übungsfahrten mit der schweren Maschine unternommen, teilweise mit Folkerts als Sozius. Erkundungsfahrten mit dem Alfa unternahmen alle drei, gut eine Stunde nach der Tat wurde Folkerts am Steuer beobachtet. Die Planerin im Hintergrund, Brigitte Mohnhaupt, war zur Tatzeit offenbar im Ausland.

Zwar ringt Michael Buback selbst mit der Frage, ob er nicht gezielt in die Irre geführt werden sollte, damit er sich für Klars Begnadigung stark mache. Doch will er "im Zweifel" zu Gunsten von Klar unterstellen, "dass er keiner der Täter auf dem Motorrad war". Seine Sichtweise deckt sich mit der damaligen Einschätzung der Bundesanwaltschaft: Behördenintern galt angeblich schon beim Prozess im Jahr 1985 Christian Klar als Fahrer des Alfa und Günter Sonnenberg als Lenker der Suzuki - womit Knut Folkerts der Schütze gewesen wäre.

Ende einer "bohrenden Ungewissheit"

Beweisen ließ sich das aber nicht, und juristisch würde es für Folkerts nichts ändern: Er hat 18 Jahre seiner lebenslangen Haftstrafe verbüßt und kam 1995 auf freien Fuß. Für Buback bedeutet es aber womöglich das Ende einer "bohrenden Ungewissheit". Immer wieder hat er betont, wie wichtig ihm das Wissen um den genauen Tathergang ist. Der Text, mit dem er sich nun für Klar einsetzt, "ist der schwierigste, den ich je geschrieben habe".

Woher die Information stammt, verrät Buback nicht. Insider gehen davon aus, dass eine durchaus nennenswerte Zahl ehemaliger RAF- Terroristen den Namen des Schützen kennt. Mitglieder der damaligen "süddeutschen RAF-Schiene" wie Klars damalige Freundin Adelheid Schulz könnten dazu gehören, oder Peter-Jürgen Boock, der von sich sagt, auch den Mörder von Hanns-Martin Schleyer zu kennen, ebenso wie Verena Becker, bei der vier Wochen später die Tatwaffe gefunden wurde. Dass die vor kurzem entlassene Mohnhaupt geplaudert hat, ist nach Einschätzung von RAF-Kennern dagegen unwahrscheinlich - sie gilt als prinzipienfest.

DPA
Wolfgang Janisch/DPA