Die Opposition hat der schwarz-roten Koalition nach fast einem Jahr Regierungszeit Ideenlosigkeit und eine verfehlte Außen- und Wirtschaftspolitik vorgeworfen. In der Generaldebatte des Bundestags zum Etat 2015 attackierte die Linke am Mittwoch vor allem den Kurs im Ukraine-Konflikt scharf. Die Partei wirft Bundeskanzlerin Angela Merkel die Neuauflage eines Kalten Krieg mit Russland vor. Merkel vergifte das politische Klima und gefährde den Frieden in Europa, sagte die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Sahra Wagenknecht, am Mittwoch bei der Generaldebatte im Bundestag. Mit den Sanktionen gegen Russland habe die Kanzlerin einen "sinnlosen Wirtschaftskrieg" angezettelt.
"Sie warnen vor einem Flächenbrand, aber Sie gehören doch zu denen, die mit einem brennenden Zündholz rumlaufen", sagte Wagenknecht an Merkel gewandt. Die Kanzlerin ignoriere russische Interessen, sagte sie mit Blick auf die russischen Warnungen vor einer Ausweitung der Einflusszone westlicher Staaten. Zudem unterstütze die Bundesregierung eine Regierung in der Ukraine, in der wichtige Posten von Nazis besetzt seien. "Kehren Sie auf den Weg der Diplomatie zurück, stellen Sie die Sanktionen ein", appellierte Wagenknecht an die Kanzlerin.
Wagenknecht: Schluss mit dem Sparkurs
Die Linken-Politikerin warf der Kanzlerin erneut vor, verantwortlich für eine zunehmende soziale Ungleichheit in Deutschland zu sein: "Ihre Politik, Frau Merkel, spaltet Deutschland und versündigt sich an der Zukunft, weil Sie nicht den Mut haben, sich den organisierten Interessen von Banken und Konzernen entgegenzustellen." Fleißige Arbeit schütze nicht mehr vor Armut. Merkel handele nach dem Motto: "Weggucken, wegducken, wegreden." Wagenknecht warnte auch vor dem geplanten Freihandelsabkommen mit den USA, das darauf ziele, "den Kapitalismus vor den Zumutungen der Demokratie zu schützen".
Vor allem der auf einen ausgeglichenen Haushalt zielende Kurs der Regierung stößt der Linken-Franktionsvize sauer auf. Anstelle wirtschaftlicher Rationalität betreibe die Koalition "okkulte Opferrituale vor ihrer neuen Göttin, der schwarzen Null". Dabei widersprächen auch Wirtschaftswissenschaftler der Sparpolitik, so Wagenknecht. Die Fokussierung auf einen Ausglichenen Haushalt sei "Ausdruck einer Nullkompetenz in der Wirtschaftspolitik".
Hofreiter: Minimalpolitik statt Fortschritt
Für die Grünen sprach Fraktionschef Anton Hofreiter. Seine Kritik: Merkel rede ohne anzuecken, vorauszublicken und irgendetwas anzustoßen."Ihre Regierungserklärung hat uns heute keinen Schritt weitergebracht". Und: "Ihre Maximalkoalition macht doch nichts anderes als Minimalpolitik." Was Merkel für die Zukunft wolle, wüssten die Bürger nicht, weil sie es nicht sage. "Wenn ich Ihnen zuhöre, sehe ich nur diffusen grauen Nebel vor mir. Ohne gute Ideen hat Deutschland schlechte Aussichten." Merkels Politik lebe von einer unterschwelligen Angst vor Aufbruch und Veränderung.

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
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Merkel: Die schwarze Null ist realistisch
Merkel verteidigte den Regierungskurs. "Jahrzehntelang hat der Staat über seine Verhältnisse gelebt, und damit machen wir Schluss." Dies sei trotz eingetrübter Konjunkturaussichten realistisch, da die Ausgangslage der deutschen Wirtschaft robust sei. Solide Haushalte und eine Politik, die Wachstum fördere und investiere, seien keine Gegensätze. Die Kanzlerin warb für die von den Koalitionsspitzen endgültig festgezurrte Frauenquote für Aufsichtsräte. "Wir können es uns nicht leisten, auf die Kompetenz der Frauen zu verzichten." SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann betonte, Frauen seien keine Belastung für die Wirtschaft, sondern Bereicherung und Verstärkung.
Merkel äußerte sich trotz aller Rückschläge optimistisch zu einer politischen Lösung der Ukraine-Krise mit Russland. "So anstrengend und lang der Weg auch ist, so überzeugt bin ich dennoch, dass er uns gelingen wird." EU-Wirtschaftssanktionen gegen Moskau seien weiterhin unvermeidlich. Mit Blick auf die EU-Wirtschaftspolitik sagte Merkel, Investitionen, Wachstum und solide Haushalte gehörten zusammen.