Bundeswehr-Drama in Kundus Merkel trauert öffentlich um tote Soldaten

Es ist eine Premiere für die Kanzlerin: Angela Merkel will am Freitag an der Trauerfeier für die drei in Afghanistan getöteten Soldaten teilnehmen und unterbricht dafür ihren Spanienurlaub. Besonders Oppositionspolitiker hatten sie zu diesem Schritt gedrängt.

Erstmals nimmt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an einer Trauerfeier für in Afghanistan getötete Bundeswehrsoldaten teil. Merkel werde am Freitag zu der Gedenkveranstaltung für die drei bei Kundus getöteten Fallschirmjäger kommen, teilte ein Regierungssprecher am Donnerstag in Berlin mit. Die 25, 28 und 35 Jahre alten Soldaten waren am Karfreitag bei einem Gefecht mit Taliban getötet worden. Acht weitere Soldaten wurden verletzt, vier von ihnen schwer.

Die Teilnahme an der Trauerfeier sei der Kanzlerin "ein persönliches Anliegen", erklärte der Regierungssprecher. Für die Veranstaltung im niedersächsischen Selsingen nterbricht sie ihren Urlaub auf Gomera. Auch Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wird dabei sein.

"Gesellschaftlich ein schönes Signal"

Zuvor hatten sich verschiedene Politiker für eine Teilnahme Merkels an der Trauerfeier ausgesprochen. Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Chef der Jungen Gruppe in der Unionsfraktion, Marco Wanderwitz, hatte der "Bild"-Zeitung gesagt: "Vor dem Hintergrund der Afghanistan-Debatte wäre es auch gesellschaftlich ein schönes Signal, wenn die Bundeskanzlerin jetzt darüber nachdenkt, persönlich an der Trauerfeier teilzunehmen." Auch der FDP-Verteidigungspolitiker Burkhardt Müller-Sönksen sagte dem Blatt: "Alle Abgeordneten, die dem Afghanistan-Einsatz zugestimmt haben, sollten darüber nachdenken, ob sie den Familien der getöteten Soldaten in diesen schweren Stunden bei der Trauerfeier solidarisch beistehen können."

Der SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels legte Merkel ebenfalls eine Teilnahme nahe. Es falle auf, dass sich die Kanzlerin beim Thema Afghanistan demonstrativ zurückhalte und auf Distanz gehe. "Es wäre gut, wenn Frau Merkel mehr Flagge zeigt, das könnte zum Beispiel auch durch die Teilnahme an der Trauerfeier passieren", sagte der SPD-Politiker.

"Ich verlasse mich die Kommandeure vor Ort"

Unterdessen geht die Debatte um die Ausrüstung der Bundeswehr weiter. Nach den jüngsten schweren Gefechten schließt der neue Generalinspekteur der Bundeswehr, Volker Wieker, den Einsatz schwerer Artillerie-Geschütze vom Typ Panzerhaubitze 2000 in Nordafghanistan nicht mehr aus. "Ich verlasse mich auf den Rat der Kommandeure vor Ort", sagte Wieker der "Bild"-Zeitung. "Wenn man dort zu der Einschätzung gelangt, dass das notwendig und hilfreich ist, werden wir uns dem nicht verwehren." Wieker ist seit Januar Generalinspekteur und damit der oberste Soldat der Bundeswehr. Über den Einsatz der Panzerhaubitze, einem Geschützsystem, das Ziele in 30 bis 40 Kilometer Entfernung treffen kann, wird schon seit einiger Zeit kontrovers diskutiert.

"Die Rechtslage ist eine Zumutung für die deutschen Soldaten"

Wieker räumte zudem ein, dass der Bundeswehr zu wenig gepanzerte Fahrzeuge vom Typ Dingo zur Ausbildung der Soldaten zur Verfügung stünden. Die Forderung nach dem Einsatz von Kampfpanzern des Typs Leopard 2 wies Wieker hingegen zurück. Diese Art der Abschreckung wirke in Afghanistan nicht, argumentierte er. Außerdem werde die afghanische Bevölkerung durch solche Panzer eher verstört. Den Einsatz von Leopard-Panzern in Afghanistan hatte der designierte Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmuth Königshaus (FDP), gefordert.

Politiker der Linken kritisierten, der Tod der deutschen Soldaten werde instrumentalisiert, um den Kauf weiterer Waffen zu fordern. "Der einzig effiziente Schutz für die Soldaten ist der sofortige Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan", erklärte Fraktionsmitglied Inge Höger.

Der parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Jörg van Essen, bekräftigte die Notwendigkeit einer speziell für Bundeswehr-Auslandseinsätze zuständigen Staatsanwaltschaft. Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Donnerstag sagte van Essen: "Die heutige Rechtslage ist eine Zumutung für die deutschen Soldaten, die in Afghanistan unter Feuer stehen." Sie seien massiv verunsichert, weil sie in jedes Gefecht mit der Furcht vor einer Strafverfolgung in Deutschland gingen. Nach Angaben van Essens arbeitet die Bundesregierung "mit Hochdruck" am Aufbau einer solchen Staatsanwaltschaft.

AFP/APN/ott