Journalismus-Dialog Darum will sich Heiko Maas nicht Facebook beugen

Heiko Maas zum Facebook-Gesetz im Gespräch mit stern-Chefredakteur Christian Krug
Heiko Maas zum Facebook-Gesetz im Gespräch mit stern-Chefredakteur Christian Krug
Ein Unternehmen wie Facebook oder egal welches Unternehmen. Facebook muss sich an Recht hlaten, das hier gilt, das für alle anderen auch gilt.
 
Ich bin der Auffassung, dass das Netz für unsere Gesellschaft eine große Chance für mehr Freiheit ist, auch mehr Wissen und Information. Im Übrigen für Gesellschaften an anderen Stellen der Welt noch viel mehr. Ich bin aber genauso fest davon überzeugt, dass die totale Regellosigkeit im Internet für die Menschen nicht mehr Freiheit, sondern weniger Freiheit bedeutet. Und deshalb braucht man Regeln im Internet. Und das hat nichts mit der Beschneidung von Freiheitsrechten zu tun.
 
Beschneidung der freien Meinung durch Overblocking (massives Sperren der Inhalte)
 
Overblocking – das finde ich auch bemerkenswert. In diesem Gesetz steht ja nicht drin, dass Facebook zur Sicherheit dann mal alles löschen sollte. In diesem Gesetz steht noch nicht einmal drin, dass Facebook und Co. eine Strafe bekommen, wenn sie einen strafbaren Inhalt gelöscht haben. Sondern in diesem Gesetz steht nur drin, dass, wenn so viele strafbare Inhalte nicht gelöscht werden, dass man davon ausgehen muss, dass es sich um ein Systemversagen im Beschwerdemanagement handelt. Dann können Geldbußen ausgewiesen werden.
 
Sie haben sich mit Facebook auseinandergesetzt. Aber anscheinend hat diese Auseinandersetzung nicht dazu geführt, dass es beim Reden blieb, sondern dann haben sie gesagt, jetzt muss ein Gesetz her.
 
Im Moment entscheidet Facebook, wir löschen im Zweifel nicht die strafbaren Inhalte. Bisher löscht Facebook ja nur nach Gemeinschaftsregeln, das heißt nach Verstößen gegen die Gemeinschaftsregeln. Das heißt, in Zukunft wird man sich an die deutschen Rechtsgrundlagen halten müssen.
 
Und dann wird man teilweise mit Argumenten konfrontiert, da bleibt einem echt erst mal der Atem stehen. 
Können Sie mal ein Beispiel nennen, wo ihnen der Atem stehen geblieben ist?
 
Wenn wir uns an eure Gesetze halten, dann müssen wir uns auch an die in China halten. Und das kann ja nicht in eurem Interesse sein. Mit dem Argument erteilt man sich selber einen Persilschein, sich selber an nichts mehr halten zu müssen, was bei uns gilt.
Sind wir mittlerweile wirklich soweit, dass Facebook sagt: Entweder wir löschen halt nichts, also wir halten uns nicht an eure Gesetze, und wenn wir sagen, das finden wir nicht in Ordnung, dann müssen wir was tun, dann müssen wir halt Geldbußen zahlen, dann sagen sie, dann löschen wir halt alles. Und wenn wir uns jetzt hinstellen und sagen ho, ho, das ist aber gefährlich, dann machen wir lieber gar nichts, dann überlassen wir es Facebook, die Grenzen der Meinungsfreiheit zu diktieren. Und dazu bin ich nicht bereit, wie groß die Kritik an diesem Gesetz ist.
 
Die Bedeutung des Gesetzes europaweit
 
Das ist international auch extrem beachtet. Das, was wir da tun, das ist Neuland. Viele andere, glaube ich, zumindest sind das meine Wahrnehmungen, die sagen, wir gucken uns mal an, ob das in Deutschland so, wie es geplant ist, funktioniert. Und es könnte sein, dass, wenn es so funktioniert, wie wir uns das vorstellen, dass wir möglicherweise nur das erste Land gewesen sind, das sich in diese Richtung entwickelt hat.
Bei dem Netzwerk-Durchsetzungsgesetz geht es ja um strafbare Inhalte, bei Fakenews, die meisten Fakenews sind ja nicht strafbar, selbst Lügen sind größtenteils nicht strafbar, Hass ist nicht strafbar. Strafbar Dinge sind Dinge, vor denen man vor deutschem Gericht verurteilt werden kann. Das ist noch mal ein Unterschied zu Fakenews. Fakenews ist, glaube ich, weitaus mehr gefordert als der Gesetzgeber. Mittlerweile gibt es Verurteilungen von Leuten, die wegen fortgesetzter Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt worden sind. Die Tatsache, dass Menschen bereit sind, im Netz Dinge zu posten, die sie nie sich trauen würden, demjenigen, wenn er gegenüber sitzen würde, ins Gesicht zu sagen, hat auch was damit zu tun, dass sich Kommunikation in der Gesellschaft verändert. Und wenn die Hemmschwelle im Netz bei den Worten sinkt, dann wird es das auch auf der Straße geben.
 
Wie sehr können solche Falschmeldungen die Bundestagswahl beeinflussen?
Zum richtigen Zeitpunkt ausgespielt...
Ich kann das nicht ausschließen, dass es entsprechende Versuche auch bei der deutschen Bundestagswahl geben wird, also durchaus auch von außen digital organisierte Desinformationskampagnen.
Aber ich kann ihn auch nicht ankündigen, dass es dazu eine einzelne Maßnahme oder gar eine gesetzliche Maßnahme geben wird, mit der man darauf reagieren kann. Das glaube ich nicht.
 
Sind Sie jetzt zufrieden mit diesem Gesetz?
Wenn es beschlossen wird ja.

Bundesjustizminister Heiko Maas will so schnell wie möglich das so genannte Facebook-Gesetz gegen Hassinhalte durchbringen. "In Zukunft wird sich Facebook an die deutschen Rechtsgrundlagen halten müssen", sagt er zu stern-Chefredakteur Christian Krug.