Deutschland FDP will Debatte über Awacs gerichtlich erzwingen

Die Bundesregierung blockiert eine Abstimmung über den Einsatz deutscher Soldaten in den Awacs-Aufklärern. Die FDP ruft jetzt das Bundesverfassungsgericht gegen die Blockade zur Hilfe.

Die FDP will nach ihrer Niederlage im Streit um ein Mandat für Awacs-Einsätze in Karlsruhe erzwingen, dass sich der Bundestag damit befasst. Das Parlament hatte eine Zustimmung der Abgeordneten zum Verbleib deutscher Soldaten in den Aufklärungsmaschinen der Nato für unnötig erklärt. Bundeskanzler Gerhard Schröder begründet die Ablehnung der Regierungskoalition mit dem "strikt defensiven" Charakter des Einsatzes.

FDP-Chef Guido Westerwelle sagte am Freitag in Berlin, seine Partei werde Anfang kommender Woche beim Bundesverfassungsgericht eine entsprechende Klage einreichen. Die Unionsfraktion stimmt nach eigenen Angaben inhaltlich mit den Gründen der FDP überein, will die Klage aber nicht unterstützen.

Westerwelle sagte, Schröder wolle deshalb keine Abstimmung über ein Mandat, weil er die in der Frage zerstrittene Koalition nicht auf die Probe stellen wolle. Das bedeute aber nicht, dass auf Rechtssicherheit für die in den vier Aufklärungsmaschinen eingesetzten Bundeswehrsoldaten verzichtet werden könne. Sie operierten jetzt in einer Grauzone.

Für die Bundesregierung fliegen die Awacs im friedlichen Einsatz

Schröder erklärte in Brüssel, er nehme von der FDP-Absicht Kenntnis. Er sagte: "Ich habe dem Deutschen Bundestag eine klare Position, die ich für rechtlich überzeugend halte, vorgetragen, und dabei bleibe ich." Wer in dieser Frage das Gericht anrufe, "der nimmt sein Recht wahr, das er hat".

Regierungssprecher Thomas Steg bedauerte die Klageabsicht. Die vier AWACS-Maschinen unter NATO-Befehl flögen "strikt unter Friedensbedingung". Sie seien unabhängig von den 100 AWACS-Aufklärern der Amerikaner. Die NATO beteilige sich nicht am Krieg gegen Irak, betonte Steg. Deshalb werde die US-Regierung wahrscheinlich die Aufgabe einer Feuerleitstelle den eigenen Flugzeugen vorbehalten.

Grüne: FDP bereitet aktive deutsche Kriegsbeteiligung vor

Auch die Entscheidung der Türkei, im Irak-Krieg den Vereinigten Staaten Überflugrechte zu gewähren, habe "nicht den geringsten Einfluss" auf den strikt defensiven Charakter der deutschen Einsätze. Die Trennung von defensivem und offensivem Einsatz der AWACS-Aufklärer sei durch die Kommandostruktur möglich, betonte der Regierungssprecher.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Die Grünen reagierten gespalten. Der parlamentarische Geschäftsführer Volker Beck sagte, die Rechtslage bei den Einsätzen über der Türkei sei klar. Die FDP wolle offenbar den Boden für eine aktive Beteiligung der Bundeswehr am Irak-Krieg bereiten.

Der Grünen-Abgeordnete Winfried Hermann forderte für den Fall einer türkischen Intervention in Nordirak, die deutschen Awacs-Soldaten abzuziehen. Ebenfalls in der "Welt" (Samstagausgabe) erklärte die parlamentarische Geschäftsführerin Irmingard Schewe-Gerigk, sie würde im Fall einer türkischen Intervention gegen ein Mandat stimmen.

FDP steht geschlossen hinter dem Gang nach Karlsruhe

Der Gang nach Karlsruhe wurde von der FDP-Fraktion auf einer Sondersitzung am Vormittag bei einer Gegenstimme beschlossen. Fraktionsvorsitzender Wolfgang Gerhardt erklärte, im Gegensatz zur Darstellung Schröders gehe der Einsatz deutscher Bundeswehrsoldaten in diesen fliegenden Radarstationen wegen der Nato-Bündnisverpflichtungen gegenüber der Türkei sowie wegen der vom türkischen Parlament beschlossenen Teilnahme am Irak-Krieg auf Seiten der USA "über einen Routineauftrag hinaus". In diesem Fall sei die Bundesregierung verpflichtet, für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte die "konstitutive Zustimmung des Bundestages einzuholen". Am Donnerstag waren die Liberalen im Bundestag mit ihrem Antrag gescheitert, ein eigenes Parlamentsmandat für die Soldaten in den Aufklärungsmaschinen zu erreichen.