Dreikönigstreffen der FDP Brüderles Balsam

  • von Hans Peter Schütz
Die Partei zerstritten, Umfragewerte jenseits der Messbarkeit, kaum Hoffnung auf Besserung. Nur ein FDP-Dauerbrenner findet in Stuttgart die passenden Worte: Fraktionschef Rainer Brüderle.

Als der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle auf dem Stuttgarter FDP-Landesparteitag nach 20 Minuten sein Grußwort an die Delegierten beendete, war klar, weshalb er am Freitag nicht neben dem Parteivorsitzenden Philipp Rösler auf der Kundgebung zum traditionellen Dreikönigsteffen der Liberalen im Stuttgarter Staatstheater reden darf. Rösler würde in diesem Fall sehr wahrscheinlich per Beifall-Lautstärke dank der Phon-Messzahlen abserviert werden.

Obwohl Brüderle zum Schluss seines Grußworts eine verbale Vollbremsung hinlegte, lagen ihm seine liberalen Glaubensbrüder schon begeistert zu Füßen. Und vollends ins Entzücken gerieten sie, als er ihnen auch noch zurief: "Fürchtet Euch nicht!" Denn alle wussten sofort, welche Fortsetzung dem biblischen Spruch häufig folgt: "... denn ich bin bei Euch!"

"Hilfsbereit, aber nicht blöd"

In seinem Grußwort hatte Brüderle alle Ängste und Nöte seiner zutiefst verunsicherten Partei angesprochen: Politischer Klartext und klare Linie sei wieder erforderlich, mehr Glaubwürdigkeit nötig. Höchste Zeit sei es, wieder dem inneren Kompass in der Politk zu folgen. Und er sprach auch Worte aus, die einem Rösler nie über die Lippen kämen. So Schimpfte er "über die Inflation, bei der die soziale Sauerei eingeplant ist." Und rief den überschuldeten Griechen zu, "wir sind hilfsbereit, aber nicht blöd."

Durch diese Brüderle-Rede entlud sich die innere Verzweiflung, in die die Liberalen durch ihren Absturz von 18,8 Prozent (2009) in Baden-Württemberg auf fast nicht mehr messbare Umfragewerte gefallen sind - ohne erkennbare politische Bedeutung im Bund wie in den Ländern, beschäftigt fast ausschließlich mit dem politischen Kampf untereinander, der zudem noch meist unter der Gürtellinie ausgetragen wird, gezeichnet von einer Massenflucht der Mitglieder, verlassen vom bürgerlichen Mittelstand und jetzt auch noch bestraft mit einem neuen Generalsekretär Patrick Döring, der seinen bislang einzigen politischen Akzent damit gesetzt hat, dass er den ohnehin schon angeschlagenen Parteivorsitzenden Rösler einen "Wegmoderier" nennt. Im Klartext spricht er ihm damit jedwede Führungskraft ab.

Brüderle hat alles getan

Schlimmer geht's wirklich nimmer. Zwar hat die Landesvorsitzende Birgit Homburger ihre Partei feurig zur "Attacke" aufgerufen und ihre Kampfbereitschaft zudem mit der Lederjacke einer Motorradtussi demonstrativ modisch untermalt, aber in den vordersten Reihen der FDP findet man weder programmatische Munition noch Leute, die damit schießen könnten.

Außer eben diesem Brüderle, jener liberale Dauerbrenner, der nun schon fast 40 Jahre das FDP-Parteibuch in der Tasche trägt. Der Rest bekriegt sich untereinander. Eine Form der politischen Selbstbeschäftigung, die nur in Selbstbeschädigung enden kann. Philipp Rösler hat auf der Festveranstaltung jetzt den entscheidenden Test vor sich: Ob er noch eine Überlebenschance als Parteichef besitzt oder nur noch als eine noch leicht zuckende politische Leiche in Stuttgart reden darf. Brüderle hat alles für ihn getan, dass das noch einmal gelingen könnte.

Kann sich heute noch jemand an den FDP-Bundesminister Rösler erinnern, was er im Bereich Gesundheit ja einmal gewesen ist? Mit dem FDP-Vorsitzenden könnte es ähnlich gehen. Mit einem Unterschied: Er wäre noch schneller vergessen in diesem Amt. Dank Brüderle.