Startschuss für Gesprächsmarathon FDP und Grüne: Mit wem sie wann sprechen wollen – und was die Kanzlermacher erwarten

Annalena Baerbock, Co-Parteivorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen
Annalena Baerbock, Co-Parteivorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen
© Clemens Bilan / Getty Images
Nach der Bundestagswahl sollen Gespräche über eine neue Regierung in Gang kommen. Ausgerechnet die kleineren Parteien Grüne und FDP haben den Prozess angestoßen. Wie es nun weitergeht.

Diesmal soll die Regierungsbildung keine Hängepartie wie 2017 werden. Da sind sich eigentlich alle Akteure einig. Es wird Tempo gemacht. Drei Tage nach der Wahl stellen sich die Grünen und die FDP für die Verhandlungen auf – und haben Gesprächstermine mit Union und SPD ausgemacht. Der Überblick.

FDP: Erst die Union, dann die SPD 

Die FDP will am Wochenende mit der Union und dann mit der SPD über eine Regierungsbildung nach der Bundestagswahl sprechen. Das sagte FDP-Generalsekretär Volker Wissing am Mittwoch in Berlin. Am Freitag würden zudem begonnene Gespräche mit den Grünen in größerer Runde fortgesetzt. Am Samstag wolle die FDP dann mit CDU und CSU sowie am Sonntag mit der SPD zusammenkommen. Zur Reihenfolge sagte er, dies ergebe sich "aus der Situation, wie die Terminlage sich darstellt".

Grüne: Erst die SPD, dann die Union 

Die Grünen wollen am Sonntag mit der SPD über die Bildung einer neuen Bundesregierung sprechen. Das sagte Parteichefin Annalena Baerbock am Mittwoch in Berlin. Die Union habe die Grünen zudem für die kommende Woche zu Gesprächen eingeladen. Zuvor hatte die FDP ihre Gespräche angekündigt. Die Grünen werden am Sonntag nach der FDP mit den Sozialdemokraten sprechen. 

FDP und Grüne: Fortsetzung folgt 

Grüne und FDP hatten mit einem vertraulichen Spitzentreffen am Dienstagabend erste Gespräche eingeleitet. Am Freitag sollen die begonnenen Gespräche in größerer Runde fortgesetzt werden, sagte FDP-Generalsekretär Wissing.

Die Grünen-Vorsitzenden Baerbock und Robert Habeck sowie FDP-Chef Christian Lindner und Wissing veröffentlichten anschließend auf Instagram ein Foto des Quartetts und schrieben dazu: "Auf der Suche nach einer neuen Regierung loten wir Gemeinsamkeiten und Brücken über Trennendes aus. Und finden sogar welche. Spannende Zeiten."

Angaben zu Inhalten und der Atmosphäre des ersten Vorgesprächs machte FDP-Generalsekretär Wissing mit Verweis auf die vereinbarte Vertraulichkeit nicht. Bei dem Folgetreffen mit den Grünen sollten nun "erste inhaltliche Fragen vertieft werden". Dabei gehe es um die Themen, die im Wahlkampf eine zentrale Rolle gespielt hätten. Teilnehmen sollten von FDP-Seite die Mitglieder des Präsidiums.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Die Gespräche mit Union und SPD, die in einem künftigen Bündnis den Kanzler stellen könnten, sollen erst einmal getrennt geführt werden, wie Wissing deutlich machte. "Es muss jeder mit jedem arbeiten wollen, deswegen ist das in bilateralen Gesprächen zu klären", sagte er zur Begründung.

Was erwarten FDP und Grüne von den Gesprächen?

Für die FDP sei wichtig, über das Wochenende mit allen bilateral gesprochen zu haben, die als mögliche Regierungspartner in Betracht kämen, sagte der Generalsekretär Wissing. Die Ergebnisse seien dann "die wichtigste Voraussetzung, um den nächsten Schritt gehen zu können". Dabei gehe es um Verständnis für inhaltliche Positionen, aber auch die Frage, ob es "einen Willen zur Zusammenarbeit" gebe. Auf eine Regierung kämen auch Herausforderungen zu, von denen man heute noch nicht wisse. Zu Fragen nach der Stabilität der möglichen Partner und aktuellen Auseinandersetzungen in der Union sagte Wissing: "Wir sprechen nicht nur mit einzelnen Personen, sondern mit Parteien."

Grünen-Chefin Baerbock machte erneut ihre Präferenz für eine Ampel-Koalition deutlich. Man wolle zuerst mit FDP und SPD sprechen. Man habe den Auftrag "für eine progressive Regierung, um dieses Land zu erneuern". Zu Gesprächen mit der Union sagte sie nur: "Da muss man dann in die genauere Planung noch gehen."

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Die Grünen-Chefin warnte auch vor einer Hängepartie wie nach der Bundestagswahl vor vier Jahren. Die Sondierungen könnten sich nicht "über Wochen, gar über Monate hinziehen". "2017 sollte sich nicht wiederholen. Deswegen ist unser Anspruch, jetzt zügig Gespräche zu führen und auch vertrauensvoll Gespräche zu führen." 2017 hatte sich die Regierungsbildung fast ein halbes Jahr hingezogen, weil die FDP die zähen Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition platzen ließ.

Die Union war bei der Bundestagswahl auf den historischen Tiefpunkt von 24,1 Prozent gestürzt. Die SPD wurde mit 25,7 Prozent stärkste Kraft. Die Grünen kamen auf Platz drei mit 14,8 Prozent, gefolgt von der FDP mit 11,5 Prozent. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz strebt eine nach den Parteifarben benannte Ampel-Koalition mit Grünen und FDP an. Die Union von Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) bietet Gespräche über eine sogenannte Jamaika-Koalition mit Grünen und FDP an.

DPA
fs/tkr