Gehaltsplus bei der Bahn Flachwasser Tiefensee

  • von Hans Peter Schütz
In Sachen Bonuszahlungen an den Bahn-Vorstand hat Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee sich erneut blamiert. Der Minister wird mittlerweile sogar in den eigenen Reihen mit Hohn und Spott überzogen. Statt sich über "Pfütze" Tiefensee lustig zu machen, sollte die SPD aber besser schnell nach Ersatz suchen.

Die Spottworte seiner eigenen Parteifreunde sagen alles über den politischen Stellenwert des Bundesverkehrsministers. Mal spotten sie über den "Tiefpunkt Tiefensee". Lästern, wo kein Tiefgang ist, könne keine Tiefe erwartet werden. Oder sie steigern den Namen des Ministers negativ: Tiefensee, Flachwasser, Pfütze.

Schon lange hätte die SPD den einzigen echten "Ost"-Minister Wolfgang Tiefensee gerne entsorgt. Er fremdelt in Berlin. Verschleißt reihenweise Staatssekretäre, darunter einen Ralf Nagel, der im Verkehrsministerium glänzende Arbeit leistete, nur Tiefensee nicht gut genug war. Jetzt arbeitet Nagel als Wirtschaftssenator im Stadtstaat Bremen und Tiefensee fährt mit seiner Personalpolitik fort, bei der Pannenserien vorprogrammiert sind.

Beim strittigen Thema Bahn-Börsengang wechselte er seine Positionen bald täglich. Beim wichtigsten Privatisierungsprojekt des Staates der vergangenen zehn Jahre ist der zuständige Minister weder Herr des Verfahrens noch Ideengeber im Sinne seiner Partei gewesen. Er ließ andere für sich gegen die Genossen kämpfen, einen Peter Struck, einen Kurt Beck. Stattdessen eilte er eifrig zu PR-Auftritten wie dem Transrapid-Unglück im Emsland. Oder er machte mobil gegen das Tempolimit auf Autobahnen.

Tiefensee entgleist einmal mehr

Im Zusammenhang mit fetten Bonuszahlungen an die Bahn-Spitzenmanager beim Börsengang, ist er jetzt einmal mehr entgleist. Das kann angemessen nur mit der Entlassung des Ministers geahndet werden. Er tut, als habe sein Staatssekretär Matthias von Randow ihn mit diesen Bonuszahlungen geleimt und ihn nie informiert. Also raus mit dem Staatssekretär, der wie schon einige aus dem Hause Tiefensee jetzt auf Steuerzahlers Kosten spazieren gehen darf.

Das Raus müsste jedoch für einen Minister gelten, der offenbar keinen Bock auf Aktenlektüre hat. Den Börsenprospekt der Bahn nicht liest. Den es nicht interessiert, dass sein Bahnchef Mehdorn schon vor mehr als vier Wochen im stern die geplante Prämie für den Bahngang herausposaunt hat. Dies auch noch mit dem launigen Satz, der Eigentümer geben eben denen gerne Möhrchen, die die Aktien verkaufen. Der jetzt immerhin zugibt, dass er schon Mitte September von dem Bonus-Projekt erfahren hat. Weshalb schaltete er sich dann aber erst Ende Oktober ein?

Minister dem Bahnchef nicht gewachsen

Vollends politisch unsensibel ist es, dass sich die Bahn-Bosse offenbar auch abseits der Prämien einen satten Gehaltszuschlag genehmigen wollen. Kanzlerin Merkel wird damit eine lange Nase gemacht, denn sie plädiert fortwährend an die Manager, nun endlich mal halblang bei ihren Einkommen zu machen. Dass das alles möglich ist, hängt eng damit zusammen, dass der Minister Tiefensee dem Bahnchef Mehdorn in keiner Sekunde gewachsen ist.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Die Republik ist in den vergangenen Jahren mit der Qualität der Verkehrsminister nicht eben verwöhnt worden. Schon die Genossen Reinhart Klimmt, Franz Müntefering, Manfred Stolpe haben mit dem größten Investitionsetat der Regierung nichts anzufangen gewusst. Tiefensee nimmt das Amt indessen noch unaufmerksamer wahr als alle vorangegangenen Genossen. Keiner hatte bisher so sehr Konturen der Überforderung wie er.

Wäre ja schön, könnte sich die Große Koalition ein Abschiebepaket schnüren: Die Union schickt Glos in Pension, die SPD Tiefensee.