Das Bundeskabinett will von diesem Montag an bei einer zweitägigen Klausurtagung im Schloss Genshagen nahe Berlin das geplante Wachstumspaket für die nächsten Jahre auf den Weg bringen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) stellen die Ergebnisse der Klausur am Dienstag in Berlin vor. Neben den Kabinettsmitgliedern nehmen die Parteivorsitzenden von SPD und CSU, Matthias Platzeck und Edmund Stoiber, sowie die Chefs der Bundestagsfraktionen von Union und SPD, Volker Kauder und Peter Struck, am Treffen teil.
Teile der SPD befürworteten eine Ausweitung des Wachstumspakets über die im Koalitionsvertrag genannten 25 Milliarden Euro hinaus. Aus dem Kanzleramt und von Finanzpolitikern kamen dazu am Wochenende wegen der hohen Kosten ablehnende Stimmen.
"Noch eine Schippe drauflegen"
SPD-Generalsekretär Hubertus Heil plädierte dafür, dass auf das 25-Milliarden-Euro-Paket "noch eine Schippe draufgelegt wird". Unionsfraktionschef Kauder wies dies zurück und berief sich auf Vereinbarungen mit der SPD-Fraktion zur Konsolidierung der Staatsfinanzen. Auch Arbeitsminister Müntefering erteilte in der ARD- Sendung "Bericht aus Berlin" Heils Überlegungen eine Absage: "Ich gehe davon aus, dass die 25 Milliarden stehen. Da müssen wir auch an die Interessenlage des Finanzministers denken."
Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) rief seine Kabinettskollegen auf, sich bei ihren Entscheidungen nicht nur vom Tagesgeschäft leiten zu lassen. "Wenn wir nach Zufall und nur nach Aktualität gingen, würden wir im Gestrüpp landen", sagte er der Berliner "Tageszeitung". Kennzeichen des Kabinetts müsse sein, dass handwerklich professionell gearbeitet werde. Zudem müsse Politik verständlicher werden.
"Lösungswege aufzeigen"
Der stellvertretende CDU-Chef Jürgen Rüttgers bezeichnete die Sanierung des Bundeshaushalts als eine der wichtigsten Aufgaben der großen Koalition in den kommenden Monaten. "Damit müssen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die von ihr geführte schwarz-rote Regierung auf der Kabinettsklausur beschäftigen und Lösungswege aufzeigen", sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident.
Die große Herausforderung für Union und SPD bestehe darin, wirtschaftliche Vernunft mit sozialer Gerechtigkeit zusammenzubringen. In der Kabinettsklausur in Schloss Genshagen bei Berlin müssten auch erste Ansätze erkennbar sein, wie Union und SPD die Sozialsysteme so verändern könnten, dass sie auch in einer älter werdenden Gesellschaft Sicherheit bieten.
"An Ostern muss was zu spüren sein"
Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Ludwig Stiegler geht davon aus, dass das geplante Investitionsprogramm noch dieses Jahr Arbeitsplätze schafft. Er sagte der "Berliner Zeitung", die Auswirkungen würden bereits in wenigen Wochen deutlich werden. "An Ostern muss schon etwas zu spüren sein bei der Nachfrage und bei den Auftragseingängen." Auf dem Arbeitsmarkt werde es die ersten positiven Auswirkungen im Herbst geben.
Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) ermunterte die große Koalition in der "Leipziger Volkszeitung": "Es sollte sehr regelmäßig Klausurtagungen geben." Die pragmatischen Politiker von Union und SPD in der Regierung müssten "Zeit haben, miteinander solange zu reden, bis sie zu einer gemeinsamen Problemanalyse gekommen sind".

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Fragen der Entbürokratisierung, der Steuergesetzgebung und des Arbeitsmarktes seien "unterhalb der Ideologiefragen pragmatisch lösbar", meinte Koch. "Aber nicht mit getrennten Gruppensitzungen der Union und der SPD, um anschließend zusammen die große Politik zu versuchen. Diese Regierung kann ihre Existenzberechtigung nur nachhaltig unterstreichen, wenn ihr die Politik der kleinen Schritte gelingt."