Grüne Metzger geht - Schlachter kommt

  • von Katharina Schönwitz
Endlich ist es raus: Oswald Metzger verlässt nach 21 Jahren die Grünen. Ob er zur CDU oder zur FDP will, dazu schweigt er. Der Abschied von seiner Landtagsfraktion fiel ihm jedoch schwerer als vermutet. stern.de war vor Ort.

Sobald sich die Tür des Aufzugs im baden-württembergischen Landtag in Stuttgart öffnet, springen die Kameras an. Mehr als zwanzig Journalisten haben sich vor dem Friedrich-Ebert-Saal im zweiten Stock eingefunden, um auf Oswald Metzger zu warten. Für eine Fraktionssitzung der Grünen ein Massenauflauf. Doch der Parteirebell lässt auf sich warten. "Wir sind nicht die Richtigen!" und "Um Gottes Willen, was ist denn hier los?" lauten die Kommentare der vorbei eilenden Grünen Abgeordneten. Auch die Journalisten witzeln über die Warterei. "Da wird wohl erst noch eine Showtreppe aufgebaut."

Kurz nach 14 Uhr tritt Oswald Metzger endlich aus dem Aufzug. Mit ernster Miene verschwindet er sofort im Friedrich-Ebert-Saal, wo er seinen Parteifreunden mitteilen wird, ob er bleibt oder geht. Die Tür fällt hinter ihm zu, Journalisten müssen draußen bleiben. "Dem Gesicht nach zu urteilen ist der raus", kommentiert ein Kameramann.

Jedes Wort mit Pathos

Er soll Recht behalten. Nach einer halben Stunde tritt Oswald Metzger zusammen mit dem Fraktionsvorsitzenden Winfried Kretschmann vor die Tür. "Heute nach 21 Jahren geht meine Zeit bei den Grünen zu Ende. Mein Landtagsmandat werde ich zurückgeben." Metzger sieht angestrengt aus. Das Gedränge um ihn wird hektisch, ein Mikrofon streift nur knapp an seinem Kopf vorbei. Jedes seiner Worte kommt mit einem gewissen Pathos heraus. Es ist ihm anzusehen, dass ihm der Rücktritt nicht leicht fällt. Die Nervosität macht ihn atemlos, er verhaspelt sich: "Ich werde in meinen alten Beruf als Polizist zurückkehren." Er korrigiert sich schnell. "Äh, Natürlich meine ich Publizist..."

Er atmet kurz durch und begründet seinen Austritt. Er habe sich sowohl persönlich als auch programmatisch immer mehr von der Partei entfremdet. "Ich bin unentschieden zum Parteitag nach Nürnberg gefahren, auch wenn mir das keiner geglaubt hat." Doch die geringe Zustimmung seiner Parteifreunde und die Rede des Bundesvorsitzenden Reinhard Bütikofer seien einfach zu viel gewesen. Er habe seit Sonntag viel mit seiner Frau gesprochen und sei dabei zu dem Entschluss gekommen zu gehen.

"Ich habe gekämpft, dass Oswald bleibt"

Etwas abseits von Metzger kommt auch der Fraktionsvorsitzende zu Wort. "Die Stimmung im Saal war traurig", berichtet Kretschmann. "Ich habe gekämpft, dass Oswald bleibt." Denn der habe viel für die Grünen getan und sei ein profilierter Finanzpolitiker. Aber er sei ein Querkopf gewesen, der Entfremdungsprozess sei wohl nicht aufhaltbar gewesen. Allerdings verstehe er nicht, warum Metzger in all den Jahren nicht mehr versucht habe, sich als finanzpolitischer Sprecher einen Namen zu machen. Aber die bundespolitischen Themen seinen wohl schon immer mehr sein Ding gewesen.

Die Landesvorsitzenden der Grünen, Petra Selg und Daniel Mouratidis, werden da schon konkreter. "Er hat sich durch seine Äußerungen über die Sozialhilfeempfänger einfach verrannt und dadurch selbst entlassen. Ein Wort der Entschuldigung auf dem Parteitag hätte eigentlich gereicht." Um nicht ganz so negativ zu wirken, fügt Selg noch an. "Dass er sein Mandat niederlegt, ist ihm aber wirklich anzurechnen." Ein Nachfolger ist bereits gefunden. Spätestens in einem halben Jahr soll Eugen Schlachter das Mandat übernehmen. Dass Metzger in die CDU oder FDP eintreten wird, daran besteht für ihn kein Zweifel. "Spätestens 2009 möchte ich wieder in der Bundespolitik mitmischen." Welche der beiden Parteien er allerdings favorisiert, wird er erst Anfang des kommenden Jahres entscheiden.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Nach einer Stunde sind fast alle Fragen gestellt. Jetzt muss sich Metzger erst einmal im Restaurant des Landtags stärken. "Ich brauch jetzt was Deftiges", gesteht er und zeigt, dass er zumindest seiner Herkunft treu bleibt. Er ordert das Leib- und Magengericht aller Schwaben: Linsen, Spätzle mit Saitenwurst.