Im Tauziehen um die Guantànamo-Häftlinge hat Washington der Bundesregierung eine Liste mit Namen von Gefangenen überreicht, für die Aufnahmeplätze in Europa gesucht werden. "Es liegt eine konkrete Anfrage vor", bestätigte ein Sprecher des Bundesinnenministeriumsin Berlin. Jeder Einzelfall müsse sorgfältig nach dem Aufenthaltsrecht geprüft werden. Dabei spielten nicht nur Sicherheitsaspekte eine Rolle. Wie lange dies dauern werde, konnte der Sprecher nicht sagen. Es sei auch Rücksprache mit den Länderregierungen nötig. Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach äußerte starke Vorbehalte gegen die Aufnahme in Deutschland.
Auf der Liste stünden etwa 10 Namen der insgesamt rund 50 Insassen, die nach Schließung des US-Gefangenenlagers auf Kuba nicht in ihre Heimatländer zurück könnten und in den USA als ungefährlich gelten, berichtete das Magazin "Der Spiegel". Die Unterlagen habe der Beauftragte der US-Regierung für Guantànamo, Dan Fried, vergangene Woche in Berlin im Kanzleramt und im Auswärtigen Amt übergeben. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes bestätigte lediglich, dass es ein Gespräch mit Fried gegeben habe.
Begründung benötigt
Nach der gemeinsamen Haltung der Bundesregierung seien in erster Linie die Herkunftsländer der Freigelassenen beziehungsweise die USA - in deren Hoheitsgebiet sie sich derzeit aufhalten - für die Aufnahme der freigelassenen Guantànamo-Häftlinge zuständig, sagte der Sprecher des Innenministeriums. Deswegen müsse für eine Entscheidung über die eventuelle Aufnahme in Deutschland auch begründet werden, warum weder das Heimatland noch die USA in Frage kämen.
Innerhalb der Bundesregierung war die Aufnahme von einzelnen Gefangenen umstritten. Während Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) aus humanitären Gründen dafür plädierte, führte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) Sicherheitsbedenken ins Feld. Im Gespräch ist, dass etwa fünf ehemalige Guantànamo-Insassen nach Deutschland kommen.
US-Justizminister Eric Holder hatte in der vergangenen Woche nach Gesprächen mit der Bundesregierung in Berlin mitgeteilt, die USA wollten in Kürze 30 Insassen aus Guantànamo freilassen. Seine Regierung sei zuversichtlich, dass sich auch Verbündete in Europa an einer Aufnahme beteiligten. Er habe für diesen Wunsch bei seinen Treffen "kein endgültiges Nein" erhalten und hoffe auf eine "faire Aufteilung". Über konkrete Zahlen sei noch nicht gesprochen worden, betonte Holder, der unter anderem mit Bundesinnenminister Schäuble zusammengekommen war.
"Erhebliches Risiko
Der Fraktionsvize Bosbach sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger": "Ich bin der Ansicht, dass die USA oder die Heimatländer für die Aufnahme dieser Personen verantwortlich sind." Wenn diese nachweislich ungefährlich wären, sei zu fragen, warum sie nicht schon längst freigelassen wurden. Er fügte hinzu: "Die Aufnahme ist auf jeden Fall mit einem erheblichen Risiko verbunden. Ich sehe deshalb keinen Grund, dass Deutschland jetzt sofort laut "Ja" rufen sollte."

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Dagegen forderte Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin forderte eine zügige Prüfung, ob in den wenigen konkret angefragten Fällen nicht mehr Guantànamo- Häftlinge in Deutschland aufgenommen werden können. "Diese Menschen sind Opfer schwerer Menschenrechtsverletzungen geworden." Die neue US-Regierung habe Bereitschaft gezeigt, die Verbrechen in Guantànamo Bay aufzuarbeiten. Trittin: "Deutschland sollte dabei helfen."