Hartz-IV-Reform Länder kündigen Widerstand an

Sachsen-Anhalt, das von einer Großen Koalition regiert wird, wird der Hartz-IV-Reform im Bundesrat nicht zustimmen. Auch Thüringen und das Saarland könnten die Pläne der Bundesregierung kippen. Gegen das Scheitern der Reform stemmen sich die Regierungsparteien mit Drohgebärden.

Der scheidende Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer (CDU), ist Spekulationen entgegengetreten, er könne gegen den Willen seines Koalitionspartners SPD am Freitag im Bundesrat für den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Hartz-IV-Reform stimmen und ihm damit zum Erfolg zu verhelfen. Böhmer bezeichnete die finanziellen Offerten der Bundesregierung bei den Kosten für das geplante Bildungspaket zwar als "verlockend", wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtete. Doch werde er sich nicht über Absprachen mit der SPD hinwegsetzen. "Wer in einer Regierung gemeinsam Verantwortung trägt, muss auch gegenseitig berechenbar bleiben", sagte Böhmer.

Böhmers Koalitionspartner, Vize-Ministerpräsident und Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD), kündigte an, Sachsen-Anhalt werde sich im Bundesrat bei der Abstimmung der Stimme enthalten. "Das abschließende Gespräch mit CDU-Ministerpräsident Wolfgang Böhmer steht noch aus, aber wir sind uns einig, dass es keine Zustimmung geben wird", sagte Bullerjahn der "Leipziger Volkszeitung". Bullerjahn verwies zur Begründung darauf, "dass die versprochene Kostenentlastung für die Kommunen bei der Grundsicherung im Alter schon zugesagt ist und sowieso kommen wird". Außerdem dürfe kein Land den Eindruck erwecken, "es sei käuflich mit Blick auf eine Abstimmung im Bundesrat".

Thüringer Koalition einigt sich auf Enthaltung

Auch Thüringen wird sich bei der Abstimmung über die Hartz-IV-Reform im Bundesrat enthalten. Grund seien die unterschiedlichen Positionen der Koalitionspartner CDU und SPD zu der Reform, sagte Regierungssprecher Peter Zimmermann auf Anfrage. Die CDU halte im Gegensatz zur SPD das Kompromissangebot der Bundesregierung "für beschlussfähig und tragfähig". Vor allem wegen der Angebote zur finanziellen Entlastung der Kommunen sei die Enthaltung "außerordentlich bedauerlich".

Einen neuen Wackelkandidaten gibt es mit einem Bundesland, dessen Zustimmung schon als sicher galt: das Saarland. Der Landesvorstand der Saar-Grünen will nochmals über das Angebot der Bundesregierung in den Verhandlungen mit der Opposition beraten. Es gebe "minimale Bewegung" in Sachen Mindestlohn, sagte Saar-Grünen-Chef Hubert Ulrich der Nachrichtenagentur DPA.

FDP-Generalsekretär warnt vor Ablehnung

Unterdessen hat FDP-Generalsekretär Christian Lindner die Ministerpräsidenten der Länder davor gewarnt, die Hartz-IV-Reform im Bundesrat scheitern zu lassen. "Das Angebot liegt jetzt auf dem Tisch. Und wenn es jetzt nicht angenommen wird, werden die Bedingungen nächstes Mal andere sein", sagte Lindner dem "Hamburger Abendblatt".

Er betonte: "Wer morgen im Bundesrat Nein sagt, muss das wissen." Lindner erinnerte an die Verantwortung der Länder gegenüber ihren Kommunen: Es gehe um ein Bildungspaket für Kinder und insgesamt zwölf Milliarden Euro für die klammen Kommunen. "Wenn es die Ministerpräsidenten damit ernst meinen, dass sie ihren Kommunen helfen wollen, sollten sie hier nicht ablehnen", so der FDP-Generalsekretär.

Grüner Verhandlungsführer erhebt Vorwürfe

Der Verhandlungsführer der Grünen, Fritz Kuhn, warf der Bundesregierung vor, mehrere Länder mit finanziellen Mitteln auf ihre Seite ziehen zu wollen. Die Regierung scheine zu versuchen, "das eine oder andere Bundesland rauszukaufen, um im Bundesrat eine Mehrheit für ihr Paket zu bekommen", sagte der Fraktionsvize.

Er machte deutlich: "Es geht dabei nicht nur ums Saarland, sondern auch um Länder wie Sachsen-Anhalt, Thüringen und Nordrhein-Westfalen." Aufgrund vieler Gespräche mit Politikern aus diesen Ländern sei er zuversichtlich, dass es der Regierung nicht gelingen werde, ein Land auf ihre Seite zu ziehen.

DPA · Reuters
tkr/Reuters/DPA