Nationaler Hitzeschutzplan So will die Regierung Hitzetote verhindern

Deutschland ächzt seit Wochen unter einer Hitzewelle
Deutschland ächzt seit Wochen unter einer Hitzewelle
© Matthias Bein / DPA
Neue Warnungen und Schutzangebote bei Hitzewellen sollen nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bereits in den nächsten Wochen an den Start kommen.

Mit einem nationalen Hitzeschutzplan will die Bundesregierung die Warnungen vor Hitzewellen verbessern und Schutzmaßnahmen ausbauen. So sollen insbesondere Ältere, Kranke und Kinder gut durch Hitzeperioden kommen. Der Plan, den Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Montag mit Experten beriet, sieht unter anderem konkrete Konzepte für Pflegeheime, Kommunen oder Krankenhäuser vor, um besser auf Hitzewellen reagieren zu können. Lauterbach kündigte Verbesserungen beim Hitzeschutz bereits in diesem Sommer an. 

Hitzeschutzplan mit Experten entwickelt

Der Gesundheitsminister beriet mit Vertretern von Pflege, Ärzteschaft, Kommunen, Ländern, Sozialverbänden sowie mit weiteren Experten etwa vom Deutschen Wetterdienst (DWD) über die Gestaltung des Hitzeschutzplans. Der Plan soll nach dem Vorbild Frankreichs unterschiedliche Schweregrade einer Hitzewelle festlegen und die konkreten Maßnahmen je nach Temperatur staffeln.

Rasches Handeln beim Hitzeschutz sei wichtig, weil aufgrund der Klimaerwärmung "die Zahl der Hitzetoten pro Jahr zunehmen" werde, sagte Lauterbach. Schon am Montag sei die Webseite hitzeservice.de online gegangen. Dort könnten Kommunen sich über Maßnahmen für einen besseren Hitzeschutz informieren.

Besser geschützt werden müssten nicht nur ältere Menschen, sondern auch Schwangere, Menschen mit chronischen Erkrankungen und Obdachlose, betonte der Minister. Dies seien vielfach Menschen, "die relativ leicht zu retten wären, wenn man einen Plan hat". Im vergangenen Jahr gab es in Deutschland Schätzungen zufolge etwa 4500 hitzebedingte Todesfälle.

Konkret gehe es im Hitzeschutzplan auch um die frühzeitige Warnungen vor Hitzewellen. Das solle mit dem Deutschen Wetterdienst zusammen organisiert werden. Die Warnungen sollten über Radio, Fernsehen, aber auch etwas über SMS-Botschaften verbreitet werden.

Hitzewellen wahrscheinlicher

"Mit dem Klimawandel ist das Auftreten von Hitzewellen immer wahrscheinlicher geworden", heißt es in einem Papier des Bundesgesundheitsministeriums zum Hitzeschutz. "Diese beeinflussen unsere Gesundheit, unser Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit unserer Gesellschaft." Hitze führe nicht nur zu Todesfällen, "sondern beeinflusst auch das Krankheitsgeschehen".

Die Länder sollen den Ministeriumsplänen zufolge prüfen, ob Warnstufen des DWD verpflichtend mit bestimmten Akutmaßnahmen gekoppelt werden können, etwa in stationären Pflegeeinrichtungen. Im vergangenen Jahr gab es in Deutschland Schätzungen zufolge etwa 4500 hitzebedingte Todesfälle.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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"Die Folgen der Klimakrise sind auch in Deutschland und in Europa angekommen", sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). "Deshalb ist es notwendig, dass wir uns um den Schutz der Bevölkerung in veränderten Klimazeiten kümmern." Hier seien schon eine Reihe von Maßnahmen zur Sicherung der Trinkwasserversorgung und zur Abkühlung der Städte über mehr Bepflanzung auf den Weg gebracht worden. 

Grünen-Parteichefin Ricarda Lang sagte in Berlin, neben akuten Maßnahmen bei Hitzewellen sei es wichtig, "dass wir unsere Städte und die Infrastruktur so ausbauen, dass sie vor Hitze schützen". Gebraucht würden mehr Grün und mehr Wasserspeicher, um die Städte zu kühlen.

"Was früher ein 'Jahrhundertsommer' war, ist heute Normalität"

SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt betonte, dass Hitzewellen immer häufiger "zur Gefahr für die Bevölkerung" würden. Mit einer breiten Infokampagne werde die Bevölkerung für die Gefahren durch anhaltende Hitzewellen sensibilisiert; zudem werde das Hitzewarnsystem zum Standard und für alle Menschen verfügbar gemacht. Durch ein frühzeitiges Monitoring könnten Gefahren früher erkannt werden.

Der Sozialverband VdK kritisierte, der angekündigte Aktionsplan komme "deutlich zu spät". VdK-Präsidentin Verena Bentele sagte dem Portal t-online, jede Verzögerung gehe "auf Kosten der besonders Betroffenen". Als rasche Maßnahmen fordert der VdK Klimaanlagen in Einrichtungen für Senioren und Kinder.

Dabei müssten klimafreundliche Varianten gewählt werden, um den Klimawandel nicht zusätzlich zu verstärken, so Bentele. Außerdem müssten in städtischen Gebieten dringend gekühlte Räume eingerichtet werden, in denen sich Senioren tagsüber abkühlen und vor Hitze schützen könnten.

"Was früher ein 'Jahrhundertsommer' war, ist heute Normalität", sagte Michaela Engelmeier, Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD), dem Portal. Der SoVD begrüße Lauterbachs Pläne, habe aber schon in der Vergangenheit immer wieder Anstrengungen zum Schutz von besonders Gefährdeten gefordert. "Jeder Hitzetote ist einer zu viel."

AFP
wue