Zum Ende ihrer 16 Jahre währenden Amtszeit als Bundeskanzlerin wird Angela Merkel (CDU) am Donnerstagabend von der Bundeswehr mit dem Großen Zapfenstreich vor dem Berliner Amtssitz des Bundesverteidigungsministeriums verabschiedet. Die rund einstündige Zeremonie ist die höchste Form militärischer Ehrerweisung deutscher Soldatinnen und Soldaten. Die Zeremonie hat eine weit in die Militärgeschichte zurückreichende Tradition und darf nur zu ganz besonderen Anlässen aufgeführt werden.
2G-plus bei Merkels Großem Zapfenstreich
Die Corona-Pandemie erzwingt freilich eine Anpassung des alt hergebrachten Zeremoniells: Die Veranstaltung findet unter 2G-plus-Bedingungen statt, die Zahl der Gäste ist begrenzt, sie müssen eine FFP2-Maske tragen und nach Möglichkeit einen Mindestabstand von 1,5 Metern zueinander halten. Die Ursprünge des Zapfenstreichs liegen in der Zeit der Landsknechte des 16. Jahrhunderts. Damals gab ein Truppenführer in Gasthöfen und Tavernen mit einem Streich auf die Zapfen der Getränkefässer den Beginn der Nachtruhe bekannt - daher der Name "Zapfenstreich". Danach durften die Wirte nicht mehr an die Soldaten ausschenken. Im Laufe der Jahrhunderte wurde dieses Signal durch Trompeten-, Flöten- und Trommelspiel musikalisch angereichert.
Merkel wünscht sich Songs von Nina Hagen und Hildegard Knef
Das Zeremoniell entstand in seiner heutigen Form im frühen 19. Jahrhundert in der Zeit der Befreiungskriege, als das Ritual durch ein kurzes Abendlied und dann auch um ein Gebet ergänzt wurde. Der Große Zapfenstreich der Bundeswehr besteht heute aus dem "Locken" der Spielleute, dem Auftritt des Musikkorps und der berittenen Truppen, einem Gebet und der Nationalhymne. Gespielt werden auch persönlich ausgewählte Musikstücke der oder des Geehrten. Angela Merkel hat sich den DDR-Hit "Du hast den Farbfilm vergessen" von Nina Hagen gewünscht, außerdem den Chanson "Für mich soll's rote Rosen regnen" von Hildegard Knef sowie das Kirchenlied "Großer Gott, wir loben dich". Die zum Teil ungewöhnlichen Wünsche stellten die Militärmusiker vor eine schwierige Aufgabe: Die Stücke von Hagen und Knef seien im Notenarchiv des Bundeswehr-Orchesters nicht vorhanden gewesen, berichtete die Berliner "taz" unter Berufung auf den Dirigenten.
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Kritik an militärischem Zeremoniell
Merkel wird beim Zapfenstreich auch eine kurze Rede halten. Sie ist erst die zweite Frau, die von der Bundeswehr mit einem Großen Zapfenstreich geehrt wird. Die erste war Ursula von der Leyen bei ihrem Abschied als Bundesverteidigungsministerin im August 2019. Kritiker des Großen Zapfenstreichs sehen das militärische Zeremoniell in der unmittelbaren Tradition von preußischen Paraden und Hitlers Fackelzügen und sprechen von einem Symbol des preußischen und deutschen Militarismus.