Wann der neue Hauptstadtflughafen "Willy Brandt" nun eröffnen wird, ist ungewiss. Dass auf der Baustelle in Schönefeld nichts vorangehe, kann man aber nicht behaupten: Dort wird jetzt das erste Gebäude in Betrieb genommen. Um das Terminal handelt es sich allerdings nicht, sondern um ein Gefängnis: für illegale Flüchtlinge.
Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) besuchte die sogenannte Aufnahmeeinrichtung für Asylsuchende am Mittwoch. Das Land hat das Gebäude für bis zu 30 Insassen zum 1. August offiziell angemietet. Nach der Möblierung können nun die ersten Migranten aufgenommen werden. Begleitet wurde Woidke von Vertretern von Kirchen und Flüchtlingsorganisationen. Die "Asylknäste" sind sehr umstritten.
Es geht um das Asyl-Schnellverfahren, das in Deutschland an den besonders frequentierten Flughäfen Frankfurt/Main, München, Düsseldorf, Hamburg und eben in Berlin-Schönefeld angewendet wird. Dabei werden Asylsuchende, die ohne Ausweis oder aus sicheren Drittstaaten einreisen, direkt am Flughafen inhaftiert.
Zweitgrößte Einrichtung in ganz Deutschland
Laut Gesetz muss dann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) binnen Tagen über einen Asylantrag entscheiden. Die Betroffenen werden so lange wie Kriminelle festgehalten. Am Ende steht mitunter die Abschiebung. Für Migranten, die an anderen deutschen Flughäfen ankommen, gelten die regulären Bestimmungen für Asylbewerber. Eine Inhaftierung auf dem Airport gibt es dort nicht.
Flüchtlingsinitiativen und Kirchen kritisieren das Asyl-Schnellverfahren, das 1993 eingeführt wurde, als inhuman. Auch die Brandenburger Landesregierung ist mit der Einrichtung am neuen Flughafen nicht glücklich - nach Frankfurt am Main wird es künftig die zweitgrößte in Deutschland sein. Gemeinsam mit Rheinland-Pfalz wurde eine Bundesratsinitiative für die Abschaffung des Flughafenverfahrens gestartet. Jeder Mensch, der einreise, habe Anspruch auf ein ordentliches Verfahren, sagte Innenminister Woidke.
Unerlaubte Einreise ist eine Straftat
2011 wurden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge insgesamt 819 "Akten im Flughafenverfahren angelegt". Am Flughafen Berlin-Schönefeld waren es zwölf Menschen, die das Verfahren über sich ergehen lassen mussten: Zehn kamen aus Afghanistan sowie jeweils eine Person aus Syrien und Kamerun - also eine überschaubare Zahl, findet ein Sprecher des Potsdamer Innenministeriums. Nach der Eröffnung des Großflughafens wird dann allerdings jährlich mit 300 Fällen gerechnet.
"Auch wenige Menschen zu internieren, betrachten wir als Menschenrechtsverletzung", meint Dorothea Lindenberg vom Flüchtlingsrat Brandenburg. Der Landesregierung wirft sie vor, das Asylgefängnis trotz eigener Bedenken - siehe Bundesratsinitiative - in Betrieb zu nehmen. "Und das auf einem Flughafen, der ja noch gar nicht wirklich existiert", sagt Lindenberg.
Was passiert eigentlich, wenn ein Flüchtling versucht, das Gelände zu verlassen? Dann werde die Bundespolizei ihm klarmachen: "Du musst hierbleiben!", erläutert Stephan Bock, Leiter der Zentralen Ausländerbehörde. Unerlaubte Einreise sei eine Straftat.