Als die Studio-Scheinwerfer ausgingen, konnten sowohl Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) wie auch seine Herausforderin Andrea Ypsilanti (SPD) zufrieden sein. Beim TV-Duell eine Woche vor der Landtagswahl brachten beide ihre wichtigsten Botschaften unter und ihre Images zur Geltung, keiner leistete sich grobe Schnitzer. Koch gab den kompetenten und erfahrenen Regierungschef, der Tabuthemen nicht scheut; Ypsilanti die frische linke Alternative, für die etwa auch Jugendkriminalität vor allem eine Frage von Bildungs- und Berufschancen ist.
Optisch präsentierten sich die Duellanten hingegen überraschend ähnlich. Beide trugen randlose Brillen, dunkles Tuch und dezente Accessoires - bei Ypsilanti eine Perle im Ausschnitt, bei Koch der Hessen-Löwe am Revers. Beiden waren Anspannung und Erwartungsdruck anzumerken. Angesichts des sich abzeichnenden Kopf-an-Kopf-Rennens am 27. Januar hatten beide der Konfrontation der Spitzenkandidaten hohe Bedeutung zugemessen - vor allem Koch, der im direkten Vergleich laut Umfragen inzwischen zehn Punkte zurückliegt.
Es war aber Ypsilanti, die nach dem 90-minütigen Streifzug durch die Landespolitik den Eindruck größerer Angriffslust hinterließ. Die Oppositionsführerin warf Koch Versagen in der Bildungs- und Energiepolitik vor und propagierte Schulreformen nach finnischem Vorbild sowie eine "Energiewende" hin zu Sonnen- und Windkraft. Kochs Einwand, dass man dann Windstille und bedecktem Himmel den Strom und womöglich das Betreiben von Waschmaschinen einschränken müsse, parierte sie schlagfertig: "Ich verspreche allen Menschen, die uns wählen, dass sie ihre Waschmaschinen nicht abstellen müssen."
Ypsilanti: "Nicht mit den Linken"
Koch warb mit der Bilanz seiner inzwischen neun Regierungsjahre und konzentrierte sich ansonsten auf die Schwachpunkte im Konzept seiner Gegnerin. Deren Wahlversprechen von der Abschaffung der Studiengebühren bis zum Verzicht auf den Verkauf landeseigener Immobilien addierten sich auf eine runde Milliarde Euro, hielt er Ypsilanti vor. Auf Rechnereien ließ sich seine Herausforderin indes nicht ein: "Ihre Zahlen stimmen nicht, 200 Millionen ist die realistische Zahl", erwiderte sie lediglich. Niemand könne von einer Opposition ein "Programm zum Nulltarif" verlangen. Für Koch war das "der Höhepunkt der Unpräzision".
"Ausweichend" war überhaupt Kochs Generalurteil über das Programm Ypsilantis, ob es um den Ausbau des Frankfurter Flughafens ging oder um den Umgang mit der Linken - eine heikle Frage, denn bisher zeichnet sich keine eigene Mehrheit für SPD und Grüne ab. "Ich brauch' die Linke nicht", sagte Ypsilanti am Sonntag trotzig, "es bleibt dabei: Nicht mit der Linken." Koch konterte mit dem Hinweis auf Ypsilantis linkes Image und auf rot-rote Koalitionen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Die Programme Ypsilantis und der Linken seien austauschbar.
Verzicht auf persönliche Angriffe
Insgesamt blieb die Auseinandersetzung aber sachlich. Koch und Ypsilanti verzichteten auf Provokationen oder persönliche Angriffe. Schön, dass so etwas noch möglich sei, sagte der CDU-Mann hinterher. "Ich fände es gut, wenn Herr Koch im Rest vom Wahlkampf bei diesem Ton bleiben könnte", gab Ypsilanti zurück.

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In der Tat geht man anderswo weniger zimperlich miteinander um. In der letzten Phase plakatiert die Hessen-CDU Warnungen vor einem "Linksblock" aus Ypsilanti, Grünen-Chef Tarek Al-Wazir und Kommunisten. Umgekehrt haben SPD und Grüne ihre Kampagnen deutlich auf die Person des Ministerpräsidenten ausgerichtet.