Die Proteste von Klimaaktivisten und -aktivistinnen in Lützerath haben die Schlagzeilen der vergangenen Tage bestimmt. Am Mittwoch hatte die Polizei mit der Räumung des besetzten Ortes begonnen. Dabei kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstrierenden und Einsatzkräften – beide Seiten werfen sich gegenseitig Gewalttätigkeiten vor. Mittlerweile harren laut Polizei nur noch zwei Klimaschützer in einem unterirdischen Tunnel in Lützerath aus.
Am Donnerstag hatten Aktivisten mehrerer Klimaschutz-Organisationen zudem das Parteibüro der Grünen in Düsseldorf besetzt, um gegen die Haltung der Partei zur Räumung von Lützerath zu protestieren. Nach mehr als zehn Stunden beendeten Polizisten die Besetzung. Die Grünen sind sowohl im Bund als auch im Land Nordrhein-Westfalen an der Regierungskoalition beteiligt und tragen den Kompromiss mit, der dem Energiekonzern RWE die Erweiterung des Braunkohletagebaus Garzweiler und den Abbau der unter Lützerath liegenden Kohle erlaubt.
Das sagt die Presse zum Streit um Lützerath:
"Hannoversche Allgemeine Zeitung": "Die Umweltbewegung hat in den 1970er- und 1980er-Jahren gelernt, dass ohne Druck von der Straße nichts passiert. Jedenfalls nicht genug. Symbole wie Wackersdorf, wo eine Wiederaufarbeitungsanlage verhindert, oder wie Gorleben, wo das Atomendlager gekippt wurde, waren Meilensteine einer Bewegung, die die Mehrheitsmeinung kippte und gegen die sich die Politik am Ende nicht durchsetzen konnte. Darauf müssen auch die Demonstranten von Lützerath setzen: Dass es nie um ein paar Bauernhöfe ging, sondern darum, die Bürger zu überzeugen, dass wir aufhören müssen mit dieser Landschafts-, Natur- und Klimazerstörung."
"Nürnberger Nachrichten": "Die Grünen wagen den größten Spagat – zwischen Pragmatismus und Kompromissbereitschaft pur (wie Habeck und seine NRW-Kollegin Mona Neubaur ) und radikalem Protest (wie Mitglieder, die Parteizentralen besetzen). So verständlich die Absolutheit der "Letzten Generation" angesichts alarmierender Klima-Daten ist: Politik kommt nach wie vor nicht aus ohne Kompromisse. Davon bietet allerdings auch die Ampel in Sachen Klima entschieden zu wenig – und sorgt so für eine unnötige Verhärtung der Fronten."
"Nordbayerischer Kurier" (Bayreuth): "Dass die 1,5-Grad-Grenze direkt vor Lützerath verläuft, ist eine Zuspitzung. In Lützerath wird die Angst der Menschen vor der Zukunft auf der Erde deutlich, und die sollte ernst genommen werden. Es ist zu früh, einzuschätzen, wie Lützerath die Klimabewegung und politische Entscheidungen verändern wird. Klar ist, der Druck auf die Grünen, endlich zu zeigen, dass sie es ernst mit dem Klimaschutz meinen, ist nach Lützerath deutlich höher."
Protest im Schlamm: Tausende demonstrieren bei strömendem Regen in Lützerath – die Bilder

"Kölner Stadt-Anzeiger": "Die Umweltbewegung hat in den 1970er und 1980er Jahren gelernt, dass ohne Druck von der Straße nichts passiert. Das ist auch der Punkt, in dem Politiker wie NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst irren, wenn sie sagen, in einem Rechtsstaat müsse irgendwann Schluss sein mit Diskussionen über Dinge, die Parlamente und Gerichte längst entschieden haben. Richtig ist: Im Rechtsstaat ist allein der Rechtsweg verbindlich. Falsch wäre aber, dagegen nicht mehr protestieren zu dürfen. Wie sonst wäre die Demokratie lernfähig? Schon deshalb sind Proteste auch von Minderheiten legitim. Wohlgemerkt: friedliche Proteste. Aber daran hat sich die übergroße Mehrheit in Lützerath gehalten, die vielen Sympathisanten im Rest der Republik sowieso."