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Merkels Kompetenzteam Gruppenbild mit Stoiber

Sechs Herren und drei Damen - in Berlin hat Kanzlerkandidatin Angela Merkel ihr Team für den Wahlkampf präsentiert. Auch der Ostdeutschland-Spezialist Edmund Stoiber war dabei - und kommentierte die Personalien.
Von Florian Güßgen

In Berlin hat Angela Merkel, die Spitzenkandidatin der Union, ihr Kompetenz-Team für die Bundestagswahl vorgestellt. "Es bedarf einer Wende in unserem Land. Wir wollen ihnen präsentieren, mit welcher Mannschaft wir antreten", sagte sie in der CDU-Zentrale in Berlin. "Wir sind eine starke Truppe. Mit dem heutigen Tag werden wir zeigen, dass wir es besser können - und vor allem, dass wir eine Vorstellung von der Zukunft haben", sagte Merkel im Beisein des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber. "Diejenigen, die alles versprechen und nichts davon finanzieren können, sind politische Schaumschläger", sagte Stoiber. "Wenn Sie auf das Kompetenzteam schauen, hat die Union die richtigen Köpfe. Die Zeit ist reif für einen Wechsel - und zwar den Wechsel zur Union." Im Hinblick auf einen möglichen Wechsel des CSU-Chefs von München nach Berlin in ein Kabinett Merkel sagte die CDU-Chefin zur Besetzung des Kompetenzteams: "Das ist keine Entscheidung gegen irgend jemanden".

Befreiungsschlag der Union

Mit der Vorstellung ihres Kompetenzteams versucht Merkel einen Befreiungsschlag. Nach der für die Union schädlichen Debatte um ihre Führungsqualitäten und Stoibers Ost-Schelte will die Union im Wahlkampf nun wieder Boden gut machen. Vor allem mit der Nominierung des Ex-Verfassungsrichters Paul Kirchhof als Finanz-Experten versucht die Union zu punkten. Die Nominierung Kirchhofs gilt als Überraschungs-Coup, mit dem Merkel auch das Fehlen von Friedrich Merz, dem verstoßenen Finanz-Experten, vergessen machen will. Aber auch mit dieser Personalie geht die Kandidatin ein Risiko ein. In mehreren Interviews hat Kirchhof sich gegen die von der Union geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer gewandt. Darüber hinaus hat Merkel ihr Kompetenzteam schon vorab geschwächt, indem sie gesagt hat, dass es sich hier nicht um ein Schattenkabinett handelt. Zwar wies sie am Mittwoch darauf hin, dass fast alle Mitglieder bereit wären, auch in einer Regierung einzutreten, aber dem Wähler wird so vermittelt, dass jene Experten, die sie nun überzeugen wollen, nach einem schwarz-gelben Wahlsieg am 18. September nicht automatisch in der Verantwortung stehen. Auch das ist ein Manko.

Althaus betreut den Aufbau Ost

Die Besetzung des Merkelschen Teams, das sich im Konrad-Adenauer-Haus brav zum Familienbild zusammenstellte, war schon in den vergangenen Tagen durchgesickert. Die CDU-Chefin, die energisch und selbstbewusst wirkte, stellte die Mitglieder des Teams einzeln vor. Dieter Althaus, der thüringische Ministerpräsident, der als einziger nicht in das Kabinett wechseln will, ist für den Aufbau Ost zuständig. Wolfgang Schäuble soll sich um Außen- und Europapolitik kümmern. Als Expertin für die Bereiche Gesundheit und Soziales hat Merkel die niedersächsische Sozialministerin Ursula von der Leyen nominiert.

Die Sache mit Edmund Stoiber

Für die entsprechende Kulisse hatte die CDU am Mittwoch gesorgt. Wie schon bei der Kür Merkels zur Kanzlerkandidatin standen Wahlkampf-Mitarbeiter auf den Emporen des Lichthofs der CDU-Zentrale und klatschten Beifall. Für Heiterkeit auch bei den anwesenden Journalisten sorgte ein Seitenhieb Merkels gegenüber Stoiber. "Über Edmund Stoiber und seine Rolle haben wir gemeinsam und jeder für sich alleine oft gesprochen." sagte sie. Und fügte hinzu: "Wir kriegen doch immer wieder die gleichen Fragen gestellt. Ich will nur darauf hinweisen, so dass ich keine weiteren längeren Reden mehr halten muss". Stoiber hat sich bislang noch nicht festgelegt, ob er in ein Kabinett Merkel eintreten will. Im Prinzip geht die CDU nun davon aus, dass Stoiber in München bleibt. Weil Stoiber als CSU-Chef aber zu jedem Zeitpunkt ein Anrecht auf einen Ministerposten hat, schreckt Merkel davor zurück, ihr Team als Kabinettsvorschlag darzustellen.

Müller kümmert sich um Wirtschaft

Für den Bereich Innovation, Forschung und Bildung hat Merkel die baden-württembergische Kultusministerin Anette Schavan auserkoren. "Sie steht für eine wertegebundene und entschlossene Reformpolitik. Sie hat immer wieder den Mut gehabt, sehr unbequeme und sehr harte Diskussionen durchzustehen", sagte Merkel. Für den Bereich Kultur ist der CDU-Abgeordnete Norbert Lammert zuständig, um die Landwirtschaft und den Verbraucherschutz kümmert sich die CSU-Abgeordnete Gerda Hasselfeldt. Peter Müller, der saarländische Ministerpräsident, ist für die wichtigen wirtschaftspolitischen Belange verantwortlich.

"Eine Familie hat Vater und Mutter"

Mit besonderer Spannung war der Auftritt Kirchhofs erwartet worden. "Professor Kirchhof ist parteilos und trotzdem der Union aufs Engste verbunden", sagte Merkel - und lobte die fachliche Kompetenz des Heidelberger Jura-Professors. "Er ist Vorkämpfer eines vereinfachten Steuerrechts ohne Schlupflöcher. Deutschland braucht ein radikal vereinfachtes Steuersystem." Kirchhof selbst bemühte sich darum, sich als Merkel-kompatibel darzustellen. Er bekannte sich eindeutig zu dem Wahlprogramm der Union, das auch die von ihm noch vor Monatsfrist kritisierte Mehrwertsteuer-Erhöhung beinhaltet. "Hier liegt ein Programm vor, das sagt, wir wollen eine grundsätzliche Erneuerung des deutschen Steuersystems", sagte der Ex-Verfassungsrichter. Auch Kritik an seinem Verständnis der Rolle der Frau trat Kirchhof offensiv entgegen. "Mir ist klar, dass eine Familie Vater und Mutter hat. Die Entscheidung über die Arbeitsteilung fällt in die Autonomie der Familie. Die Frau in der Küche und der Mann draußen, das ist nicht mehr die Frage der Zukunft", sagte er. Er wies auch darauf hin, dass er sich den Seitenwechsel von der Wissenschaft in die Politik wohl überlegt habe. "Ich habe mir diesen Wechsel vom Amt des Hochschullehrers in die Arena der politischen Auseinandersetzungen sehr sorgfältig überlegt."

Union legt in Umfragen zu

Trotz der Auseinandersetzungen um die Ost-Schelte Edmund Stoibers hat sich die Perspektive der Union in den Umfragen in der vergangenen Woche verbessert. In Ost und West konnte sie zulegen, so dass sie nach Daten des Meinungsforschungsinstituts Forsa derzeit auf insgesamt 43 Prozent der Stimmen kommt. Gegenüber der Vorwoche bedeutet das ein Plus von einem Prozentpunkt. Gemeinsam mit der FDP, die einen Anteil von sieben Prozent gewinnt, hätte eine schwarz-gelbe Regierung demnach eine Mehrheit von 50 Prozent.

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