Nach dem Fund einer Paketbombe im Kanzleramt untersucht das Bundeskriminalamt (BKA) mögliche Zusammenhänge mit einer Anschlagserie in Griechenland. Mitarbeiter des Bundeskriminalamts seien auf dem Weg nach Athen, sagte BKA-Chef Jörg Ziercke am Mittwoch in Wiesbaden. Am Dienstag war in der Poststelle des Kanzleramts eine Paketbombe aus Griechenland entdeckt und entschärft worden, die an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) adressiert war.
Ziercke betonte zwar, dass noch keine konkreten Ergebnisse der kriminaltechnischen Untersuchung vor. Nach einer ersten Einschätzung sei die Sprengvorrichtung baugleich mit den in Athen verwendeten. Die Paketbombe sei beim routinemäßigen Röntgen entdeckt worden. "Es lagen im Vorfeld keine Hinweise auf verdächtige Post- oder Paketsendungen vor", sagte Ziercke. Die Ermittler gehen aber davon aus, dass die Sprengladung auch wirklich hätte explodieren können.
Unklar ist noch, wie das Paket von Griechenland nach Deutschland kam. "Es liegt nahe, dass das auf dem Luftweg erfolgt sein muss", sagte der BKA-Chef. Es gebe derzeit aber keine Hinweise, dass weitere Paketbomben von Griechenland nach Deutschland verschickt worden seien.
Zahl der Ermittlungsverfahren deutlich gestiegen
In einem Gespräch mit "Bild" hatte Ziercke bereits vor möglichen Terror-Anschlägen in Deutschland gewarnt. Es gebe "in Bezug auf Deutschland weiterhin eine hohe abstrakte Gefährdungslage, ein starkes Grundrauschen, das uns zu erhöhter Wachsamkeit zwingt", sagte der BKA-Chef. Erkenntnisse über konkrete Anschlagsplanungen islamistischer Zellen lägen dem BKA aber nach wie vor nicht vor: Alle Überlegungen hinsichtlich möglicher Anschlagsziele in Deutschland seien "reine Spekulation".
Neben dem Bombenfund im Kanzleramt waren am Freitag auf Flughäfen in Großbritannien und Dubai zwei im Jemen aufgegebene Paketbomben entdeckt worden, die an jüdische Einrichtungen in den USA adressiert waren. Eine der Bomben war am Flughafen Köln/Bonn umgeladen worden.
Die Bombenfunde deutet Ziercke als Zeichen für die gute Zusammenarbeit der internationalen Sicherheitsbehörden. "Wir haben Grund zur Sorge, vor allem zur Vorsorge - aber nicht zur Panik", unterstrich Ziercke. Es gebe jedoch Erkenntnisse, über die er aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sprechen könne: "Es gibt immer Verdachtslagen, denen wir nachgehen." Der BKA-Chef wies darauf hin, dass die Zahl der einschlägigen Ermittlungsverfahren mit derzeit 385 deutlich angestiegen sei.
Fünf Verdächtige im Visier der Fahnder
Die griechische Polizei hat unterdessen die Fahnung nach mehreren Verdächtigen eingeleitet. Die Ermittler suchten nach fünf Männern im Alter von 21 bis 30 Jahren, die dem linksextremen Milieu zugerechnet werden. Zwei Verdächtige waren bereits am Montag festgenommen worden. Bei den 22 und 24 Jahre alten Männern wurden zwei der Paketbomben gefunden, von denen eine an Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy gerichtet war. Beide waren mit Pistolen bewaffnet, einer von ihnen trug eine kugelsichere Weste.
In Athen waren am Montag und Dienstag insgesamt elf Paketbomben aufgetaucht, die an ausländische Botschaften, den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg, die europäische Polizeibehörde Europol adressiert waren. Neben dem im Bundeskanzleramt entdeckten Sprengkörper wurde eine weitere Paketbombe, die an Italiens Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi adressiert war, auf dem Flughafen von Bologna entdeckt.