Angesichts der schwierigen Vereinigung mit der WASG hat Linkspartei-Chef Lothar Bisky eindringlich für das Projekt geworben und Sensibilität im Fusionsprozess verlangt. Es gehe um eine erfolgreiche "gesamtdeutsche Partei" links von der SPD, sagte er beim Bundesparteitag in Halle/Saale. "Erst der Austausch führt zu einer besseren, schlagkräftigen Linken", rief Bisky den gut 300 Delegierten der Ex-PDS zu.
Die Fusion sei "die Aufgabe der Stunde, und wir werden sie lösen", bekräftigte Bisky. Alleingänge von WASG-Landesverbänden würden "die Lage ganz erheblich erschweren". Er spielte dabei auf die Landesverbände Berlin und Mecklenburg-Vorpommern an: Diese halten bislang daran fest, bei den Landtagswahlen im Herbst in Konkurrenz zur Linkspartei anzutreten, was gegen das Kooperationsabkommen beider Parteien verstoßen würde.
Lafontaine sieht die Linke mit Rücken zur Wand
Auch der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Oskar Lafontaine, appellierte an die Delegierten: "Zu lange steht die Linke mit dem Rücken zur Wand. Deswegen muss sie sich sammeln." Der Prozess der Fusion müsse energisch angegangen werden.
Lafontaine sagte, es sei nicht zu tolerieren, dass Landesverbände diese generelle Linie verlassen. Das müsse der Parteitag zum Ausdruck bringen. Der Berliner Verband dürfe nicht unter dem Namen WASG zur Wahl antreten. Entscheiden über diese Frage wollte der Sonderparteitag am Samstagabend oder am Sonntag.
Zur gleichen Zeit forderte Linkspartei-Vize Katja Kipping die Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) bei deren Parteitag in Ludwigshafen zum Festhalten an den Fusionsplänen auf. Der WASG-Vorsitzende Klaus Ernst bekräftigte den Willen seiner Partei zum Zusammenschluss.
Die Spitze der Linkspartei ist offenbar notfalls entschlossen, das Parteiprojekt auf anderen Wegen verwirklichen. "Nach Lage der Dinge werden nicht alle, die jetzt in der WASG organisiert sind, den Weg dahin mitgehen wollen", sagte Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch. Die WASG-Streitereien nannte er "zunehmend nervend".

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"Manche Schwierigkeiten, viele Vorteile"
Die WASG-Gründung sei auch "praktische Kritik an der PDS" gewesen, räumte Bisky in seiner Rede ein. "In diesem Parteineubildungsprozess müssen und wollen auch wir selbst uns verändern." Die bis Mitte 2007 geplante Vereinigung von Linkspartei und WASG sei "Neuland", und es werde "sicher noch manche Schwierigkeit" auf diesem Weg geben. Bisky: "Aber er bringt uns auch viele Vorteile." Denn mit ehemaligen Sozialdemokraten, Gewerkschaftern und auch früheren Grünen könne die Linkspartei ihre Identität erweitern.
Der Parteichef drückte bewusst aufs Tempo: Er könne sich auch eine um einige Monate vorgezogene Fusion vorstellen. Dabei komme es aber maßgeblich auf die Entscheidungen der WASG an. "Ich bin da eindeutig für Vertragstreue."
Fusion in der WASG heftig umstritten
Die Wahlalternative wollte am Wochenende vor allem den Umgang mit ihrem Berliner Landesverband klären, der gegen Beschlüsse der Bundesspitzen beider Parteien bei der Abgeordnetenhauswahl im September gegen die in Berlin mitregierende Linkspartei antreten will. Ähnliches plant der WASG-Verband Mecklenburg-Vorpommern.
Linkspartei-Vize Kipping sagte in ihrem Grußwort beim WASG-Parteitag, beide Parteien müssten gemeinsam um eine Lösung der anstehenden Probleme ringen, statt davor zu kapitulieren. Sie forderte, der Parteitag in Ludwigshafen solle sich "deutlich" gegen Wahlantritte von WASG-Landesverbänden in Konkurrenz zur Linkspartei aussprechen. Für den Prozess der Parteibildung brauche es "ein gewisses Maß an Verlässlichkeit". Dass der Weg zu einer gemeinsamen Partei steinig werde, sei von Anfang an klar gewesen - zuletzt seien allerdings einige "recht große Felsen" auf diesen Weg gekommen.
WASG-Chef Ernst räumte in Ludwigshafen ein, der Prozess der Parteibildung sei in seiner Partei "heftig umstritten". Aber nur mit dem Zusammenschluss könne eine starke gesellschaftliche Kraft geschaffen werden. Ernst verlangte von den Delegierten eine Entscheidung zu den WASG-Landesverbänden, die sich in Konkurrenz zur Linkspartei begeben wollen.
Bisky wiedergewählt
Auf dem Parteitag der Linkspartei standen außerdem Wahlen an: Lothar Bisky wurde alsParteivorsitzender im Amt bestätigt. Der 64-Jährige erhielt eine Zustimmung von 88,5 Prozent: 315 von 356 Delegierten stimmten für und 32 gegen ihn, 9 enthielten sich. Bisky hatte keinen Gegenkandidaten.
Der Bundestagsabgeordnete steht mit Unterbrechungen mittlerweile seit mehr als zehn Jahren an der Spitze der Partei. Bei seiner Wahl im Jahr 2004 hatte Bisky 89,9 Prozent der Stimmen erhalten.