Horst Seehofers Mannschaft ist typisch Horst Seehofer.
Erstens: Geprägt von taktisch-regionalen Entscheidungen. So durfte ein Marcel Huber nicht Landwirtschaftsminister werden, was er fachlich gut gekonnt hätte, aber leider Oberbayer ist. Das half dem Niederbayern Helmut Brunner auf den Ministerstuhl.
Zweitens: Geprägt von wahlstrategischen Überlegungen. Weil die CSU nirgendwo mehr schwächelt als bei den Frauen zwischen 25 und 50, akzeptierte er drei Kabinettsmitglieder weiblichen Geschlechts, wobei er an der Ex-CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer nicht vorbeikam, da der CSU talentierte Nachwuchspolitikerinnen fehlen. Weil schon in der alten Mannschaft drei Ministerinnen saßen, berief er auf den von ihm geräumten Berliner Posten des Bauernministers Ilse Aigner. Zwar wäre es sinnvoller gewesen, den bereits en detail eingearbeiteten Agrarstaatssekretär Gerd Müller für die restlichen zehn Monate bis zur Bundestagswahl zu berufen, aber da war Seehofer der von ihm so geliebte Aha-Effekt wichtiger als die Arbeits-Ökonomie.
Senioren sind out
Drittens: Geprägt von der grundsätzlichen Einsicht, dass die CSU von heute nicht länger mit einem Team wie aus dem Seniorenheim daherkommen kann, wenn sie wieder auf 50 Prozent im Freistaat klettern will. Endlich darf damit Markus Söder einen richtigen Ministerhut tragen, sich als Umweltmann profilieren, was er unbedingt wollte. Weitaus bemerkenswerter ist jedoch die Berufung des Freiherrn zu Guttenberg zum neuen CSU-Generalsekretär. Das ist keineswegs nur dem wichtigen Proporz der CSU-Bezirke geschuldet. Denn zu Guttenberg ist zwar Vorsitzender des Bezirks Oberfranken.
Aber er ist der Mann einer CSU, den man im Polit-Geschäft bislang eher seltener gesehen hat. Hoch gebildet, immer höflich, ein weithin angesehener außenpolitischer Experte in Berlin, eines der größten CSU-Talente. Einer, der sich in der Berliner Szene auskennt, was wichtig ist für den kommenden Bundestagswahlkampf. Einer, der weiß, wie Europapolitik läuft und seiner Partei bei den bevorstehenden Europawahlen sachkundiger Ratgeber sein kann. Noch nie war zu Guttenberg in eher dubiose innerparteiliche Konflikte verstrickt, was ihn wohltuend von Markus Söder und zahlreichen anderen CSU-Pappkameraden unterscheidet. Mit dieser Mannschaft lässt sich regieren, wobei das größte Fragezeichen darin besteht, dass der Politiker Seehofer selbst bisher nie ein Teamspieler war.
Bundestagswahlkampf mit Schwachstellen
Mit Blick auf die Bundestagswahl wäre es natürlich konsequent gewesen, auch Bundeswirtschaftsminister Glos der Bundeskanzlerin zum Austausch frei zu geben, doch den Handstreich hat Seehofer sich nicht zugetraut. Eine erhebliche Schwachstelle für CSU wie CDU muss damit durch einen Bundestagswahlkampf geschleppt werden, der aller Voraussicht nach sehr stark wirtschaftspolitisch geprägt sein wird.
Der über Seehofers Erfolg oder Misserfolg entscheidende Punkt liegt allerdings außerhalb der Personalpolitik. Er muss sehr schnell beweisen, dass der Untergang der CSU bei der letzten Wahl seine Ursache nicht auch im Niedergang aller europäischen Volksparteien gehabt hat, sondern nur in einer kurzfristigen Formschwäche der dafür verantwortlichen Akteure.
Wähler haben die CSU satt
Vieles spricht dafür, dass die CSU-Pleite darauf zurück zu führen ist, dass eben auch bei ihr die alternativlose Fixierung der Wähler auf eine Partei zu Ende geht. Dass Individualisierung der politischen Entscheidung im Wahllokal stattfindet. Und dass die freien Wähler die autoritäre Gängelung durch die CSU gründlich satt haben und daher - durchaus bürgerlich - auf FDP und Freie Wähler ausgewichen sind. Wieweit Seehofer diesen Prozess rückgängig machen kann bei der Europawahl und der Bundestagswahl im nächsten Jahr, das entscheidet über seine politische Zukunft. Nicht nur seine, auch über jene der Angela Merkel.