Regierungserklärung der Bundeskanzlerin Steinbrück brandmarkt Finanzplan als "Spardiktat"

Angela Merkel hatte den EU-Finanzrahmen als wachstumsfördernd gelobt. Nun greift der SPD-Kanzlerkandidat an. Der beschwerlich ausgehandelte Kompromiss bringe andere Länder zunehmend in "Verelendung".

SPD-Herausforderer Peer Steinbrück hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Mitverantwortung für ein schädliches "Spardiktat" in Europa vorgeworfen. Die Bundesregierung sei bei den Verhandlungen zum EU-Finanzplan treibende Kraft für einen Kurs gewesen, "der andere Länder zunehmend in Depression und Verelendung hineinbringt", sagte Steinbrück am Donnerstag im Bundestag. Das Konzept sei ungeeignet zur Ankurbelung des Wachstums.

Der Kanzlerkandidat hielt Merkel vor, beim jüngsten EU-Gipfel eine "unheilige Kürzungsallianz" mit dem britischen Premier David Cameron gesucht zu haben. "Wer in Zukunft mehr Europa will, der braucht Partner, die ihre Zukunft auch in Europa sehen", sagte er mit Blick auf die starke Position der Europaskeptiker in Großbritannien.

Steinbrück kritisierte die Ankündigung zusätzlicher Mittel gegen Jugendarbeitslosigkeit als "makaberen Etikettenschwindel", da sie aus Einsparungen in anderen Fonds stammten. Die Beschlüsse des EU-Gipfels dürften auf erhebliche Widerstände im Europaparlament treffen.

Der Kanzlerkandidat forderte Merkel auf, bei der raschen Einführung einer Finanztransaktionssteuer Wort zu halten. Davon sei auch eine Unterstützung der Opposition bei möglichen weiteren Krisenmaßnahmen abhängig. Steinbrück nannte Merkel eine "Last-Minute-Kanzlerin" mit Neigung zum Nicht-Handeln, Noch-Nicht-Handeln und Lavieren.

Merkel: "Ergebnis, das sich sehen lassen kann"

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bei ihrer Regierungserklärung die Einigung der EU-Chefs zur mittelfristigen Finanzplanung der Europäischen Union als guten Kompromiss gelobt. Der Finanzrahmen für 2014 bis 2020 ermögliche mehr Wettbewerb sowie eine nachhaltige Stabilisierung des Euro und sei ein klares Signal für mehr Wachstum und Beschäftigung, sagte Merkel. "Heute haben wir ein Ergebnis (...), das sich sehen lassen kann."

Sie erwarte noch Diskussionen mit dem EU-Parlament. "Ich weiß, dass es noch harte Diskussionen mit dem Parlament geben wird", sagte Merkel. Aber alle gemeinsam seien gut beraten, auch hier nicht vorrangig das Trennende zu sehen, sondern sich auf das Verbindende zwischen Rat und Parlament zu konzentrieren.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Finanzplanung 2014 bis 2020

Dem EU-Parlament seien weitgehende Angebote gemacht worden, betonte Merkel. Sie verwies darauf, dass es künftig mehr Flexibilität bei ungenutzten Mitteln geben solle sowie eine Überprüfungsklausel, die eine Anpassung des Finanzrahmens erlauben könnte. Das Europaparlament lehnt den Gipfelkompromiss ab. Ohne Zustimmung der EU-Abgeordneten wäre die Einigung hinfällig.

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich vor knapp zwei Wochen in Brüssel auf einen Kompromiss verständigt. Er sieht für die Jahre 2014 bis 2020 Verpflichtungs-Ermächtigungen von 960 Milliarden Euro vor. Die tatsächlichen Zahlungen belaufen sich auf 908,4 Milliarden Euro. Damit gibt es erstmals inflationsbereinigt keinen Zuwachs gegenüber einem vorangegangenen Finanzrahmen.

DPA
lin/DPA