Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat allen Spekulationen über ein Ende der schwarz-roten Koalition wegen des Rentenstreits und eine mögliche Minderheitsregierung eine klare Absage erteilt. Beim Wirtschaftsgipfel der "Süddeutschen Zeitung" antwortete der CDU-Chef auf die Frage, ob das Bündnis mit der SPD in einem Jahr noch existieren werde: "Ja, selbstverständlich." Und die Idee einer Minderheitsregierung der Union kommentierte er mit den Worten: "Das ist aus meiner Sicht ausgeschlossen, so etwas zu machen."
Zuvor hatten Medien berichtet, in der Union werde das Szenario einer Minderheitsregierung bereits durchgespielt. Hintergrund ist der Streit über das geplante Rentenpaket der Regierung. Die 18 Abgeordneten der Jungen Gruppe in der Unionsfraktion haben mit einer Ablehnung gedroht, falls es keine Änderungen gibt. Damit ist eine eigene Mehrheit der Koalition für den Gesetzentwurf in Gefahr. Merz, der dem Paket im Kabinett zugestimmt hat, lehnt Änderungen ebenso ab wie der Koalitionspartner SPD.
Merz, Söder und Klingbeil bleiben bei Zeitplan
Sollte es zu einer Blockade des Gesetzes kommen, würde das die Koalition in eine existenzielle Krise stürzen. Merz, Vizekanzler Lars Klingbeil von der SPD und CSU-Chef Markus Söder machten aber deutlich, dass sie das Rentenpaket wie geplant noch in diesem Jahr verabschieden wollen - also spätestens am 19. Dezember, dem letzten Sitzungstag des Bundestags vor Weihnachten. Das Gesetz soll am 1. Januar in Kraft treten.
"Ich wünsche mir, dass wir diese Diskussion zum Jahresende abgeschlossen haben", sagte Merz beim "SZ"-Wirtschaftsgipfel. Er wies darauf hin, dass auch die vorgesehene Einführung einer "Aktivrente" mit Anreizen für längeres Arbeiten im Rentenpaket steckt. "Wenn wir am 1. Januar 2026 die "Aktivrente" haben wollen, und ich will sie zum 1. Januar 2026 haben, dann müssen wir dieses Gesetzgebungspaket noch durch den Bundestag bringen." Es müsse dann zudem noch durch den Bundesrat, der ebenfalls am 19. Dezember tagt.
Auch Söder nannte es "sinnvoll", die Beratungen in diesem Jahr zum Abschluss zu bringen. "Verschieben ist Unsinn", sagte der bayerische Ministerpräsident.
Klingbeil forderte bei seiner China-Reise, dass man bei der "Aktivrente", bei der Mütterrente und bei der Haltelinie für das Rentenniveau jetzt sehr schnell vorankommen müsse. "Das ist alles besprochen, und von meiner Seite aus kann das jetzt im Parlament beschlossen werden", fügte er hinzu.
Folgt die Fraktion ihrem Kanzler noch?
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Auf die Frage, ob er glaube, dass die Unionsfraktion ihrem Kanzler überhaupt noch folge, antwortete Klingbeil einsilbig: "Ja." Schon bei der Wahl neuer Verfassungsrichter hatte ein Teil der Unionsfraktion im Juli erfolgreich gegen Personalvorschläge rebelliert, die zwischen den Fraktionsspitzen eigentlich bereits vereinbart waren.
Die Spekulationen über eine Minderheitsregierung der Union hält Merz trotz aller Schwierigkeiten innerhalb der Koalition für abwegig. "Glaubt denn irgendjemand ernsthaft, wir könnten in diesem Deutschen Bundestag mit wechselnden Mehrheiten arbeiten und da noch vernünftige Gesetzgebungsarbeit machen?", fragte er. "Mit Verlaub: Das ist doch nicht zu Ende gedacht. Das haben wir in Deutschland noch nie gehabt."
Es gab schon mehrere Minderheitsregierungen - aber immer nur kurz
Das stimmt allerdings so nicht. Es hat mehrere Minderheitsregierungen auch auf Bundesebene gegeben, allerdings immer nur für kurze Phasen. Zuletzt führte Merz' Vorgänger Olaf Scholz (SPD) nach dem Bruch der Ampel-Koalition im November 2024 für ein halbes Jahr eine Minderheitsregierung. Um ein solches Modell erneut herbeizuführen, müsste es zum Bruch der Regierung kommen, und die SPD-Minister müssten entlassen werden oder zurücktreten.
Die Union hätte dann keine eigene Mehrheit mehr im Parlament und müsste sich für jede Entscheidung zusätzliche Stimmen in der Opposition suchen: neben der dann oppositionellen SPD weiterhin die Grünen, die Linke und die AfD. Da die Union eine Zusammenarbeit mit AfD und Linke kategorisch ausschließt, blieben mit der SPD und den Grünen nur zwei potenzielle Kooperationspartner.
Es geht um eine einzige Formulierung
Die jungen Abgeordneten der Union stoßen sich an einer einzigen Formulierung im Rentengesetzentwurf, nach der auch nach 2031 das Rentenniveau um rund einen Prozentpunkt höher als im geltenden Recht liegen soll. Sie monieren, dass das nicht im Koalitionsvertrag vereinbart worden sei und 118 Milliarden Euro zusätzlich kosten würde. Merz und Klingbeil haben eine Änderung ausgeschlossen. Der Kanzler hat aber vorgeschlagen, den Bedenken der Jungen Union in einem Entschließungsantrag Rechnung zu tragen.
Wie die Opposition sich bei einer Abstimmung über das Rentenpaket verhält, ist bisher nur teilweise klar. Die Grünen wollen nicht zustimmen, weil ihnen substanzielle Reformschritte fehlen. Die Linke hat sich noch nicht auf ein Abstimmungsverhalten festgelegt.