Spannungen Struck verärgert

Bundesverteidigungsminister Struck zeigte sich verärgert und überrascht über den polnischen Vorschlag. Danach sollen sich Deutschland und Dänemark mit Polen an der geplanten multinationalen Stabilisierungstruppe im Irak beteiligen.

Verteidigungsminister Peter Struck hat erreicht, was er erreichen wollte - und das war eigentlich nicht so viel. Aber seine Reise nach Washington war ein kleiner Schritt auf dem steinigen Weg, das schwer beschädigte deutsch-amerikanische Verhältnis wieder zu reparieren. Das bezeichnete er als Erfolg. Struck testete die Stimmung. Und die Botschaft aus den USA an Bundeskanzler Gerhard Schröder lautete, dass alle Ebenen zur Wiederannäherung bereit seien, nur eine nicht: die höchste - US- Präsident George Bush. Daran könnten die beiden aber nun nur selber arbeiten, hieß es.

Spätestens Anfang Juni werden sich Bush und Schröder beim Weltwirtschaftsgipfel in Frankreich sehen. Dort wird dann wieder jede Handbewegung der beiden registriert werden, um das deutsch- amerikanische Verhältnis zu bewerten. In Diplomaten-Kreisen wird aber gehofft, dass der Faden bereits vorher wieder aufgenommen wird. Berlins Anstoß zur Debatte über einen NATO-Einsatz im Irak könnte die Tür für eine Verständigung mit den USA öffnen, da es für einen NATO- Einsatz aus deutscher Sicht nicht unbedingt ein UN-Mandat geben muss.

Struck stand alleine da

Insofern könnte Strucks Besuch zur Verbesserung der Atmosphäre beigetragen haben. Doch in Washington stand er noch nach allen drei hochrangigen Treffen - mit US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice und dem stellvertretenden Außenminister Richard Armitage - alleine da. Ohne einen seiner Gesprächspartner berichtete er vor dem Außenministerium in wenigen Minuten über die Begegnungen. Das einzig konkrete Ergebnis war die Vereinbarung mit Rumsfeld, dass Deutschland die US-Einrichtungen nach Ende des Irak-Krieges nicht mehr mit 3100, sondern nur noch mit 2200 Soldaten schützen muss.

Ein deutsches "Gastgeschenk" soll es nicht gegeben haben. Aus Regierungskreisen verlautete aber, dass möglicherweise über eine von den USA befürwortete Ausweitung der Schutztruppe in Afghanistan über Kabul hinaus gesprochen werden könne. Voraussetzung dafür sei aber ein Bundestagsmandat. Außerdem wurden die Berliner Überlegungen über den NATO-Einsatz im Irak als Wille zum Kompromiss beschrieben.

Im November, als der Streit über den Irak-Krieg schon in vollem Gange war, hatte sich Rumsfeld im Pentagon noch neben Struck gestellt und das Verhältnis als "nicht vergiftet" bezeichnet. Diesmal vermied Rumsfeld einen gemeinsamen Auftritt. Er habe die informelle NATO- Tagung zur Zusammenarbeit mit der Ukraine leiten müssen, Armitage sei kurz nach dem Gespräch mit Struck auf Dienstreise gegangen. Und mit Rice sei so etwas nicht geplant gewesen, lauteten die deutschen Erklärungsversuche.

Struck verärgert über polnischen Amtskollegen

Richtig verärgert war Struck aber, dass er in Washington von seinem polnischen Amtskollegen Jerzy Szmajdzinski mit der Nachricht überrascht wurde, Deutschland und Dänemark sollten sich doch mit Polen an der geplanten multinationalen Stabilisierungstruppe im Irak beteiligen - und zwar schon im Juli. Damit übt Polen Handlungsdruck aus, was in Berlin als Affront empfunden wird. Der Vorschlag war mit Berlin nicht abgestimmt - aber mit den USA, wie der CSU- Verteidigungsexperte Christian Schmidt meint.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Denn das künftige EU-Mitglied Polen soll auf US-Wunsch eine herausgehobene Rolle in der internationalen Truppe im Irak spielen und einen von drei geplanten Sektoren kontrollieren. Und Warschau setzt dabei auf die Hilfe des in Szczecin (Stettin) stationierten multinationalen Korps Nordost, das Dänemark und Deutschland mit Polen nach dessen NATO-Beitritt 1999 aufstellten. Rumsfeld könnte die neue Rollenverteilung zwischen Polen und Deutschland gefallen haben.

Struck sieht in seiner Reise einen Schritt auf dem Weg zur Normalität. "Doch was war vor dem Krieg normal?", fragte ihn ein Journalist in Washington und fügte hinzu, dass unter deutsch- amerikanischer Normalität Freundschaft verstanden wurde. Und dass die Bundesrepublik eine herausgehobene Stellung für die USA hatte.

DPA
Kristina Dunz