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Streit um Atommüll-Entsorgung Schein-Kompromiss soll Endlagergesetz retten

Einigung bei der Suche nach einem Atommüll-Endlager: Um das Endlagersuchgesetz noch vor der Wahl zu verabschieden, haben Bund und Länder den Hauptstreitpunkt einfach vertagt.

Ein Kompromiss zwischen Bund und Ländern hat das Gesetz für eine neue Atommüll-Endlagersuche gerettet. Demnach sollen die Zwischenlager erst bis Anfang 2014 bestimmt werden, in denen 26 verbleibende Castor-Behälter aus der Wiederaufarbeitung im Ausland aufbewahrt werden sollen. Das beschlossen die Ministerpräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung am Donnerstag in Berlin, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Länderkreisen erfuhr. Eigentlich war eine Klärung der Frage Bedingung für eine Verabschiedung des Suchgesetzes.

Damit könnte der Bundestag bis Ende Juni und der Bundesrat am 5. Juli das Gesetz beschließen. Bis 2015 soll eine 24-köpfige Kommission zunächst die Grundlagen und Kriterien bei der Suche erarbeiten. Bis Ende 2031 soll das Endlager bestimmt sein. Die Suche dürfte über zwei Milliarden Euro kosten - in den seit 1977 favorisierten Salzstock Gorleben wurden schon 1,6 Milliarden Euro investiert. Kritiker halten ihn für zu unsicher, um die strahlende Fracht sicher einzuschließen.

Welches ist das dritte Zwischenlager?

Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hatte Donnerstagmorgen ein 7-Punkte-Papier vorgelegt, das von den Bundesländern bei der Ministerpräsidentenkonferenz angenommen wurde. Die Bestätigung des Kompromisses bei einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Nachmittag dürfte reine Formsache sein. Besonders Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig und Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) hatten auf verbindliche Klarstellungen gepocht. Damit aus Zwischenlagern bei den Atomkraftwerken keine schleichenden Endlager werden, wird ihre Betriebsdauer auf 40 Jahre begrenzt.

Offen bleibt aber mit dem Kompromiss eine notwendige dritte Zwischenlageroption neben Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) und Philippsburg (Baden-Württemberg). SPD und Grüne hatten Biblis in Hessen ins Spiel gebracht, was die dortige CDU/FDP-Regierung ablehnt. Nach der Landtagswahl in Hessen am 22. September könnte sich die Lage hier ändern, SPD und Grüne dort sind jetzt schon zur Aufnahme bereit.

Veto-Recht der Bundesländer

Die Bundesländer sollen ein Veto-Recht bekommen, wenn sie mit einer Einlagerung in Zwischenlager bei ihnen nicht einverstanden sind. Die Castoren sollen nicht mehr wie bisher in das Zwischenlager Gorleben, um keine neuen Fakten für ein Endlager im nahen Salzstock zu schaffen. Der soll im neuen Suchverfahren ergebnisoffen mit Alternativen verglichen werden und könnte jederzeit rausfallen. Der Einlagerstopp in Gorleben soll gesetzlich festgeschrieben werden.

Mit den AKW-Betreiben sollen alle Details bis Anfang 2014 geklärt werden - die Zusatzkosten in womöglich dreistelliger Millionenhöhe für die Unterbringung in anderen Zwischenlagern als Gorleben soll wahrscheinlich der Steuerzahler übernehmen. Ab 2015 werden noch 21 Behälter aus dem britischen Sellafield erwartet, die per Schiff in norddeutschen Häfen ankommen werden. Die fünf noch ausstehenden Castoren aus dem französischen La Hague sollen per Zug nach Philippsburg.

Zunächst nur Lager in rot-grünen Bundesländern

Altmaier hatten den Ländern zunächst nur Zwischenlager in rot-grün regierten Ländern als dritte Option vorgeschlagen. Er verwies in einer Vorlage für das Treffen mit den Ministerpräsidenten auf Brokdorf (Schleswig-Holstein) und Unterweser (Niedersachsen) als mögliche Standorte für die Zwischenlagerung der zurückkehrenden Castoren. Lubmin im rot-schwarz regierten Mecklenburg-Vorpommern wird mit nur drei Stellplätzen als Außenseiter genannt. Allerdings lehnten Niedersachsen und Schleswig-Holstein das Ansinnen umgehend ab.

Bei dem dritten Lager soll nun nicht wie bisher geplant das Kriterium kürzeste Transportwege vom Hafen zum Lager entscheidend sein. Auch die Sicherheit des Lagers und die Kosten für eine möglicherweise notwendige Umrüstung sollen in die Überlegungen einfließen - denn bisher wurde dieser hoch radioaktive Atommüll nur im Zwischenlager Gorleben gelagert. Bundesrat und Bundestag sollen die Bestimmung der drei Zwischenlager in gesonderten Abstimmungen 2014 - also nach der Wahl - absegnen.

anb/DPA/Reuters DPA Reuters

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