Der Bund der Vertriebenen (BdV) hält an der Berufung seiner Präsidentin Erika Steinbach in den Beirat der Stiftung des geplanten Zentrums gegen Vertreibung fest. "Wir werden am Dienstag von unserem Vorschlagsrecht Gebrauch machen und natürlich Frau Steinbach vorschlagen", kündigte der Vizechef des Vertriebenenverbandes Christian Knauer in der "Augsburger Allgemeinen" an. Man wolle die Entsendung Steinbachs notfalls per Gericht durchsetzen. Damit scheint ein Koalitionskrach unmittelbar vor der ersten Klausur der neuen schwarz-gelben Regierung unausweichlich.
Das Präsidium des Vertriebenenverbandes trifft sich am Dienstag in Frankfurt am Main - parallel zur Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg bei Berlin. Die Berufung Steinbachs in den Beirat war bereits im Frühjahr am Widerstand der SPD in der Großen Koalition gescheitert. Der Vertriebenenverband verzichtete deshalb zunächst auf eine Nominierung und ließ einen seiner drei Sitze in dem 14-köpfigen Gremium frei.
Westerwelle will von Veto-Recht Gebrauch machen
Die FDP nimmt jetzt dieselbe Haltung ein wie damals die Sozialdemokraten. Außenminister Guido Westerwelle wandte sich am Montag erneut kategorisch gegen die Berufung der CDU-Politikerin in den Stiftungsbeirat, auch aus Rücksicht auf die polnischen Nachbarn. Ein Ziel der Stiftung sei letztlich die Versöhnung. "Deswegen kann ich als Außenminister Entscheidungen nicht treffen, die diesem Versöhnungsgedanken entgegenstehen, und ich werde sie auch nicht treffen", sagte der FDP-Chef, der bei der Entscheidung im Bundeskabinett ein Veto-Recht hat.
Persönliche Interessen müssten zurückgestellt werden, wenn es um die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen gehe, sagte der Vizekanzler. Er verwies darauf, dass Steinbach Anfang der 90er Jahren im Bundestag gegen eine Anerkennung der Grenze zwischen beiden Ländern entlang der Flüsse Oder und Neiße gestimmt hat. Diese Entscheidung sei "auch in Polen auf sehr viel Kritik und Verwunderung gestoßen".
"In hohem Maße unpatriotisch"
Die CSU stellte sich dagegen erneut hinter Steinbach und forderte Respekt vor der Entscheidung der Vertriebenen. "Wir stehen an ihrer Seite, auch was die Person Erika Steinbach betrifft", sagte Parteichef Horst Seehofer. Sollte Westerwelle eine Nominierung Steinbachs blockieren, "dann wäre Gesprächsbedarf im Koalitionsausschuss". Unions-Fraktionsvize Michael Kretschmer (CDU) bezeichnete das Verhalten Westerwelles im Kölner "Express" als "in hohem Maße unpatriotisch".
Die SPD forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, den "unwürdigen Streit" zu beenden. "Sie muss dem Bund der Vertriebenen deutlich sagen, dass das Bundeskabinett einer Ernennung von Frau Steinbach für den Beirat der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" nicht zustimmen wird", sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Der Dauerstreit wachse sich "zu einer Belastung des deutsch-polnischen Verhältnisses aus", fügte der frühere Außenminister hinzu.