Tarifkonflikt Scherf will schlichten

Der Tarifkonflikt im Öffentlichen Dienst sorgt weiter für Spannungen in der Großen Koalition. Ein Schlichtungsverfahren wird immer wahrscheinlicher, nachdem sich Bremens Ex-Bürgermeister Scherf bereits als Schlichter angeboten hat.

Im festgefahrenen Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes mehren sich die Forderungen nach dem Einsatz eines Schlichters. Nach der SPD-Spitze sprach sich auch die Arbeitnehmergruppe in der Unionsfraktion für einen Vermittler aus. Ihr Vorsitzender Gerald Weiß sagte der "Berliner Zeitung": "Ein Schlichter wäre im objektiven Interesse, weil die Fronten so außerordentlich verhärtet sind."

Die Spitzen von CDU und CSU lehnen eine Schlichtung allerdings strikt ab. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte der ARD: "Die Menschen in Deutschland warten auf eine Lösung. Und ich glaube, die Tarifpartner sind aus sich selbst heraus in der Lage." Zuvor hatte sich bereits CSU-Chef Edmund Stoiber deutlich gegen eine Schlichtung ausgesprochen.

Scherf und Teufel als Schlichter im Gespräch

Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" werden trotz der Ablehnung der Unionsspitze schon Namen von möglichen Schlichtern gehandelt. So seien Bremens Ex-Bürgermeister Henning Scherf und der ehemalige baden-württembergischen Ministerpräsident Erwin Teufel dafür im Gespräch. Scherf erklärte sich bereit, die Aufgabe zu übernehmen. "Wenn ich von beiden Seiten gefragt werde, würde ich nicht Nein sagen", sagte er dem "Hamburger Abendblatt".

Die SPD hatte nach ihrer Präsidiumssitzung am Montag eine Schlichtung vorgeschlagen. Ein solches Verfahren ist im Tarifkonflikt der Länder allerdings schwierig. Das bestehende Schlichtungsabkommen bietet dafür keine Grundlage. Soll es eine Schlichtung geben, müssten beide Seiten ein entsprechendes Verfahren erst verabreden.

Tarifgespräche zwischen Ländern und Gewerkschaften waren am Wochenende gescheitert. In dem Konflikt geht es der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi vor allem darum, die Anhebung der Wochenarbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden zu verhindern.

Der stellvertretende Vorsitzende der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), Ralf Stegner (SPD), warf der CDU mit Blick auf die drei Landtagswahlen Ende März in der "Abendzeitung" vor, sie hoffe, dass der Streik den "Gewerkschaften und der SPD" schade. Der TdL-Verhandlungschef Hartmut Möllring sagte dem Blatt hingegen: "Die SPD versucht, Wahlkampfgetöse zu machen."

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Kompromiss in Niedersachsens Kommunen in Sicht

Verhandlungsführer der Tarifunion des Deutschen Beamtenbundes, Frank Stöhr, beurteilt die Lage als schwierig: "Wir wissen derzeit nicht, wie das Arbeitgeberlager aufgestellt ist. Das macht eine Einigung sehr kompliziert", sagte Stöhr der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse". Stöhr wandte sich aber gegen eine Eskalation im Arbeitskampf: "Wir von der Tarifunion weiten den Streik nicht aus." Wie die "Neue Presse" berichtete, ist bei den Tarifverhandlungen für die niedersächsischen Kommunen ein Durchbruch in Sicht. Bei einem Sondierungsgespräch am Montag hätten der kommunale Arbeitgeberverband Niedersachsen und Verdi mögliche Lösungen diskutiert. Demnach ist ein Kompromiss mit einer Wochenarbeitszeit von 39 Stunden wahrscheinlich. Die Arbeitszeit von Angestellten im Dienst der Kommunen solle sich nach ihrer Belastung richten. Im Gegenzug für mehr Arbeitszeit sei ein Fortbildungstarifvertrag vorgesehen.

Die Streiks werden auch am Dienstag in zahlreichen Bundesländern fortgesetzt. Im Streit um die Arbeitszeit der 220.000 Kommunalbeschäftigten in Baden-Württemberg wollen Verdi und Arbeitgeber erneut Gespräche führen.

AP · DPA · Reuters
DPA/AP/Reuters