Wenn sogar der Tag der <linintern adr="http://www.stern.de/politik/deutschland/schnauze-wessi-zum-3-oktober-die-asamoah-verschwoerung-1734639.html">Deutschen Einheit in den Medien nur eine Randerscheinung ist, muss es schon eine sehr kuriose Woche gewesen sein. In der Tat ist die Melange aus diversen Nobelpreisen und Meldungen aus der Finanzwelt so beeindruckend, dass die teutonische Feierlaune abstinkt dagegen. Zumal das Feierpotenzial sowieso konserviert wurde für den verdienten Triumph der DFB-Jungs in der Türkei. Einem ist jedoch definitiv nicht mehr nach Feiern zumute: Helmut Kohl. Als einer von 250 Personen war er nominiert für den Friedensnobelpreis. Die Chancen standen also eins zu drei für Kohl, wenn man Lebenserfahrung, Konfektionsgröße plus Regierungsdauer mit einbezieht in die Kriterienliste. Doch der Altkanzler kann sich trösten. Der Friedensnobelpreis ist auch nicht mehr das, was er mal war. Spätestens seit der Verleihung an Barack Obama vor zwei Jahren hat sich die Aussagekraft dieses Preises grundlegend verändert.
Mittlerweile verleiht man ihn gerne an Leute, die mal in einer Rede das Wort Frieden benutzt haben. Oder die sich eventuell bemühen, kriegerische Handlungen mittelfristig nicht mehr als ultima ratio zu sehen. Und wenn der Literaturnobelpreis an einen gewissen Herrn Tranströmer geht, werden sich immer mehr intellektuelle oder politische Schwergewichte überlegen, ob sie sich überhaupt noch nominieren lassen. Kohls Umfeld tröstet sich mit der Vermutung, dass die schwedische Jury diesmal besonders viel Wert auf political correctness legte. Schwarz, Frau, Afrika ist da natürlich eine unschlagbare Troika. Und die Vergabe der Preise an drei tüchtige Damen aus Liberia und Jemen ist ein starkes Zeichen, dass man auch nördlich von Gibraltar die weitaus südlicher angesiedelten Bemühungen würdigt.
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Wobei sich natürlich jetzt auch Angela Merkel gute Karten ausrechnen wird für den Friedensnobelpreis 2012. Immerhin ist sie auch eine Frau. Gut, sie ist nicht schwarz, sondern sieht höchstens schwarz für alles, was mit Euro und Europa zu tun hat. Aber als kühle Rechnerin weiß sie, dass der Schuldenstand von Deutschland den von Liberia oder des Jemen locker toppt. Gemäß ihrem Verständnis ist es folglich wesentlich schwerer, in Deutschland Frieden zu stiften als in den endlosen Steppen Afrikas. Weshalb soll man sich kloppen, wenn es eh nichts zu verteilen gibt außer öde Dürre? Daher betont sie permanent, wie sehr der Euro als alternativloser Friedensstifter gebraucht wird. Zudem reagiert Merkel höchst moderat auf all die Attacken von allen Seiten.
Ob Beschimpfungen aus Griechenland, Unterstellungen von der Opposition oder Häme von den Koalitionspartnern: Die Kanzlerin hält ruhig Kurs, obwohl sie nicht mal einen Kurs hat. Weil sie auch keinen Kurs braucht. Solange Frieden ist, ist alles gut. Ausschreitungen wie in England oder Griechenland sind schließlich harmlos im Vergleich zu dem, was in Libyen oder Syrien stattfindet. Krieg ist erst, wenn Panzer schießen. Wenn nun Euro Frieden bedeutet, bedeuten logischerweise mehr Euro noch mehr Frieden. Die Merkelsche Friedenspfeife besteht also im Fluten der Euro-Stratosphäre mit Geld.
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Wer nachweisen kann, dass er für eine Abkürzung arbeitet, die mit E beginnt (zum Beispiel EZB, EFSF, ESM, E10), darf nach Herzenslust marode Wertpapiere aufkaufen mit frisch gedrucktem Geld. Irgendwie kommt diese Message aber bei den Ratingagenturen nicht ganz so positiv an.

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Sie stufen im Stundentakt mal Staaten, mal Banken und dann mal wieder Staatsbanken runter. Auf gut deutsch: Das Dilemma besteht darin, dass Banken so doof sind, maroden Staaten Geld zu leihen. Und im Gegenzug übernehmen marode Staaten die Schulden der doofen Banken. Streng ökonomisch gedacht müsste Merkel also den Banken und Staaten den Krieg erklären und sie am langen Hosenanzug verhungern lassen. Was natürlich ihre friedensstiftende Mission konterkarieren würde. Dass sie selbst inmitten dieses Teufelskreises nicht Amok läuft, kann ihr gar nicht hoch genug angerechnet werden. Hoffentlich registrieren das auch die Nobelfreaks in Stockholm.
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Und so wird Merkel hoffentlich frohgemut weitermachen als Mutter Theresa des Gelduniversums. Die Verschuldung wird ganz elegant durch Verschuldung ausgemerzt. Die Kanzlerin hingegen versagt sich dem Größenwahn auf ihre betont bescheidene Art: ein bisschen VW Golf, eine Woche Wandern in Südtirol und neuerdings jede Menge Rüffel vom Weltbankchef. Bodenständig bleiben, wenn alles bodenlos wird. Das scheint er zu sein, der Kurs. Stockholm, hört die Signale!