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Debatte um Wehrpflicht Die Bundeswehr hat andere Sorgen, als halbmotivierte 19-Jährige auszubilden

Ein Soldat hält in der Julius-Leber-Kaserne auf einem Übungsplatz seine Hände hinter dem Rücken
Die Bundeswehruniform tragen muss niemand, der das nicht will.  
© Robert Schlesinger / DPA
Es herrscht Krieg in Europa und manche denken laut über die Rückkehr der Wehrpflicht nach. Doch die Argumente dagegen sind auch zwölf Jahre nach dem Ende die gleichen wie bei ihrer Aussetzung 2011. 

Als die Wehrpflicht vor zwölf Jahren auslief, zogen gerade die letzten Truppen aus dem Irak ab, war Syrien noch nicht in einem fürchterlichen Bürgerkrieg versunken und ahnte niemand, dass Russland der Ukraine die Krim entreißen, geschweige denn dort einmarschieren würde. Es waren andere Zeiten, damals im Jahr 2011, doch die Argumente gegen eine Wehrpflicht, deren Wiedereinführung jetzt manche fordern, gelten immer noch.

Wehrdienst: ungerecht und teuer

Als der Dienst an der Waffe noch verpflichtend war, wurde fast die Hälfte der Jugendlichen ausgemustert und von denen, die tauglich waren, hat rund die Hälfte lieber Zivildienst gemacht. Von der Idee eines Staatsbürgers in Uniform konnte keine Rede sein – ganz zu schweigen von einer Staatsbürgerin in Uniform. Irgendeine Art von Gerechtigkeit, Grundpfeiler jedes Wehrdienstes, wäre auch heute kaum zu erreichen.

Der Kriegsdienst wurde auch aus Kostengründen abgeschafft – vor allem das Verhältnis von Personal zur Effizienz gab damals den Ausschlag. Denn nur weil es viele Soldaten gibt, heißt das nicht, dass die Bundeswehr auch eine schlagkräftige Armee wäre.

Das deutsche Militär ist und bleibt auch trotz 100 Milliarden Euro Sondervermögens deutlich unterfinanziert, die Verantwortlichen dürften mit dem knappen Geld Besseres zu tun haben, als erst vor kurzem abgeschaffte Infrastrukturen für Musterung, Unterbringung und Verpflegung für halbmotivierte 19-jährige Zwangsrekruten wiederaufzubauen.

Auch stellt sich weiterhin die Frage, wofür die Bundeswehrsoldaten eigentlich kämpfen sollen. Für Nato- und Auslandseinsätze kommen Wehrdienstleistende ohnehin nicht in Frage. Und sollte der Verteidigungsfall eintreten, tritt der Wehrdienst wieder in Kraft, da er nur ausgesetzt, aber nie endgültig abgeschafft wurde.

Debatte um Gesellschaftsjahr 

Deswegen haben auch diejenigen Recht, wie etwa FDP-Chef Christian Lindner, die Diskussion über eine Rückkehr des Kriegsdienst als "Gespensterdiskussion" bezeichnen.

Aber natürlich wäre vorstellbar, dass der Dienst an der Waffe über einen allgemeinen Bürgerdienst oder Dienstjahr oder Gesellschaftsjahr wieder eingeführt werden könnte. Dann aber eben nur als eine von vielen Varianten, ein Jahr seines Lebens dem Land, also uns allen, zur Verfügung zu stellen. Egal ob bei der Bundeswehr, in Altenheimen, als Laubfeger oder für den Klimaschutz. Diese Debatte wird sicher wiederkommen – allein schon, weil die Menschen, die sich engagieren können oder wollen, immer weniger werden. 

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