Wolfgang Kubicki Der Mann, der die FDP mit der DDR verglich

Er mag es gerne deutlich und provokant: Doch mit seiner kantigen Art eckt Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki immer wieder an. Ein Portrait.

Wolfgang Kubicki polarisiert wie kaum ein anderer FDP-Politiker. Der rhetorische beschlagene Jurist aus Schleswig-Holstein greift gerne an - den politischen Gegner und immer wieder auch die eigene Partei. Der 58-Jährige scheut keinen Konflikt und weicht keiner Debatte aus. Mit seinem jüngsten Vergleich der Krise seiner Partei mit dem Ende der DDR hat der Norddeutsche erneut viele Liberale verärgert.

Kubicki hatte im "Spiegel" den Zustand der FDP als desolat bezeichnet und mit der "Spätphase der DDR" verglichen. Die DDR sei "irgendwann implodiert", sagte er. "Die Führung konnte das bis zum Schluss nicht begreifen. Es kann passieren, dass auch die FDP in sich selbst zusammenfällt." Der Parteispitze warf er vor, den Zustand der Partei kaum wahrzunehmen. "Sie sind abgehoben von dem, was in der FDP passiert."

Kubicki gilt als einflussreicher Fraktionschef

Nach 38 Jahren in der Opposition brachte Kubicki die Nord-Liberalen im September 2009 zurück in Regierungsverantwortung. Bereits zum vierten Mal trat er als Spitzenkandidat an. Seit 14 Jahren führt er die Landtags-Fraktion im Kieler Landeshaus. Einen eigenen Platz auf der Regierungsbank wollte der Jurist jedoch nicht, weil er sich dies eigenen Angaben zufolge nicht leisten könne. Kubicki ist Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei, der "darüber hinaus ein Mandat ausübt", wie er selbst sagt. Der Vater zweier erwachsener Kinder ist in dritter Ehe mit der Rechtsanwältin Annette Marberth-Kubicki verheiratet.

Kubickis Einfluss in Kiel ist aber auch ohne Ministerposten groß. Gemeinsam mit Regierungschef Peter Harry Carstensen (CDU) erstritt er Ende vergangenen Jahres im Bundeskanzleramt Millionen-Hilfen des Bundes im Gegenzug für die Zustimmung Schleswig-Holsteins zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz. In der Haushaltsstrukturkommission des nördlichsten Bundeslandes war er maßgeblich mitverantwortlich für die drastischen Kürzungspläne von Schwarz-Gelb. Am Mittwoch entscheidet der Landtag über den Doppelhaushalt 2011/2012. Der Ausgang ist offen, denn in der CDU leisten zwei Abgeordnete Widerstand gegen einzelne Sparvorhaben. Die Kieler Koalition hat aber nur eine Stimme mehr als die Opposition.

Enger Möllemann-Vertrauter

Bundesweit bekannt wurde der charismatische Kubicki vor allem auch durch die enge Freundschaft mit seinem inzwischen verstorbenen Parteifreund Jürgen Möllemann. Er gilt als geistiger Miturheber der Strategie "Projekt 18". Jahrelang spielten sich die beiden immer wieder bundespolitisch auf geschickte Art die Bälle zu. Seit Möllemanns Tod fehlt dem gebürtigen Braunschweiger der Partner für derartige Auftritte.

In der Nord-FDP ist Kubicki die unbestrittene Führungskraft. Zwar musste er 1993 Landes- und Fraktionsvorsitz wegen Vorwürfen gegen ihn im Zusammenhang mit der Affäre um die Mülldeponie Schönberg in Mecklenburg-Vorpommern aufgeben. Drei Jahre später traten die Liberalen aber dennoch unter dem Motto "Nimm zwei" zur Landtagswahl mit dem damaligen Spitzenkandidaten Ekkehard Klug und Kubicki auf Listenplatz zwei an.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Auch privat gibt der Liberale am liebsten Vollgas, entweder auf dem Motorrad oder an Bord seines Motorbootes "Liberty". An freien Tagen rast er damit auf der Ostsee vor seinem Wohnort Strande bei Kiel über das Wasser. "In Strande weiß man dann: Kubicki spielt wilde Sau", sagte er 2009 in einem Interview.

Bei seinen bundespolitischen Einwürfen ist der selbst erklärte Genussmensch dementsprechend auch eher Stoßstürmer denn Mittelfeldspieler. Dass Kubicki Parteichef Guido Westerwelle nicht mag, ist nicht neu. Der jüngste Angriff ist allerdings aber wohl eher durch die schlechten Umfragewerte der Liberalen zu erklären. Denn Schleswig-Holstein befindet sich gut ein Jahr nach der Landtagswahl bereits wieder im Vorwahlkampf. Das Landesverfassungsgericht erklärte Ende August das Landeswahlrecht in Teilen für nicht verfassungsgemäß und ordnete eine vorgezogene Neuwahl bis September 2012 an. Vielleicht wird aber bereits viel früher gewählt. Scheitert der Doppelhaushalt, dürfte dies das Ende für die Koalition bedeuten.

dapd
André Klohn, DAPD

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