CDU-Chef Friedrich Merz hat sich in der Debatte über die Senkung des Energieverbrauchs in Deutschland gegen ein Tempolimit ausgesprochen. "Das Tempolimit ist ein Symbolthema", sagte Merz im ZDF-Sommerinterview. "Damit würden wir auch weder ökologisch noch verkehrstechnisch die Probleme lösen." Die CDU habe zu dem Thema "eine ganz klare gemeinsame Haltung".
Auch wenn es vereinzelte Befürworter eines Tempolimits in der CDU gebe, der ein Tempolimit einführen wolle, sei er "nicht der Meinung", sagte Merz in dem Interview. Die Probleme des Landes ließen sich damit nicht lösen. Es gebe "vielleicht drei Prozent der Strecken, auf denen es in Deutschland noch kein Tempolimit gibt".
Auf die Frage, ob das Tempolimit als Verhandlungsmasse innerhalb einer größeren Debatte um Energiesparen und Energiesicherheit dienen könne, sagte Merz: "Wenn die Bundesregierung mit uns reden will, ernsthaft reden will, was sie zurzeit nicht tut", sei die CDU dazu "jederzeit bereit".
Dies könne aber dann nicht nach dem bisher praktizierten Motto "Vogel friss oder stirb" erfolgen, sagte Merz. "Das ist keine Art des Umgangs und da werden wir auch ganz hart bleiben mit unseren Positionen."
Merz kritisiert CDU-Vize Kretschmer
Der CDU-Chef hat sich zudem erneut von Aussagen des sächsischen Ministerpräsidenten und CDU-Vize Michael Kretschmer zu Russland-Sanktionen distanziert. "Wir haben mit Michael Kretschmer einen Ministerpräsidenten in unseren Reihen, der das aus der sächsischen Perspektive anders sieht, aber auch das ist nicht die Meinung der Union", sagte Merz im ZDF-"Sommerinterview". Kretschmer hatte am Dienstag erklärt, Deutschland müsse im Krieg zwischen Russland und der Ukraine vermitteln und erwirken, "dass dieser Krieg eingefroren wird". Man brauche weiter russische Rohstoffe.
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Merz betonte, dass es kein Ost-West-Gefälle bei der Frage nach den Sanktionen gebe. Kretschmer sei nicht der einzige Ministerpräsident im Osten. "Er ist nicht der einzige, und alle anderen Ministerpräsidentinnen und -präsidenten in Ostdeutschland sind anderer Meinung und die CDU auch."
Friedrich Merz will Alternativen zu russischem Öl für Schwedt
Für die Raffinerie im brandenburgischen Schwedt, die praktisch den ganzen Osten Deutschlands versorge, müssten Alternativen zum russischen Öl gefunden werden, sagte Merz. "Dass wir daran ein nationales Interesse haben, dass die Versorgung aufrechterhalten bleibt, ist völlig klar. Wir diskutieren über den Weg, aber nicht über das Ziel."
Ostdeutschland sieht sich von den wirtschaftlichen Folgen des Kriegs in der Ukraine und vom europäischen Öl-Embargo gegen Russland besonders betroffen, weil die Raffinerien Schwedt in Brandenburg und Leuna in Sachsen-Anhalt jahrzehntelang russisches Öl über die Pipeline "Druschba" bezogen.
Seine skeptische Haltung zu einer Frauenquote in seiner Partei bekräftigte er im Interview. Auch wenn er nun einen Kompromissvorschlag für eine Quote gemacht habe, halte er diese weiter nur für "die zweitbeste Lösung", sagte Merz. Er habe nie bestritten, dass der niedrige Frauenanteil in der CDU ein Problem sei. "Es ist nun allerdings auch nicht das größte Problem dieses Landes".
Merz will mehr Frauen in der CDU
"Ich möchte, dass wir genug Frauen in der Partei haben, mehr als heute", sagte Merz in dem Interview, das am Abend ausgestrahlt wird. "Ich möchte, dass junge Frauen für die Partei und in der Partei mitarbeiten. Aber das geht um Sachfragen und gar nicht so sehr um Personalfragen."
Der Frauenanteil in der CDU hat sich seit den 1990er-Jahren kaum verändert. Im Bundestag kommt die Union derzeit auf einen Frauenanteil von 23,5 Prozent, bei den Parteimitgliedern sind es 26,6 Prozent. Auch die Altersstruktur gilt als Problem: Bei den Mitgliedern liegt das Durchschnittsalter bei 60,8 Jahren.
Der Parteitag am 9. und 10. September in Hannover nun über die seit Jahren diskutierte Frauenquote entscheiden. Merz hatte dazu im Juni vorgeschlagen, bis 2025 schrittweise eine 50-prozentige Frauenquote für Parteivorstände ab der Kreisebene einzuführen. Sie soll aber auf fünf Jahre befristet sein.

Die "Bild"-Zeitung hatte Mitte Juli berichtet, dass sich innerhalb der Union Widerstand gegen Merz' Plan formiert. Demnach arbeiteten unter anderem Vertreter der Jungen Union und des Wirtschaftsflügels daran, die Quote zu verhindern. Sie wollten einen Antrag zur Geschäftsordnung einbringen, um eine geheime Abstimmung statt eines Votums per Handzeichen zu erzwingen – in der Hoffnung, dass es dann eine deutliche Mehrheit gegen die Quote gibt.
Merz verteidigt Privatflug zu Lindner-Hochzeit
Seine Anreise mit dem Privatflugzeug zur Hochzeit von Finanzminister Christian Lindner verteidigte der CDU-Chef. Er bereue nicht, mit dem Flugzeug angereist zu sein, sagte Merz. "Um es mal auf den Punkt zu bringen: Ich verbrauche mit diesem kleinen Flugzeug weniger Sprit als jeder Dienstwagen eines Mitgliedes der Bundesregierung. Und deswegen fliege ich." Er nutze sein Flugzeug vor allem für berufliche Zwecke. "Ich stehe dazu, und es ist, wenn Sie so wollen, ein alter Traum von mir. Immer schon gewesen."
Die Bilder von Merz und seiner Frau Charlotte hatten Anfang Juli Schlagzeilen gemacht. Der CDU-Chef steuerte die Maschine selbst nach Sylt, wo FDP-Chef Lindner und die Politik-Reporterin Franca Lehfeldt heirateten.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) antwortete am Sonntagabend bei Twitter. Als Mitglied der von Friedrich Merz angesprochenen Bundesregierung erlaube er sich einen schnellen Faktencheck: "Mein Dienstwagen ist ein E-Auto und verbraucht deshalb direkt gar keinen Sprit. Mein Fahrrad auch nicht", schrieb Özdemir und postete dazu einen Zwinkersmiley.