Bundespräsident Johannes Rau hat das umstrittene rot-grüne Zuwanderungsgesetz formell gebilligt, die Opposition aber zu der angekündigten Verfassungsklage ermutigt.
Rau sagte am Donnerstag in Berlin, nach dem Grundgesetz und der Praxis seiner Vorgänger sei er nur dann ermächtigt und verpflichtet, ein Gesetz nicht zu unterzeichnen, wenn »ein zweifelfreier und offenkundiger Verstoß gegen das Grundgesetz vorliegt«. Zu dieser Überzeugung sei er bei der Prüfung nicht gekommen. Ungewöhnlich scharf kritisierte Rau die Parteien, die die umstrittene Sitzung des Bundesrates Ende März inszeniert und damit großen Unmut bei den Bürgern ausgelöst hätten. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) kündigte umgehend einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht (BVG) an.
In der Abstimmung am 22. März im Bundesrat war es zu einem beispiellosen Eklat gekommen. Bundesratspräsident Klaus Wowereit (SPD) hatte das Votum Brandenburgs als Ja-Stimme gewertet, obwohl Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) und Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) gegensätzlich votiert hatten. Daraufhin hatten die Vertreter der unionsgeführten Länder unter Protest die Sitzung verlassen. Ohne Brandenburgs Stimmen wäre das Gesetz gescheitert. Das Zuwanderungsgesetz sieht unter anderem eine Vereinfachung des Ausländerrechts vor und regelt die Einwanderung nach Deutschland entlang des Arbeitskräfte-Bedarfs.
»Kampfsituation auf die Spitze getrieben worden«
»In der Sitzung des Bundesrates am 22. März ist eine verfassungsrechtliche Verfahrensvorschrift in gewagter Weise ausgereizt und damit eine politische Kampfsituation auf die Spitze getrieben worden«, kritisierte Rau das Verhalten aller Beteiligten. Die Bürger hätten den Eindruck, dass es weniger um die Sache als um eine Machtprobe im Vorfeld der Bundestagswahl und den Erhalt der Koalition in Brandenburg gegangen sei. Auf die Menschen habe das »einen verheerenden Eindruck gemacht«. Jenseits von Machterhalt und Gewinnung sollten die Parteien offen sein für die Probleme, die die Menschen bewegen.
»Ich rüge das Verhalten des Ministerpräsidenten von Brandenburg und seines Stellvertreters; ich rüge und ermahne aber auch alle übrigen, die zu diesem Ansehensverlust beigetragen haben«, sagte Rau. Der legitime politische Streit dürfe nicht in einer Weise inszeniert werden wie geschehen. Er regte zudem an, über die Rolle des Bundesrates neu nachzudenken. Dieser sei »weder ein Vollzugsorgan der Bundesregierung noch der verlängerte Arm der Opposition im Bundestag«. Seine Aufgabe sei vielmehr die Integration der Interessen von Bund und Ländern. Diese Aufgabe könne er nicht erfüllen, wenn er von den Wünschen anderer Bundesorgane oder politischen Interessen geleitet werde.
Harsch wandte sich der ehemalige SPD-Vorsitzende Rau gegen Vermutungen, er sei Teil der Inszenierung: »Ich erwarte, dass das Amt des Bundespräsidenten nicht in die parteipolitische Auseinandersetzung hineingezogen wird, wie es in den vergangenen Wochen gelegentlich versucht wurde.« Das gebiete der Respekt vor seinem Amt, sagte das Staatsoberhaupt. »Ich erwarte, dass auch diejenigen meine Entscheidung respektieren, die sie nicht akzeptieren«, fügte er eindringlich hinzu.
Rau begrüßt Klage vor dem Bundesverfassungsgericht
Hessens Ministerpräsident Koch sagte unmittelbar nach der Erklärung Raus: »Das Gesetz ist nicht verfassungsgemäß zustande gekommen, deshalb ist eine Klage nunmehr unausweichlich.« Mit dem Gang nach Karlsruhe folge er dem von Rau selbst ausdrücklich gewiesenen Weg zur Schaffung von Rechtssicherheit. Rau sagte:
»Ich hielte es für wünschenswert, wenn das Bundesverfassungsgericht diese Frage klärte, damit alle, vor allem der Bundesrat und die Länder, Rechtssicherheit haben.«

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Rau sagte, es gebe sowohl für die Auffassung, dass das Gesetz rechtmäßig zu Stande gekommen sei, als auch für die gegenteilige Auffassung gute Gründe. So könne man der Auffassung sein, das Stolpe mit seiner Richtlinienkompetenz alle vier Stimmen des Landes abgegeben habe. Nachvollziehbar sei aber auch, dass die Stimmen ungültig waren, da das Grundgesetz eine einheitliche Stimmabgabe eines jeden Bundeslandes vorschreibe.
Rau kritisierte, wegen des Verfahrensstreites sei der Inhalt des Gesetzes völlig in den Hintergrund gerückt. Dabei hätten das vom Bundestag verabschiedete Gesetz und die Vorstellungen der Union nicht mehr weit auseinander gelegen. »Das ist jedenfalls der Eindruck, den ich mit vielen Menschen gewonnen habe.« Deshalb bedauere er, dass es an »der Beharrlichkeit und am gegenseitigen Vertrauen« gemangelt habe zu einem Konsens.
Erklärung und Anmerkungen Raus im Wortlaut (Auszüge)
»Ich möchte Sie über meine Entscheidung zum Zuwanderungsgesetz unterrichten.
Der Deutsche Bundestag hat das Zuwanderungsgesetz am 1. März 2002 verabschiedet. Am 22. März 2002 hat der Bundesrat beschlossen, dem Gesetz ... zuzustimmen - so hat es der Präsident des Bundesrates festgestellt. Am 17. April 2002 ist mir die Gesetzesurschrift zur Ausfertigung ... zugeleitet worden.
Gegen den Beschluss des Bundesrates sind verfassungsrechtliche Einwände erhoben worden. Sie betreffen die Frage, ob die vier Stimmen des Landes Brandenburg vom Präsidenten des Bundesrates zu Recht als »Ja«-Stimmen gewertet worden sind; wäre das nicht der Fall, hätte das Gesetz die für eine Zustimmung des Bundesrates erforderliche Mehrheit von 35 Stimmen nicht erreicht. Das Gesetz wäre nicht zu Stande gekommen.
Ich habe das Zuwanderungsgesetz wie jedes andere Gesetz sorgfältig auf seine Verfassungsmäßigkeit überprüft. Ich habe mich mit dem tatsächlichen Ablauf der Sitzung und der Abstimmung und mit den sich daraus ergebenden verfassungsrechtlichen Fragen eingehend befasst. Ich habe viele Gespräche geführt und ich habe verfassungsrechtlichen Rat erfahren.
»Zweifelsfrei und offenkundig«
Nach Abwägung aller Gesichtspunkte habe ich das Zuwanderungsgesetz heute Morgen unterzeichnet und den Auftrag zur Verkündung im Bundesgesetzblatt erteilt. Nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes und nach der Staatspraxis ist der Bundespräsident nur dann berechtigt und verpflichtet, von der Ausfertigung eines Gesetzes abzusehen, wenn er die sichere Überzeugung gewonnen hat, dass zweifelsfrei und offenkundig ein Verfassungsverstoß vorliegt. Zu dieser Überzeugung bin ich im vorliegenden Fall nicht gekommen....
Ich möchte Ihnen die wichtigsten Gesichtspunkte für meine Entscheidung erläutern. Den maßgeblichen Sachverhalt darf ich als bekannt voraussetzen; ich möchte ihn hier nur kurz rekapitulieren:
Als das Land Brandenburg zur Stimmabgabe aufgerufen wurde, haben zunächst Minister Ziel mit »Ja« und Minister Schönbohm mit »Nein« gestimmt. Daraufhin hat der Präsident des Bundesrates auf das Gebot der einheitlichen Stimmabgabe hingewiesen und an den Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg die Frage gerichtet, wie das Land abstimme. Ministerpräsident Stolpe hat geantwortet: »Als Ministerpräsident des Landes Brandenburg erkläre ich hiermit Ja.« Dem hat Minister Schönbohm angefügt: »Sie kennen meine Auffassung, Herr Präsident.« Der Bundesratspräsident hat daraufhin die Stimmabgabe des Landes Brandenburg als »Ja« gewertet. Nach den dagegen protestierenden Zwischenrufen anderer Mitglieder des Bundesrates hat der Präsident des Bundesrates erneut Ministerpräsident Stolpe gefragt, dieser hat seine Antwort wiederholt; Minister Schönbohm hat dem keine Äußerung mehr folgen lassen.
»Kern des verfassungsrechtlichen Streits«
Kern des verfassungsrechtlichen Streits ist die Auslegung von Artikel 51 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes. Er enthält das Gebot, dass bei einer Abstimmung im Bundesrat die Stimmen eines Landes »nur einheitlich abgegeben« werden können. Zu dieser Vorschrift gibt es keine Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. In der verfassungsrechtlichen Literatur ist ihre Auslegung umstritten.
Die eine Meinung schließt aus dem Wortlaut der Vorschrift (»können nur«), dass bei einem Verstoß gegen dieses Gebot die Stimmabgabe des Landes unmittelbar als ungültig zu bewerten sei.
Die Gegenansicht weist darauf hin, dass das Grundgesetz die Rechtsfolge eines Verstoßes nicht ausdrücklich festlege. Sie fragt danach, ob und wie nach einer ersten uneinheitlichen Stimmabgabe noch eine der Verfassung gemäße Stimmabgabe zu erreichen sei. Sie sieht dafür die Entscheidung des jeweiligen Regierungschefs des Landes kraft seiner Richtlinienkompetenz als ausschlaggebend an. Beide Seiten können gewichtige Gründe für ihren Standpunkt anführen....
Ich stelle also fest - und nur darauf kommt es an: Bei der Beurteilung der Abstimmung im Bundesrat am 22. März 2002 kann man in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht jeweils mit guten Gründen zu dem einen oder anderen Ergebnis kommen.
Ich wäre aber nur dann berechtigt und verpflichtet, das Gesetz nicht auszufertigen, wenn ich davon überzeugt wäre, dass zweifelsfrei und offenkundig ein Verfassungsverstoß vorliegt. Mit Blick auf die kontroversen Auffassungen in dieser verfassungsrechtlichen Frage habe ich diese Überzeugung nicht gewinnen können.
»Weg nach Karlsruhe jetzt offen«
Angesichts einer verfassungsrechtlichen Zweifelsfrage so zu entscheiden, wie ich entschieden habe, ergibt sich aus folgendem:
Das Recht und die Pflicht des Bundespräsidenten, ein Gesetz vor der Ausfertigung verfassungsrechtlich zu überprüfen, steht in Konkurrenz und bedarf der sinnvollen Abgrenzung zur Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts.
Die Staatspraxis, wie meine Amtsvorgänger sie geprägt haben, hat diese Abgrenzung in dem von mir dargestellten Prüfungsmaßstab gefunden.
Ich verweise konkret auf zwei Entscheidungen der Bundespräsidenten Karl Carstens und Roman Herzog. Auch da ging es um formelle und verfahrensrechtliche Fragen des Zustandekommens eines Gesetzes. Diese Entscheidungen haben den Prüfungsmaßstab des Bundespräsidenten deutlich gemacht....
Ich habe meine Entscheidung in Respekt vor der Kompetenzordnung des Grundgesetzes getroffen, und sie steht in der Kontinuität der Staatspraxis meiner Amtsvorgänger. Nach unserer Verfassungsordnung ist es nicht Aufgabe des Bundespräsidenten, über solche verfassungsrechtlichen Zweifelsfragen eine endgültige Entscheidung zu treffen. Die verbindliche Entscheidung über die Auslegung des Grundgesetzes ist dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten. Wer von den Antragsberechtigten im vorliegenden Fall eine solche Entscheidung für notwendig hält, dem steht der Weg dazu jetzt offen.
Die Anmerkungen
So viel zu meiner verfassungsrechtlichen Entscheidung. Lassen Sie mich darüber hinaus noch einige Anmerkungen machen:
Meine erste Anmerkung betrifft das Amt des Bundespräsidenten. Ich erwarte, dass das Amt des Bundespräsidenten nicht in die parteipolitische Auseinandersetzung hineingezogen wird, wie das in den vergangenen Wochen gelegentlich versucht worden ist. Ich erwarte, dass auch diejenigen meine Entscheidung respektieren, die meinen, sie nicht akzeptieren zu können. Das gebietet der Respekt vor dem Amt des Bundespräsidenten, das mir gegenwärtig anvertraut ist.
»In gewagter Weise ausgereizt«
Im Zusammenhang mit der Entscheidung des Bundesrates ist das Wort »Verfassungsbruch« gefallen. Das ist ein schwerwiegender Vorwurf. Er bedeutet ja, dass jemand bewusst und vorsätzlich gegen die Verfassung gehandelt hat. Verfassungsjuristen unterscheiden dagegen nur, ob ein Vorgang verfassungsgemäß ist oder nicht. Auch ich empfehle diese sachliche Sprache.
Dabei will ich nicht beschönigen, was geschehen ist. In der Sitzung des Bundesrates am 22. März ist eine verfassungsrechtliche Verfahrensvorschrift in gewagter Weise ausgereizt und damit eine politische Kampfsituation auf die Spitze getrieben worden. Das hat eine verfassungsrechtliche Frage offen gelegt, die in der mehr als fünfzigjährigen Geschichte des Bundesrates bisher noch nicht von Bedeutung war....
Heute dagegen gibt es verfassungsrechtlichen Streit mit jeweils guten Argumenten Pro und Contra. Das sind keine »juristischen Spitzfindigkeiten«.
In den vergangenen Wochen habe ich immer wieder gelesen, dass Kritiker des Gesetzes mit dem Gang nach Karlsruhe »drohten«. Ich verstehe das nicht als »Drohung«. Ich hielte es sogar für wünschenswert, wenn das Bundesverfassungsgericht diese Frage klärte, damit alle, vor allem der Bundesrat und die Länder, Rechtssicherheit haben. Das ist die originäre Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts und nicht die des Bundespräsidenten.
»Unmut und Empörung der Bürger«
Ich habe in den vergangenen Wochen viele Briefe von Bürgerinnen und Bürgern aus Anlass der Beratung des Zuwanderungsgesetzes im Bundesrat bekommen: Die Menschen äußern in ihren Briefen Unmut und Empörung. Sie haben den Eindruck, dass es bei der Beratung im Bundesrat weniger um die Sache ging als um eine Machtprobe im Vorfeld der Bundestagswahl und um den Erhalt der Koalition in Brandenburg. Die Art und Weise, wie einige der Beteiligten auf allen Seiten den Ablauf dieser Bundesratssitzung - in welchem Maße auch immer - erkennbar abgesprochen und politisch inszeniert haben, hat auf viele Menschen einen verheerenden Eindruck gemacht.
Was am 22. März im Bundesrat geschehen ist, das hat dem Ansehen der Politik insgesamt geschadet und die ohnehin verbreitete Politik- oder Parteienverdrossenheit verstärkt.
Das Vertrauen in die Institutionen unseres Staates und in die Ordnungsgemäßheit seiner Verfahren ist geschwächt worden. Das haben mir viele Menschen geschrieben.
Ich nehme diese Kritik und die Empörung ernst und ich habe Verständnis dafür. Deshalb bringe ich sie heute öffentlich zur Sprache. Auch ich bin der Auffassung, dass die Art und Weise, wie die Sitzung des Bundesrates am 22. März verlaufen ist, dem Ansehen von Staat und Politik Schaden zugefügt haben.
»Ich rüge und mahne«
Ich rüge das Verhalten des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg und seines Stellvertreters. Ich rüge und ermahne aber auch alle übrigen, die zu diesem Ansehensverlust beigetragen haben.
Ich neige nicht vorschnell zur »Parteienschelte«. Ich habe oft gesagt, dass berechtigte Kritik an einzelnen Ereignissen oder an Fehlentwicklungen nicht dazu führen sollte, »das Parteiwesen« in Bausch und Bogen zu verurteilen.
Die Parteien sollten sich weniger mit sich selber beschäftigen. Jenseits von Machterhalt oder Machtgewinnung müssen sie offen sein für die Probleme, die die Menschen tatsächlich bewegen. Die Parteien sollten sich neu und verstärkt darum bemühen, dass sie ihre Verwurzelung in der Gesellschaft nicht verlieren. Der politische Streit zwischen den Parteien darf sein und muss sein. Der Streit darf aber nicht in einer Art und Weise inszeniert werden, wie das am 22. März im Bundesrat geschehen ist.
Die Beratung des Zuwanderungsgesetzes im Bundesrat gibt auch Anlass, verfassungsrechtlich und verfassungspolitisch über das Verfassungsorgan Bundesrat im Staatsgefüge der Bundesrepublik Deutschland nachzudenken.
Nach unserem Grundgesetz ist der Bundesrat weder Vollzugsorgan der Bundesregierung noch verlängerter Arm der Opposition im Deutschen Bundestag. Nach seiner Zusammensetzung und seiner Aufgabenstellung ist der Bundesrat als Integrationsorgan geschaffen, das Bundes- und Länderinteressen miteinander abstimmen soll. Der Bundesrat kann diese Aufgabe nur erfüllen, wenn er nach eigenen Maßstäben entscheidet und wenn er sich um die aus der Sache notwendigen Lösungen bemüht; er könnte es dagegen nicht, wenn er sich von Wünschen anderer Bundesorgane oder von parteipolitischer Strategie vereinnahmen ließe.
»Parteipolitische Einflussnahme«
Nicht erst beim Zuwanderungsgesetz ist deutlich geworden, wie stark die parteipolitische Einflussnahme auf das Abstimmungsverhalten der Länder geworden ist. Das sage ich in alle Richtungen und an alle Parteien gewandt. Auch in der Vergangenheit hat es - durchaus wechselnd und in umgekehrter parteipolitischer Konstellation als heute - Zeiten gegeben, in denen eine von der Bundestagsmehrheit abweichende Mehrheit im Bundesrat ihre Position in einer Weise genutzt hat, die sich nicht nur an den Interessen der Länder orientiert hat.
Meine letzte Anmerkung gilt dem Inhalt des Gesetzes selber, der Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und der Regelung des Aufenthalts und der Integration von Ausländern. Der Inhalt des Gesetzes ist hinter dem Streit um das Verfahren völlig in den Hintergrund geraten.
Alle Parteien, die Kirchen, Gewerkschaften und Industrieverbände sind sich doch einig: Wir brauchen eine grundlegende gesetzliche Neuregelung dieser Fragen. Über Grundsätzliches und über Einzelheiten ist lange diskutiert worden. Das schließlich vom Bundestag verabschiedete Gesetz und die Vorstellungen von CDU und CSU lagen nicht mehr weit auseinander. Das ist jedenfalls der Eindruck, den ich mit vielen Menschen gewonnen habe. Darum bedauere ich, dass es an der Beharrlichkeit und am gegenseitigen Vertrauen gemangelt hat, alle Möglichkeiten auszuloten, doch noch zu einem Konsens über die verbliebenen Unterschiede zu gelangen.
Viele tragen Verantwortung für das, was am 22. März geschehen ist. Darum sollte niemand versuchen, die Verantwortung auf die jeweils »andere Seite« abzuwälzen.