Vor 60 Jahren waren Gärtner im Innenhof des Potsdamer Schlosses Cecilienhof eifrig dabei, einen großen, fünfzackigen Sowjetstern aus roten Geranien zu pflanzen. Der Stern empfängt heute immer noch die Besucher an dem Ort, an dem die letzte der drei Konferenzen der Alliierten des Zweiten Weltkriegs stattfand. Sechs Jahrzehnte danach ist die Sowjetunion untergegangen, ebenso wie die DDR. Was ist geblieben? Nach Ansicht vieler Historiker ist es vor allem die Erinnerung an das Potsdamer Abkommen als ein Grundstein für die jahrzehntelange Teilung Deutschlands.
Als sich Josef Stalin, Harry S. Truman und Winston Churchill am 17. Juli 1945 im Schloss Cecilienhof versammelten, herrschte in Europa Waffenruhe, in der Mandschurei wurde aber noch gekämpft. Zunächst wollte US-Präsident Truman die Sowjetunion für den Krieg gegen Japan gewinnen. Dieses Ziel trat jedoch nach den erfolgreichen Tests mit der Atombombe am 16. Juli 1945 in den Hintergrund. Am Abend erreichte Truman in Potsdam die Eildepesche "Babies satisfactorily born" (Geburt der Babys erfolgreich verlaufen). Stalins Truppen wurden nun in Japan nicht mehr gebraucht. Truman gab vermutlich noch während der Konferenz den Befehl zum Abwurf der neuen Massenvernichtungswaffe auf japanische Städte.
"Anfang der amerikanisch-sowjetischen Bipolarität"
"Die Potsdamer Konferenz steht damit nicht nur für den Beginn des Atomzeitalters, sondern auch für den Anfang der amerikanisch-sowjetischen Bipolarität", schreibt der Potsdamer Historiker Manfred Görtemaker. Und der Leiter des Potsdamer Zentrums für Zeithistorische Forschung, Konrad Jarausch, bekräftigt: "Die Keime des Kalten Krieges sind in der Potsdamer Vereinbarung enthalten."
Vereinbart wurde zum Ende der Konferenz am 2. August 1945 die Ausweisung der Deutschen aus Polen, Ungarn und der Tschechoslowakei "in ordnungsgemäßer und humaner Weise". Bis 1950 kamen fast acht Millionen Vertriebene nach Westdeutschland, gut vier Millionen auf das Gebiet der DDR. Als polnische Westgrenze wurde die Oder-Neiße- Linie festgelegt, Königsberg und Teile Ostpreußens kamen unter sowjetische Verwaltung. Frankreich trat dem Abkommen am 7. August 1945 unter Vorbehalten bei.
Wurde in Potsdam auch die deutsche Teilung besiegelt? Bei den vorherigen Konferenzen der großen Drei in Teheran und Jalta war noch von Zerstückelungsplänen die Rede, mit denen Deutschland dauerhaft geschwächt werden sollte. Briten und später auch die Amerikaner erkannten aber bald die Gefahr, die Deutschen dann auf Kosten ihrer Steuerzahler durchfüttern zu müssen, sagt Jarausch.
Sowjet-Machthaber Stalin stand hier vor einem Dilemma. Einerseits wollte auch er ein deutsches Erstarken verhindern, andererseits erhebliche Reparationen für sein zerstörtes Land. In Jalta hatte man sich vage auf 20 Milliarden Dolar geeinigt, davon die Hälfte für die Sowjetunion. Schließlich lenkte Stalin in Potsdam ein. Jede Macht sollte ihre Forderungen in der jeweiligen Besatzungszone befriedigen. Eine Summe wurde im Abschlussprotokoll nicht festgehalten.
Abrüstung, Entnazifizierung und Demokratisierung
Politisch und wirtschaftlich sollte Deutschland - "soweit dieses praktisch durchführbar ist" - gleich behandelt werden. Der alliierte Kontrollrat sollte über die Fragen gemeinsam entscheiden, die Deutschland als Ganzes betrafen. Als Ziele wurden die Abrüstung (Demilitarization), die Entnazifizierung (Denazification), die Zerschlagung der Kartelle, Syndikate, Monopole sowie die Dezentralisierung der politischen Strukturen (Decentralization) und dann die Demokratisierung (Democratization) vereinbart.
Außerdem wurde die Einrichtung eines Rates der Außenminister beschlossen. Dieser sollte vor allem Friedensverträge ausarbeiten. Damit war eine Einigung über die langfristige künftige Ordnung Deutschlands in Potsdam eigentlich vertagt worden. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte die Rote Armee in Europa längst Fakten geschaffen. Stalin war auf dem Höhepunkt seiner Macht.
Vor allem der britische Premierminister Churchill fürchtete ein Europa mit einer übermächtigen Sowjetunion. Doch viel konnte er nicht mehr dagegen ausrichten. Churchill verließ die Konferenz am 25. Juli. Er hatte die Unterhauswahlen verloren. Clement R. Attlee nahm seinen Platz ein, konnte ihn aber kaum ersetzen. "Seine Rolle reichte kaum über bloße Anwesenheit hinaus", schreibt Görtemaker.
Codename "Endstation"
Churchill hatte der Konferenz den Codenamen "terminal" (Endstation) gegeben. Nach 60 Jahren haben sich einige der damals gefassten Beschlüsse tatsächlich als dauerhaft erwiesen. So wurde die deutsche Ost-Grenze nach den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen im November 1990 international verbindlich anerkannt. Heute besuchen jährlich rund 140 000 Menschen den Roten Stern und den Konferenzsaal im Schloss Cecilienhof mit den Flaggen der "Großen Drei".