Schlag 12 - der Mittagskommentar Griechen - lasst uns im Sommer in Ruhe!

Vielleicht einigen sich Gläubiger und Griechen doch noch. Der Gipfel vom Montag lässt hoffen, dass das ganze Hickhack der letzten Monate endet. Endlich waren wieder Erwachsene in einem Raum!

Vielleicht wird der Horror doch keine Realität. Der Horror heißt "griechischer Sommer" und bedeutet, dass das Gewürge der letzten Monate den Juli, August, und September anhält, dass Alexis Tsipras und Yanis Varoufakis mit neuen Kapriolen nerven, dass der griechische Ministerpräsident und sein rhetorisch versierter Finanzminister uns die schönsten Monate des Jahres verderben. Seit diesem Montag hoffe ich, dass der griechische Sommer ausfällt. Es könnte klappen.

Nach vier Monaten Hickhack sind beide Seiten aufeinander zugegangen: Die Gläubiger haben ihre Pläne etwas entrümpelt, wonach Athen kräftig sparen soll. Dafür will Tsipras beim Rentensystem kürzen, die Krankenversicherung für Ruheständler erhöhen, Frührenten eindämmen und Firmensteuern erhöhen.

Kindergarten hat aufgehört

Und sie beschimpfen sich nicht mehr. Es sind wieder "Erwachsene im Raum", um die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, zu zitieren. Die Dame hatte mit Blick auf Tsipras und Varoufakis den öffentlichen Ton beklagt, als Tsipras den IWF als "fast kriminelle Vereinigung" bezeichnet hatte. Vieles, was der Fonds vorschlägt, mag man kritisieren, aber eine Mafia-Bande ist er nicht.

Ob es bald eine Einigung gibt? Vermutlich. Ob das griechische Problem damit gelöst ist? Vermutlich nicht. Der Staat funktioniert in Griechenland so schlecht, dass es Jahre, vielleicht Jahrzehnte dauert, bis sich die Lage bessern wird. Eine funktionierende Steuerverwaltung, ein Katasterwesen und eine sinnvolle Sozialhilfe fehlen, obwohl die Griechen seit über fünf Jahren versprechen diese Dinge anzupacken. Aber sie packen sie nicht an.

Reden statt Regieren

Das hat sich auch unter Alexis Tsirpas nicht geändert. Mit viel Sympathie war er gestartet, doch wenig hat er bisher zustande gebracht.

Seine Bewegung Syriza wollte anders sein, wollte Korruption und Vetternwirtschaft ernsthaft bekämpfen, einen Ausweg aus der erdrückenden Sparpolitik finden. Alles richtige Ansätze.

Nur bei den Ansätzen blieb es. Die Regierung regierte nicht, sie redete. Den Kampf gegen die Vetternwirtschaft hat sie bis heute nicht einmal angefangen, dafür erhielten einige Syriza-Getreue Jobs beim Staat. Auch bei der Steuerhinterziehung hat sie wenig unternommen, dafür will sie Reiche mit üppigen Steuernachlässen belohnen. Gewandelt hat sich in der griechischen Politik nur die Rhetorik. Sie ist schriller geworden. Aber müssen wir uns mit der Wurstelei abfinden? Gibt es nicht  Alternativen?

Grexit als Alternative? Ein Trugbild!

Nein. Die Alternative des Griechen-Raus, wie sie die AfD, die Bild-Zeitung, einige Ökonomen und Abgeordnete verbreiten, ist keine Alternative. Sie ist ein Trugbild. Ein teures Trugbild. Wir können es uns nicht leisten, dass ein Land im Süden Europas vor die Hunde geht. Pleite gegangene Firmen kann man schließen und abwickeln, Pleite gegangene Länder nicht. Sie leben weiter. Und wir werden ihnen dann helfen müssen.   

Für den Kontinent wäre ein Bankrott ein Armutszeugnis. Die Europäer wollen in der Welt mitregieren, unsere Werte verteidigen, uns nicht von den USA, China und Indien überrollen lassen, aber dann müssen wir auch einem Land helfen, das gerade mal die Wirtschaftskraft von Hessen hat. Sonst machen wir uns lächerlich. 

Und ja. Wir können uns diese Hilfe leisten. Anders als viele sogenannte Experten behaupten, ist Griechenland keineswegs ein Fass ohne Boden. Bis heute hat die Rettung des Landes keinen Cent Steuergeld gekostet, bis heute haben die Deutschen und der Rest Europas für die Hilfskredite nur gebürgt. Selbst wenn die Bürgerschaften fällig werden sollten, wenn Deutschland 40, 50, 60 Milliarden Euro abschreiben müsste, wären diese Summen leicht zu verkraften. Für die Rettung der Banken und die Deutsche Einheit haben wir ein Vielfaches davon gezahlt, ohne zu verarmen. 

Nein, ein Scheitern der Rettung können wir uns nicht leisten. Und wir sollten es uns nicht leisten. Der politische Preis ist zu hoch. Vielleicht haben wir wirklich Glück und der "griechische Sommer" fällt aus. Ich hoffe darauf, aber ich glaube es noch nicht. 

   

Andreas Hoffmann hat schon viele Brüsseler Gipfel beobachtet, oft bis tief in die Nacht. Für Griechenland hält er weitere Sitzungen für überflüssig.  Die Probleme sind bekannt, nun wären ein paar Lösungen nicht schlecht. Er twittert unter @AndreasHoffman8